Bald werden mein Mann und ich pensioniert. Das macht mir etwas Sorgen. Als unsere Kinder noch zu Hause waren, drehte sich bei uns alles um die Familie. Seither sind wir vor allem auch beruflich sehr beschäftigt. Doch wie wird das sein, wenn wir beide den ganzen Tag zu Hause sind? Was haben wir als Paar zu tun und zu bereden?
Für eine erfüllende Partnerschaft ist es auch im Ruhestand wie in jeder anderen Lebensphase wichtig, dass es ein ausreichend starkes Wir, aber auch ein Ich gibt: Es braucht Nähe – emotional und körperlich – aber auch Distanz in Form von Autonomie für jeden Partner. Jeder Mensch braucht Zeit und Raum, um eigenen Interessen nachgehen, aber auch um sich selber spüren und die eigenen Bedürfnisse wahrnehmen zu können.
Gerade Frauen nehmen nach dem Auszug der Kinder wieder stärker den Wunsch nach dem Ich war. Viele wünschen sich dann ein eigenes Schlafzimmer, um auch für sich sein zu können – was ihre Männer dann oft verunsichert. Denn bei ihnen zeigt sich eher die entgegengesetzte Tendenz: Nach den Jahren, in denen sie mehr nach aussen orientiert waren – durch den Beruf, das Engagement in Vereinen usw. – werden viele jetzt häuslicher und möchten mehr Nähe. Bei solch unterschiedlichen Interessen gilt es offen zu bereden, was sich jeder wünscht und wie dies erfüllt werden kann, sodass es für beide möglichst gut stimmt. Vielleicht kann der Mann den Wunsch der Frau etwa nach einem eigenen Zimmer akzeptieren, wenn es auch genügend Gelegenheit für Nähe gibt.
Es geht also darum, eine Balance zu finden zwischen individuellen Bedürfnissen und dem Leben als Paar. Um sich auf die eigenen Bedürfnisse zu besinnen, kann man sich folgende Fragen stellen: Was hat mir einmal Freude gemacht, und womit habe ich aus Mangel an Gelegenheit aufgehört? Welche Aktivitäten tun mir gut und welche nicht? Wovon habe ich einmal geträumt? Was davon könnte ich im Rentenalter noch umsetzen? Möchte ich noch etwas lernen? Ein Musikinstrument? Eine Sprache?
Ideal als Gedächtnistraining ist die Kombination aus Merkleistung und Bewegung, etwa beim Tanzen. Gemeinsames Tanzen oder eine andere Art der Bewegung zusammen zu finden, kann ein schönes Paarprojekt sein. Gibt es etwas, was sie schon immer einmal miteinander erleben wollten und nie umgesetzt haben? Jetzt ist die beste Gelegenheit, sich die Situationen, die sie erleben könnten, auszumalen: Was würden Sie konkret tun, und was würde das für Ihre Partnerschaft bedeuten? Ist das Projekt umsetzbar, oder müssten Sie dafür etwas verändern?
Die anstehende Pension kann auch ein guter Zeitpunkt für eine Standortbestimmung als Paar sein: Was ist gut in unserer Partnerschaft und soll auch während unseres Alters erhalten bleiben? Was ist nicht optimal und sollte verbessert werden? Und was erweist sich als untauglich oder unangenehm und sollte über Bord geworfen werden?
Wenn Sie sich mit der Standortbestimmung und dem Erarbeiten von «Massnahmen» überfordert fühlen, kann eine Beratung helfen. Bereiten Sie sich als Einzelperson und als Paar auf die Pensionierung vor, damit Sie mit einer gewissen Ruhe darauf zugehen und sich auf diese Zeit freuen können.
* Birgit Kollmeyer ist dipl. Psychologin, Paar- und Sexualtherapie.