Ich mache jedes Jahr Holunderblütensirup. Nach einigen Monaten bildet sich am Boden der Flaschen stets ein feines, rauchartiges Depot mit einigen festeren Teilen. Kippe ich die Flasche, steigt das Ganze rauchartig auf. Ist dieser Bodensatz schädlich? Muss ich den Sirup dann jeweils wegschütten? Was mache ich falsch?
Das Absetzen von Teilchen, die sogenannte Sedimentation, ist nicht sofort nach der Herstellung sichtbar. Es geschieht im Verlaufe der Zeit. Das ist natürlich und im Normalfall nicht schädlich. Vorausgesetzt, die Flasche war während der ganzen Lagerzeit gut verschlossen. Denn erst das Vakuum ermöglicht, dass keine Mikroorganismen wie Schimmelpilze eindringen und sich vermehren können.
Deshalb ist es wichtig, das Vakuum nach der Herstellung zu prüfen. Dafür den Sirup vollständig und ohne Zugluft auskühlen lassen. Am folgenden Tag den Bügelverschluss vorsichtig lösen und ohne Kraft prüfen, ob der Deckel hält. Verwenden Sie Flaschen mit Schraubdeckel, sollte der Deckel leicht nach unten gewölbt sein. Auf Fingerdruck darf er nicht nachgeben.
Hat sich kein Vakuum gebildet, muss der ganze Inhalt nochmals aufgekocht werden. Reinigen Sie auch die Flaschen gründlich, wärmen Sie sie vor, trocknen Sie sie jedoch nicht aus. Die Flüssigkeit bis knapp unter den Rand kochend heiss einfüllen und sofort verschliessen. Am besten Flasche für Flasche abfüllen, damit die Flüssigkeit jeweils kochend heiss eingefüllt wird.
Den Sirup kühl, trocken und möglichst dunkel lagern, um die Farbe zu erhalten. Fachgerecht abgefüllt und gelagert, hält Sirup 1-2 Jahre. Nach dem Öffnen jeweils im Kühlschrank aufbewahren. Im Zweifelsfall probieren Sie ein wenig Sirup. Hat er einen Fehlgeschmack, schütten Sie ihn weg.
Um den Bodensatz zu minimieren, ist bei Sirup aus Kräutern oder Blüten folgendes Vorgehen ratsam: 2 Liter Wasser aufkochen, ein bis eineinhalb Deziliter Zitronensaft oder 40g Zitronensäure beigeben. Gewünschte Kräuter (100-200 Gramm Pfefferminzblätter, 300-400 Gramm ungespritzte Rosenblätter oder Zitronenmelissenblätter) oder Blüten (10 g getrocknete Goldmelisse, 8-10 Dolden Holunderblüten) zugeben. 24 Stunden ziehen lassen. Durch ein engmaschiges Sieb oder durch einen sauberen Damenstrumpf in eine Pfanne filtrieren. Anschliessend mit Zucker aufkochen und heiss abfüllen.
Die Nahrungsmittelindustrie löst die Sedimentation auf ihre Art. Welche Methode zum Einsatz kommt, ist in der Regel nicht deklariert. Nachstehend ein paar Beispiele. Bei der mechanischen Klärung wird unter anderem poröses Filtermaterial wie Zellulose- oder Stofffilter eingesetzt. Üblich sind auch Kieselgur (fossile Kieselalgen) und Perlit, das aus vulkanischem Gestein gewonnen wird. Eine andere Art der Reinigung ist die mit Speisegelatine. Die ausgeflockten Teilchen, die sich an die Gelatine haften, werden mechanisch vom Saft getrennt. Im Endprodukt hat es keine Gelatine mehr. Im Zuge vegetarischer/veganer Ernährung deklarieren Hersteller ihre Produkte mit dem Label für veganes Essen, wenn keine Gelatine bei klaren Fruchtsäften eingesetzt wurde.
* Monika Neidhart ist Hauswirtschaftslehrerin und Fachjournalistin MAZ/FH; www.textwerke.ch