Kolumne
Papa-Blog: Liebe Eltern, bleibt auch beim Schulstart locker!

Eltern machen sich viele Sorgen, wenn es in der Schule mit ihren Kindern nicht rund läuft. Oft zu Unrecht.

Jürg Ackermann
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(Symbolbild: Getty)

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Noch drei Mal schlafen, dann geht es wieder los. Für Tausende von Kindern wird der nächste Montag ein besonderer Tag, wenn sie mit einem leichten Kribbeln im Bauch zum ersten Mal der Kindergärtnerin oder der Primarlehrerin die Hand schütteln.

Der erste Schritt unseres älteren Sohnes auf der Bildungsleiter vor vier Jahren war nicht gerade verheissungsvoll. Obwohl wir seinen Kindergarteneintritt gebührend feierten und eine der Omas mit einer riesigen Zuckertüte angereist war, die sie zusammen mit Heften und Schreibern durch halb Deutschland nach St.Gallen transportiert hatte. Es nützte alles nichts. An seinem ersten Kindergartentag wollte unser Sohn vor allem eins: Möglichst schnell wieder nach Hause.

Während seine neuen Kameraden bereits fröhlich Bauklötze aufeinander stapelten und Lego-Häuser bauten, stand er weinend am Fenster und verkündete, er werde hier nicht lange bleiben. Als Eltern sieht man in solchen Situationen schon dunkle Wolken aufziehen, obwohl die Sache noch nicht einmal richtig begonnen hat. Wie wird das nur kommen? Dabei hatte unser grosser Kleiner doch schon fast drei Jahre Krippenerfahrung und eigentlich kein Problem, Freunde zu finden.

Und wie so manches im Kinderleben renkte sich auch dieses Startproblem auf fast wundersame Weise von selbst wieder ein. Spätestens am dritten Tag streifte er ohne Murren seinen Kindigurt über, vergnügte sich mit seinen neuen Freunden in der Lego-Ecke und fand es plötzlich interessant, im Kreis zu sitzen und allerlei Wissenswertes über Eisbären und den Nordpol zu erfahren. Schon nach ein paar Wochen wurde ich belehrt: «Papa, Eskimo sagt man nicht. Die heissen Inuits.»

Als Juli-Kind war er an seinem ersten Kindergartentag gerade einmal vier Jahre und vier Wochen alt – und zweifellos sehr jung. Zum Vergleich: Sein Vater hatte anfangs der 1980er Jahre seinen sechsten Geburtstag bereits hinter sich, als er überhaupt erstmals mit dem Schulsystem in Kontakt kam. Auch wenn wir wussten, dass er bis zu einem Jahr jünger sein würde als seine Gspänli, vertrauten wir unserer Intuition – und die sagte uns damals: Unser Sohn ist reif für den Kindergarten.

Wir liessen uns auch nicht verunsichern, als die Kindergärtnerin im zweiten Jahr meinte, es bestehe auch die Option noch ein drittes Kindergartenjahr anzuhängen. Weil er unter anderem auf einem Selbstbeurteilungsblatt bei der Frage, ob er in die Schule wolle, keinen Smiley umkreiste. Mal abgesehen davon, dass man sich fragen kann, was es bringt, Fünfjährige ihre sozialen Kompetenzen beurteilen zu lassen, wird über viele Dinge, die die Schule betreffen, oft zu viel Aufhebens gemacht.

Eine Prise Gelassenheit kann hier nicht schaden. Als Eltern muss man nicht gleich nervös werden, wenn etwas nicht sofort klappt, wie man sich das vorstellt. Die Kinder werden ihren Weg schon machen. So war es auch bei unserem Sohn. Am Montag beginnt er mit der dritten Klasse und hat schon seine ersten Englisch-Lektionen.

Das Wunderbare: Kinder sind meist von Natur aus wissbegierig, sie wollen lernen, sich mit anderen Kindern austauschen, sich messen und sie treffen glücklicherweise oft auf Lehrerinnen und Lehrer, die einen tollen Job machen, sie mit Freude und viel Herz begleiten und eine gute Balance zwischen Fördern und Fordern finden.

Nach dem anfänglichen kurzen Proteststurm ist unser Sohn in seinen vier Jahren als Kindergärtner und Primarschüler auf jeden Fall nie mehr aufgestanden und hat gesagt, er wolle nicht in die Schule gehen. Im Gegenteil. Mittlerweile ist es so: Je früher ihn sein Freund aus der Nachbarschaft am Morgen für die Schule abholt, desto besser. Sein erster Kindergartentag ist mittlerweile nur noch eine blasse Erinnerung. Von der Zuckertüte, die ihm damals die Oma aus Deutschland brachte, spricht er aber noch heute.

Der Autor

Jürg Ackermann lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen (8 und 5) in St. Gallen.