Kolumne
Papa-Blog: Fünf Gründe, weshalb ein Kleinkind das Leben einfacher macht

Bei aller Liebe: Ein Kind nimmt den Eltern Freiheit, Freizeit und Schlaf. Doch es gibt auch Situationen, in denen ein Baby den Alltag erleichtert.

Adrian Lemmenmeier
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(Symbolbild: Getty)

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«Wow» – «gratuliere» – «so schön». Das sind übliche erste Reaktionen, wenn man jemandem erzählt, dass man Vater wird. Und das sind übliche zweite Reaktionen: «Das wird dein Leben umkrempeln» – «fertig mit Ausschlafen» – «…ist ja schon ein herber Einschnitt». Vor allem Väter geben einem gern zu verstehen, dass Kinder zu haben nicht nur schön ist, sondern auch anstrengend. Und sie haben Recht. Ein Kind beansprucht viel Zeit, Nerven und Hingabe. Trotzdem gibt es Dinge im Leben, die mit Kind einfacher sind als ohne. In meinem Leben zumindest. Hier fünf Beispiele:

1. Reden

Guter Smalltalk ist mehr als am Kaffeeautomaten über die Hitze zu wettern. Im Erfolgsfall ist er ein kurzer Wortwechsel, nach dem sich beide Seiten besser fühlen. Doch wie gelingt das? Darüber müssen sich junge Eltern keine Sorgen machen. Sie werden ohnehin mit Fragen zu ihrem Sprössling zugedeckt. Und können dann von ersten Krabbelversuchen, ungeahnten Schreifrequenzen oder aus der Kita angeschleppten Viren berichten. Dem Gegenüber reicht das meistens völlig. Und niemand muss so tun, als würde ihn die letzte Niederlage des FC St.Gallen interessieren.

2. Umgang mit Ängsten

Phobien sind ein Luxusproblem. Das merkte ich vor einigen Wochen, als eine fette Spinne am Bettchen meiner Tochter hochkroch. Ich ekle mich vor Spinnen, könnte sie nie anfassen, geschweige denn töten. Doch bei der Vorstellung, die haarigen Beine dieses Untiers könnten über das unschuldige Gesicht meines schlafenden Kindes streifen, vergass ich sämtliche innere Zwänge. Den Pantoffel zur Hand, schlug ich zu und malmte das Viech zu Tode, dass es nur so knackte. Eine Mischung aus Ekel und Schuldgefühlen brannte sich wie Säure durch den Körper. Ich ertrug es einigermassen stolz.

3. Einkaufen

Ich besuche nicht besonders gern Supermärkte. Denn Einkaufen ist stets mit Hunderten unnötigen Entscheidungen verbunden. In einer Kleinstadt wie St.Gallen ist das besonders schlimm. Weil man in der Migros jedes dritte Gesicht kennt, muss man nicht nur zwischen Bio, «Aus der Region», Budget, Sélection oder Classic entscheiden – sondern auch zwischen Grüezi, Handschlag, drei Küsschen, höflichem Zunicken oder gekonntem Aus-dem-Weg-Gehen. Seit ich Vater bin, juckt mich das nicht mehr. Viel wichtiger ist, dass meine Tochter beim Posten immer auf wundersame Weise einschläft.

4. Fokussieren

Jeden Morgen tue ich zwei Dinge gleichzeitig. Ich lese Zeitung und unterhalte nebenbei meine Tochter. Die Augen auf den Schlagzeilen, schüttle ich eine Rassel im Takt der Spieldose oder blättere in einem Bilderbuch. Dabei gelingt es mir immer besser, mich auf den Text zu konzentrieren und das Tamtam am Tischrand auszublenden. Eine wertvolle Fähigkeit. Besonders für Menschen, die in einem Grossraumbüro Texte schreiben.

5. Der perfekte Abgang

Sie kennen die Situation sicher: Sie sind an einem Fest, wollen langsam nach Hause gehen, finden aber nicht den richtigen Moment für den Absprung. Einfach zu gehen, wäre unhöflich. Allen 30 teils unbekannten Gästen die Hand zu schütteln, wäre überflüssig. Aus diesem Grund sollte man wenn immer möglich kleine Kinder an Partys mitnehmen. Sie ermöglichen nämlich den passablen Mittelweg zwischen Brexiting und französischem Abgang. Wenn das Kind auch nur den kleinsten Laut von sich gibt, kann man besorgt seine Richtung schauen und sagen: «Ich glaube, wir müssen langsam los.» Rückfragen wie «Was, jetzt schon?!» bleiben aus. Garantiert.

Adrian Lemmenmeier ist seit fünf Monaten Vater einer Tochter. Er ist verheiratet und wohnt mit seiner Familie in St. Gallen.

Nächste Woche schreibt Roger Berhalter darüber, wie in den Sommerferien der Feierabend für Eltern wegfällt.