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Leben
Der Knoblauch gibt so manchem Gericht die besondere Note. Erfreulich, dass diese Kulturpflanze immer öfter auch in der Schweiz angepflanzt wird.
«Mich stört es nicht, wenn ich stinke», sagt Peter Aschmann schmunzelnd. Ja, sie stinkt, ist würzig, gesund – die Kulturpflanze Knoblauch. Und vielleicht stimmt es ja, dass sie mit ihrem intensiven Geschmack so manche Geister und Vampire vertreibt. Tatsache ist, dass der Chnobli immer mehr Freunde findet – vor allem unter den Landwirten in der Schweiz. Wurde vor Jahrzehnten noch kaum Knoblauch angepflanzt, liegt der Anbau derzeit bei 50 Hektaren. Nicht viel im Vergleich zu den rund 600 Hektaren Anbaufläche für Zwiebeln in der Schweiz, aber ein Knobli ist ja auch viel kraftvoller.
Selbst beim Knoblauch wird inzwischen auf Regionalität geachtet. Die Hauptregionen sind das Berner und das Freiburger Seeland, Zürich – und der Thurgau. Mostindien hat sich zum Knoblauchkanton gemausert und ist mit 13,5 Hektaren Spitzenreiter.
Peter Aschmann aus dem thurgauischen Illhart war einer der Ersten, die vor rund fünf Jahren mit dem Anbau der würzigen Zehen begannen. Inzwischen wachsen sie auf 4 Hektaren. Der Inhaber eines Bio-Gemüsebetriebs mit – je nach Saison – 25 bis 50 Mitarbeitenden versucht neben Kartoffeln, Bohnen, Zwiebeln und Karotten gerne mal Neues. «Es war mir unverständlich, weshalb in der Schweiz nicht auch Knoblauch angebaut werden sollte. Vom Klima her sind unsere Breitengrade nicht so prädestiniert, aber die Pflanze ist ziemlich anspruchslos.»
Wir fahren von Wigoltingen nach Engwilen, wo eines von Aschmanns Knoblauchfeldern liegt. Es regnet in Strömen. Der Landwirt ist in diesem Stadium des Wachstums froh um den Segen von oben. «Es war zu lange trocken, nun bekommen die Pflanzen nochmals Schub, bevor man sie ernten kann», freut er sich. Die frühe Sorte Auxito ist weit gediehen und wird in den nächsten Wochen erntereif, die späteren erst ab August. Peter Aschmann hebt ein paar Pflanzen aus und hält sie der Journalistin unter die Nase. «Noch brauchen sie einen Moment, aber sie riechen jetzt schon wunderbar.» Er beliefert die Grossverteiler und die Bio-Produzentenorganisation Terraviva.
Wieso der Knoblauch ein Exot in der Branche blieb, hat nicht nur mit den tiefen Preisen der Ware zu tun – sie stammt vorab aus Spanien und Frankreich, teilweise aus China, und macht den Grossteil auf dem Schweizer Markt aus: 3995 Tonnen werden importiert. Lediglich 56 Tonnen stammen von hier. Ein weiterer Grund: Die Arbeit nach der Ernte ist intensiv. «Das Putzen wird ausschliesslich von Hand ausgeführt», sagt Aschmann. «Bei trockenem Wetter mit wenig Erde an den Knollen geht es entschieden schneller.» Auch die Lagerung verlangt ein fachmännisches Know-how. Peter Aschmann hat auf seinem Betrieb in Illhart im letzten Jahr eine Trocknungsanlage gebaut.
So nebenher baut man also keinen Knoblauch an. Das spürt, wer sich damit im eigenen Garten versucht. Es gilt, die Fruchtfolge zu beachten und die Nachbarn richtig zu wählen. Erdbeere, Gurke oder Tomate mag er, Erbse, Kohl und Bohne sollte man im gleichen Beet vermeiden. Immerhin sollen die Zehen Mäuse fernhalten.
Nun steht dem Genuss des Knoblauchs nichts mehr im Weg. Schliesslich geniesst er nicht nur in der Mittelmeerküche einen hohen Stellenwert. Er wirkt geschmacksverstärkend, weshalb er Braten-, Schmor- und Fischgerichten zugefügt wird. Dazu ist das Lauchgewächs mit botanischem Namen Allium sativum gesund. Er soll den Blutdruck senken und positive Auswirkungen auf den Cholesterinspiegel haben, antibakteriell und sogar aphrodisierend wirken. Im Talmud wird sein stetiger Genuss gar empfohlen, er sättige den Körper und gebe dem Geist Klarheit.
Wer will sich bei so vielen Pluspunkten noch am – zugegeben – strengen Geschmack stören? Wer keine duftenden Finger nach dem Knoblauchschälen mag, kann es à la Todd Coleman versuchen. Der Food-Editor des amerikanischen Fachmagazins «Saveur» zeigt auf Youtube, wie man in weniger als 10 Sekunden die Zehen ganz ohne Berührung schält («How to peel a head of garlic in less than 10 seconds»).
Kochbuchautor und Blogger Claudio Del Principe zeigt im Buch «Al Forno», dass Knoblauch auch als Hauptdarsteller taugt. Er fragt: «Wer braucht schon Butter, wenn es ofengerösteten Knoblauch gibt?» Man schiebt einfach eine Auflaufform mit frischen ungeschälten Knoblauchknollen, die quer halbiert werden, in den Ofen. Zuvor die Schnittstelle mit Olivenöl bestreichen und die Knollen bis auf halbe Höhe mit Hühnerbrühe aufgiessen. Dann ab in den Ofen bei 140 Grad während 45 Minuten, bis die Knollen innen weich und oben gebräunt sind. «Auf Sauerteigbrot und mit einer Prise Salzflocken gewürzt, gibt es nichts Köstlicheres.»
Für Erica Bänziger hatte der Knoblauch immer schon einen grossen Stellenwert: So hat die Schweizer Ernährungsberaterin der Zehe ein Buch gewidmet. Es enthält Rezepte wie gebratene Knoblauchzehen, Knoblauchquiche oder Knoblauchcreme. Bei rohem Knoblauch rät sie zu einer wohldosierten Menge. «Anders bei gegartem, hier kann und soll man aus dem Vollen schöpfen», schreibt sie. Auch die amerikanische Kultköchin Julia Child hat die Knolle in ihrem Standardwerk «Französisch kochen» mit einer Handvoll Rezepten verewigt. «Weil der Knoblauch gekocht wird, sind seine Nachwirkungen minimal, und sein Geschmack wird exquisit, aromatisch und beinahe undefinierbar», schreibt sie zum Rezept (siehe unten). Wer sagt da noch, Knoblauch stinke?
Für 6 bis 8 Personen
Den Knoblauch in kochendes Wasser geben und 1⁄2 Minute überbrühen. Abgiessen, kalt abschrecken und schälen.
Den Knoblauch mit den restlichen Zutaten in einen Topf mit
2 Liter Wasser geben und 30 Minuten leise kochen lassen. Abschmecken.
Eigelb in einer Suppenschüssel eine Minute schlagen, bis eine dicke, klebrige Masse entsteht. Dann tropfenweise das Olivenöl unterschlagen, wie bei der Herstellung von Mayonnaise.
Kurz vor dem Servieren eine Kelle von der heissen Suppe in dünnem Strahl unter die Eimischung in der Schüssel schlagen. Weiterschlagen und die restliche Flüssigkeit durch ein Küchensieb in die Suppe giessen, dabei den Saft aus dem Knoblauch gut auspressen. Sofort mit Brot oder gerösteten Baguettescheiben und Käse servieren – und nach Belieben mit pochierten Eiern oder Kartoffeln ergänzen.
Rezept aus: «Französisch kochen» von Julia Child, Echtzeit-Verlag
Literatur: Erica Bänziger, «Knoblauch, würzig und gesund», Fona-Verlag, 96 S. Fr. 19.90; Claudio Del Principe, «Al Forno», AT-Verlag, 280 S., Fr. 42.90; Julia Child, «Französisch kochen», Echtzeit-Verlag, 656 S., Fr. 58.–.