Rezept
Linzertorte: Die Originale schmeckt im Linzer Kaffeehaus am besten

Von der Linzertorte gibt es wohl die ältesten handschriftlichen Rezepte überhaupt. Ob das Gebäck ursprünglich aus Linz kommt oder ein maurisches Erbe ist, bleibt unklar

Monika Neidhart
Drucken
Jedes Kind kennt die Linzertorte, doch die wenigsten wissen, wie man sie richtig zubereitet.

Jedes Kind kennt die Linzertorte, doch die wenigsten wissen, wie man sie richtig zubereitet.

StockFood

Die Linzertorte war bei uns zu Hause vor Jahrzehnten eine Art eiserner Vorrat. Reichte die Sonntagstorte nicht für die ganze Familie und die Gäste, so hatte meine Mutter immer noch ein Blech Linzerschnitten in Reserve. Das nussige, flache Gebäck mit Konfitürenbelag und der gitterartigen Verzierung schmeckt sowieso erst so richtig gut nach ein paar Tagen. Als Belag gab es immer selber gemachte Konfitüre aus Johannisbeeren, weil das Saure in Kombination mit dem Nussgeschmack uns besser mundete als mit der süsseren Himbeerkonfitüre.

In Linz ist sie allgegenwärtig

Woher die Linzertorte ihren Namen hat, realisierte ich erst später. Viele Torten haben ihre Bezeichnung vom Ort erhalten, wo sie angeblich erfunden wurden. So wie die Zuger Kirschtorte oder Bündner Nusstorte. Oder die Basler Läckerli. Und so, wie sich bei uns die Konditoren einen Wettbewerb liefern, wer die Originale oder die Ursprüngliche hat, so spielt sich das auch mit der Linzertorte in Linz an der Donau ab.

Das Rezept der «Original Linzer Torte»

150 g weiche Butter und
150 g Puderzucker miteinander vermischen.
250 g Halbweissmehl und 10 g Backpulver sieben und zur Buttermischung geben.
100 g Haselnüsse in einer Pfanne leicht anrösten, auskühlen lassen und ebenfalls beigeben.

1 Ei verquirlen und mit den Gewürzen (Vanillepulver, Zimt, Nelken, Zitronenschale) dazugeben.

Alles gut zusammenfügen und leicht kneten.

Teig ca. 1 Std. kühlstellen.

Tortenform von 22 cm Durchmesser mit Blechreinpapier belegen.

¾ des Teigs auf dem Tortenboden ausstreichen. 300 g Ribiselmarmelade
(Johannisbeergelee) auf dem Teigboden verteilen. Dabei ca. 1 cm vom Tortenrand freilassen.

Den restlichen Teig von Hand zu Rollen formen und als Gitter und Rand auf die Marmelade legen.

Teigmuster mit Ei bestreichen. Den Rand mit Mandelblättchen bestreuen.

Backen: 40–45 Min. bei 190 °C.

Der grösste Anbieter unter ihnen ist die Konditorei Jindrak in der Herrenstrasse. Sie verkauft nach eigenen Aussagen 100'000 Stück pro Jahr. Die kleinste Linzertorte wiegt gerade mal 12 Gramm, die grösste aus dem Haus ist mit vier Meter Durchmesser im «Guinnessbuch der Rekorde» eingetragen. Ob in einer Kartonschachtel, im rot-weiss karierten Stoffbeutel oder in einer Dose, das Angebot ist vielfältig. Und auch der Tourismusverband Linz erkennt die Linzertorte immer mehr als Werbeträger für ihre Stadt. Pink und mit dem typischen Rautenmuster, präsentiert sich die stilisierte Torte auf Türvorlegern, als Logo auf Schreibpapier, auf Liegestühlen ...

Die Spanier machten es vor

Doch wurde die Linzertorte wirklich in der Stadt Linz erfunden? Einer, der es wissen muss, ist Fritz Rath, Bäckermeister in der fünften Generation von der k. u. k. Hofbäckerei in der Pfarrgasse. Die äussere Holzfassade seiner Bäckerei wurde 1889 erbaut und ist heute die älteste erhaltene in ganz Linz. Die Ladeneinrichtung stammt aus dem Jahr 1864.

Drinnen sitzt der agile Mann in hellbraunen Manchesterhosen zwischen zwei kleinen Tischchen im Café, seine Ellbogen auf die Marmorplatten gestützt. Mit leuchtenden Augen erzählt er Geschichten und Anekdoten rund um die Linzertorte. Die Wände hinter ihm sind voller historischer Bilder aus dem Kaiserreich.

«Wissen Sie, warum die Linzertorte so heisst, weiss man nicht», sagt er. Auch nicht, wer sie erfunden habe. Aber man kenne aus dem 17. Jahrhundert vier Rezepte, die alle «Linz» im Titel führten. «Und», so sprudelt es weiter aus ihm heraus, «kommt sie wohl ursprünglich aus Spanien.» Dort kenne man eine Mandeltorte, die ebenfalls ein Gittermuster habe.

Er springt auf, holt ein Buch und zeigt eine Abbildung eines kunstvollen Gittermusters. «Sehen Sie sich das an! Wie eine Hommage an maurische Fenster.» Die kostbaren Zutaten wie Mandeln, Zimt, Nelken, Muskatnuss kamen damals über die Handelsroute von Venedig nach Linz. So auch die Quitte aus Kreta, die ein zentraler Bestandteil der Urversion der Linzertorte war.

Ribiselmarmelade passt zur Süsse der Torte

Gäste können ihre eigene Linzertorte bei Fritz Rath herstellen. Der Boden des Chromstahlrings ist bereits ausgestrichen. Der Teig ist heller als in der Schweiz üblich. Sein Rezept will er nicht ganz verraten. «Das Originale gibt es sowieso nicht», meint er, senkt die Stimme und kommt ganz nahe: «Das ist, wie wenn Sie von der Freundin ein Rezept nachkochen. Es wird nie gleich sein.»

Waltraud Faissner, Bibliothekarin von Linz, allein kennt 260 handgeschriebene Rezepte. Warum seit dem 18. Jahrhundert eher Haselnüsse statt Mandeln verwendet werden, ist nicht klar. Fest steht: Das Aroma wird dadurch kräftiger. «Nehmen Sie einen Löffel, und streichen Sie Ribiselmarmelade (also Johannisbeergelee) auf Ihren Boden, aber bitte nicht bis ganz an den Rand».

«Und wie viel Konfitüre nehmen Sie?», fragt jemand. Mit seinen lebendigen, dunklen Augen meint er: «Nicht zu viel, das hat nichts mit Geiz zu tun. Aber sonst wird sie zu süss.» Das Gitter wird in Linz oft mit einem Spritzsack aufgespritzt. «Das braucht ganz schön Kraft», meint eine Teilnehmerin.

Fritz Rath bespritzt die Oberfläche noch mit flüssigem Ei, verziert mit Mandelsplitter die äusseren drei Zentimeter, bevor er die Torten in den Ofen schiebt. «Essen Sie die Torte nicht sofort. Sie können Sie auch tiefgefrieren und im Kühlschrank auftauen lassen», gibt er letzte Tipps. Und wie schmeckt eine Linzertorte in Linz? Der Teigboden ist zwei Zentimeter dick, mit dem Gittermuster wohl drei Zentimeter hoch, dazwischen wird die Ribiselmarmelade dünn aufgetragen. Beim Essen kommen der nussige Geschmack und im Nachhinein die Gewürze fast besser zu Geltung als bei der Schweizer Variante.

Das Besondere aber ist die Konsistenz des Teiges: Er ist mürber, also bröseliger, und fühlt sich feiner an im Mund als derjenige, den ich aus Mutters Küche oder vom «Tiptopf» her kenne. Ein Grund liegt sicher darin, dass Puderzucker anstelle von Kristallzucker verwendet wird. Auf Plüschsesseln in einem der gemütlichen Kaffeehäuser von Linz genossen, ist diese Linzertorte natürlich erst recht die Originale.