In der «Jung & Alt»-Kolumne schreibt unsere Autorin Samantha Zaugg alternierend mit Ludwig Hasler, Philosoph und Publizist, 76. Diese Woche reagiert Zaugg auf Lebenstipps, die sie auch von unseren Lesern erhalten hat.
Lieber Ludwig
Gut, wir schreiben über Dating. Aber erst im Mai. Jetzt geht’s noch mal um Stress und Ärger und das Internet.
Ich hab von dir und auch von einigen Lesern Tipps bekommen. Und ich muss sagen, die sind so mässig gut. Apps deinstallieren, in den Wald gehen, mal wieder was mit den Händen machen, sich zusammenreissen, mehr Gemütlichkeit. Wenn ich mir die Tipps so anschaue, dann haben die Leute wohl das Gefühl, ich bin eine, die die Hose mit der Beisszange montiert!
Ich soll mal in den Wald gehen? Dass ich nicht lache. Ich bin so viel im Wald, dass ich ständig Zecken habe. Ich bringe wohl mehr Zecken heim als die meisten Katzen. Und mein Velo musste ich neulich auch flicken. Reifen platt. Ich hab’s also repariert, Luft hält wieder, und das find ich ganz gut, aber sonst weiss ich auch nicht. Es gibt ja Leute, die sagen, wenn sie was mit den Händen machen, gibt ihnen das viel. Weiss jeweils nicht, was das genau heissen soll.
Bisher haben wir uns in dieser Kolumne ja sehr gut verstanden, die Alten und die Jungen. Aber es war klar, dass irgendwann der Zeitpunkt kommt, an dem ich sagen muss: Ihr Alten wisst halt doch nicht, worum es geht. Da wäre das Ding mit Homeoffice, Schule und Uni zu Hause. Da kann man sich nicht einfach vom Bildschirm verdrücken. Da geht’s ab auf allen Kanälen.
Man sieht ein E-Mail, um es zu beantworten, muss man was in Whatsapp nachschauen, und da kommt eine neue Nachricht, jemand fragt was, muss man hervorkramen, aus einem anderen Mailkonto, dann muss man was im Internet schauen, – zack! Einmal nicht aufgepasst, und man landet auf einer Website, die heisst ddr-Rezepte.de und hat zwar allerhand Lehrreiches über Jägerschnitzel und Königsberger Klopse erfahren, aber unterdessen ist der Tag auch schon um, und allerhand wurde nicht erledigt.
Vielleicht kann man sagen, wir Jungen lassen uns leicht ablenken, können uns nicht konzentrieren. Vielleicht hat man damit auch ein wenig recht. Trotzdem: Auch die Forschung sagt, diese Art von Arbeit und Kommunikation ist für unsere Gehirne eine krasse Überforderung. Jemand hat sogar mal gesagt, Internet sei das neue Rauchen! Glaube ich zumindest, dass das mal jemand gesagt hat. Vielleicht hab ich’s auch gerade erfunden. Ich weiss es nicht.
Natürlich könnte ich das jetzt googeln. Aber dann wäre ich wohl wieder drei Stunden in den Untiefen des Internets verschollen. Und du und die Leser haben mir ja zu mehr Gemütlichkeit geraten. Und auch wenn man skeptisch ist, soll man Ratschlägen doch eine Chance geben, und das mach ich jetzt. Googelt also selber. Ich bin dann mal beim Spielen am Bach. Und fange mir paar neue Zecken. Bis dann!
Samantha