In der «Jung & Alt»-Kolumne schreibt unser Autor Ludwig Hasler, 78, alternierend mit Samantha Zaugg, Journalistin, 28. Diese Woche erklärt Zaugg, wieso ihre Generation eine Telefonphobie hat.
Lieber Ludwig
Ich falle mit der Tür ins Haus, denn ich brauche einen Rat. Es geht um folgende Situation: Man muss etwas am Telefon erledigen oder in Erfahrung bringen. Und zwar etwas, wovon man keine Ahnung hat. Mit einem Amt, Versicherung, Einwohnerkontrolle oder einer beliebigen Kundenhotline. Es spielt eigentlich keine Rolle, in welcher Umgebung sich die Szene zuträgt, der Ablauf bleibt immer gleich.
Alles beginnt, indem man von einer automatischen Stimme empfangen wird. Man hangelt sich unter Anleitung durch ein Menü, bis man sich in einer Warteschleife wiederfindet. Da wartet man dann und hört ein generisches Gedudel, manchmal auch klassische Musik. Erstaunlich oft Mozarts kleine Nachtmusik. Wieso auch immer.
Endlich spricht man mit einer echten Person. Man schildert das Anliegen, ist damit aber nicht an der richtigen Stelle und wird weiterverbunden. Das Szenario wiederholt sich einige Male. Ein niemals endender Strudel aus Warteschleifen und dem Angeben der eigenen Personalien. Überhaupt erzählt man die ganze Zeit das Gleiche.
Die Situation fühlt sich plötzlich an wie eine Erzählung von Franz Kafka. Es macht alles keinen Sinn, und man kann auch nicht genau sagen wieso. Doch man hat die Vorahnung, dass diese Geschichte nicht gut ausgehen wird.
Irgendwann ist man bei der richtigen Person gelandet, oder vielleicht auch nicht, man kann es nicht so genau wissen. Jedenfalls beendet man das Telefon, lässt das Geschehene Revue passieren und merkt dabei, dass man immer noch gleich viel weiss wie vorher. Man hat zwar eine längere Zeit mit verschiedenen Personen über ein Thema gesprochen, sie haben auch Wörter benutzt, die man kennt.
Dennoch ist man nicht in der Lage, zusammenzufassen, was sich gerade zugetragen hat. Geschweige denn, festzustellen, ob das Problem nun gelöst ist. Man beginnt ernsthaft an den eigenen kognitiven Fähigkeiten zu zweifeln und fühlt sich im Allgemeinen sehr dumm.
Schliesslich wünsche ich mir, dass ich tatsächlich in einem Kafka-Roman stecke. Dass ich mich in einen Käfer verwandle, um fortan in Ruhe und Frieden unter einem Stein zu leben und nicht mal mehr zu wissen, was eine AHV-Nummer überhaupt ist.
Was leider ziemlich sicher nicht passieren wird. Deshalb meine Frage: Wird das irgendwann besser? Nimmt die Anzahl derlei Korrespondenzen mit dem Alter ab? Oder handelt es sich doch um ein Generationenproblem? Gerade den Millennials wird ja des Öfteren eine Telefonphobie attestiert.
Samantha