Kolumne
Trennung, bitte! Aber nicht unbedingt vom Partner

In ihrer Kolumne «Liebes Leben, wir müssen reden» schreibt Social-Media-Redaktorin Maria Brehmer über alles, was das Leben schöner macht – und manchmal auch schwieriger. Heute: Wie ich Hintertürchen schloss und das Aushalten lernte.

Maria Brehmer
Maria Brehmer
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«Eine meiner wichtigsten mentalen Errungenschaften seit damals ist, Dinge aushalten zu können. Unbehagen, Streitereien, Disharmonie zum Beispiel.»

«Eine meiner wichtigsten mentalen Errungenschaften seit damals ist, Dinge aushalten zu können. Unbehagen, Streitereien, Disharmonie zum Beispiel.»

Foto: Sandra Ardizzone

Grundsätzlich lief ich immer erst einmal davon. Das fing an, als ich das erste Mal verliebt war, damals, als ich noch kaum pubertierte. Stefan, der Junge meines Herzens, mochte keine kleinen Hunde.

Als wir zusammen unterwegs waren und er einen Welpen sah, sagte er so was wie «überall diese blöden Hundebabys, ich hasse sie». Ich trennte mich.

Wer das kann, braucht sich nicht sofort zu trennen

Klar, das ist 25 Jahre her. Und seither war ich nie wieder mit jemandem zusammen, der so etwas Unnatürliches wie Welpen hassen zu seinen Wesensmerkmalen zählt.

Warum ich diese erste, verkackte Liebelei dennoch als Beispiel meiner angeborenen Beziehungsunfähigkeit herbeiziehe?

Eine meiner wichtigsten mentalen Errungenschaften seit damals ist, Dinge aushalten zu können. Unbehagen, Streitereien, Disharmonie zum Beispiel. Stille. Und andere Meinungen. Wer das kann, braucht sich nicht sofort zu trennen.

Hintertürchen geben Sicherheit

Wenn ich mich früher fast wie von selbst aus Beziehungen herausmanövrierte, die mir nicht gefielen – und das passierte nach dem Welpen-Gate noch einige Male –, nannte ich das «Unabhängigkeit». Paar-Therapeutinnen nennen das «Hintertürchen», wenn sich Beziehungsunwillige stets einen Ausweg offenhalten.

Hintertürchen gaben mir die Sicherheit, Beziehungen nicht besonders vertiefen zu müssen, denn zu einer tiefen Beziehung gehören unangenehme Dinge.

Klar, Auseinandersetzungen, Reibereien, Verletzungen mag niemand besonders. Und ich würde lügen, müsste ich behaupten, mich immer voller Motivation in schwierige Beziehungsgespräche zu stürzen. Aber das Hintertürchen – der Fluchtweg für den Fall, davonlaufen zu wollen – ist mittlerweile abgeschlossen.

Kennen Sie Ihre Grenzen

Zu wissen, dass man Dinge aushalten kann, ist grandios. Ich meine damit übrigens nicht Dinge, die man nie aushalten sollte: wiederholte Grenzüberschreitungen etwa, verbale und körperliche Gewalt und andere Formen von Missbrauch, das Fehlen von Respekt.

Im Gegenteil: Etwas aushalten zu können, hat damit zu tun, die eigenen Grenzen zu kennen und, wenn nötig, auch zu verteidigen.

Wenn ich etwas nicht aushalte, dann, weil es zu viel Raum in der Beziehung einnimmt. Raum, der etwas Gutem zur Verfügung stehen sollte.

Eine Beziehung ist dazu da, zufrieden und vielleicht sogar glücklich zu machen. Wenn ich das nicht bin, muss ich mich trennen. Doch nicht unbedingt vom Partner oder der Partnerin.

Sondern davon, was mich unglücklich macht. Denn so funktioniert das mit dem Aushalten: Ich werde mir bewusst, dass das unangenehme Ding ein Zustand ist, der vorübergeht. Schlechte Laune geht vorüber!

Und eine Meinungsverschiedenheit muss mich weder vereinnahmen (sprich: meine Grenzen überschreiten) noch ausdiskutiert sein.

«Hast du denn kein Herz?»

Hätte ich schon 1997 die Kunst des Aushaltens beherrscht, hätte ich dem unschuldigen Jungen sein Hundebaby-Unding vermutlich gelassen. Ich hätte ihn gefragt, ob er schlechte Erfahrungen mit Hunden gemacht habe. Oder ob er kein Herz besitzt? Eine der beiden Antworten hätte ich definitiv besser ausgehalten.