Das Schulkochbuch Tiptopf ist eine Institution. Jetzt erhält es eine vegetarische Schwester, den «Greentopf». Eine Klasse mit Schülern aus verschiedensten Kulturkreisen hat daran mitgearbeitet.
Tatar-Canapé – in der Hiltl-Akademie in Zürich bietet Koch Martin Ocenas ein Häppchen zum Probieren an. Optisch ist es erstaunlich nah an seinem fleischigen Vorbild, inklusive Rillen, die mit der Gabel geformt sind, und der Garnitur aus Zwiebelringen und Kapern. «Die rote Farbe hat das Tatar vorwiegend durch Randenpulver», erklärt der Fachmann. Mit kritisch neugieriger Haltung greifen die Lehrpersonen zu, die sich noch vor dem Erscheinen des Kochbuches «Greentopf – vegetarisch, vegan, vielfältig» im Mai hier, beim kulinarischen Partner des Buchs, informieren möchten.
Anerkennendes Nicken. Das Tatar, das hauptsächlich aus püriertem Fruchtfleisch von gebackenen Auberginen, Okara, klein geschnittenen Essiggurken, Oliven, Kapern und Gewürzen besteht, überzeugt auf der Zunge. Auch der Crispy-Tofu, das Süsskartoffel-Payaya-Curry, Pad Thai, Paprika-Geschnetzeltes mit Spinatnudeln oder das Früchtenussbrot munden.
Die 210 Rezepte im «Greentopf», aufgeteilt in Kapitel von Getränken über Snacks und Fingerfood bis zu Grill und Desserts, wurden in der Hiltl-Akademie mit Schülerinnen und Schülern einer Time-out-Klasse mit ihrer Klassenlehrerin Franziska Stöckli kreiert.
«Die Gerichte sollen schmecken. Wir wollen mit dem Buch nicht für oder gegen eine Ernährungsweise missionieren», umschreibt Initiantin Franziska Stöckli das Ziel des Kochbuches. Stöckli war zuerst Primarlehrerin und absolvierte später die Nachqualifikation zur Sekundarlehrerin.
Für sie stehen vor allem ihre Jugendlichen im Zentrum. «Als Klassenlehrerin war ich in den vergangenen Jahren für eine kleine Gruppe von Jugendlichen im Oberstufenalter verantwortlich. Diese jungen Menschen bekamen die Chance auf eine Auszeit, da sie in ihrer Klasse nicht mehr zurechtkamen, den Sinn des Besuchs der Schule aus den Augen verloren hatten oder sich in einer persönlichen Notsituation befanden.»
Der gesunde Genuss steht im Zentrum.
(Quelle: Franziska Stöckli, Initiantin «Greentopf»)
In dieser Klasse wurde auch gemeinsam das Essen zubereitet. Bei der Auswahl der Menüs spielte die multikulturelle Herkunft mit. Immer wieder erzählten die Jugendlichen vom Essen in ihrer Heimat. Franziska Stöckli spürte das Interesse am Kochen und an ausgewogener, zeitgemässer Ernährung der Jugendlichen.
Sie, die um die Probleme dieser Jugendlichen weiss, wollte ihnen das Gefühl vermitteln, dass sie etwas erreichen können, wenn sie sich engagieren. So kam es zur Idee, ein Kochbuch von Jugendlichen für Jugendliche herauszugeben. Elf Schülerinnen und Schüler sind mit einem Porträt im Buch vertreten. Eine von ihnen ist Aylin: «Es macht mich jedes Mal sehr glücklich, wenn ich in den Ferien meine Verwandten in der Türkei besuchen darf. Dann wird mir jeweils bewusst, was die Schweiz und die Türkei nebst der Sprache am meisten unterscheidet: das Essen. Wir lieben süsse Sachen über alles.» Eines der bekanntesten türkischen Gebäcke, Baklava, das die Fünfzehnjährige erwähnt, kann mit dem «Greentopf» nachgebacken werden.
Neben vielen asiatischen Rezepten finden sich auch Schweizer Küchenklassiker wie Zürcher Geschnetzeltes mit Rösti, Spaghetti Bolognese, Cordon bleu oder Schokoladenmousse im Buch. Wer denkt bei diesen beliebten Schweizer Klassikern an vegetarisches oder veganes Essen? «Der gesunde Genuss steht im Zentrum. Und da sind auch gluschtige Namen für die Gerichte wichtig», erklärt Franziska Stöckli. Im veganen Züri-Geschnetzelten wird das Kalbfleisch durch mariniertes Seitan ersetzt und für die vegane Variante ein veganer Saucenrahm verwendet.
Neben den vielfältigen Rezepten bietet das Buch kurze Hintergrundinformationen zur vegetarischen und veganen Ernährung und zu wichtigen Nahrungsmitteln und Zutaten, die in den Rezepten verwendet werden. So kann man nachlesen, dass der oder das Seitan ein Lebensmittel aus Weizeneiweiss mit fleischähnlicher Konsistenz ist und aus der japanischen Küche stammt.
Spassbremse, nackte Haut, emanzipiert: Erinnerungen an den unverwüstlichen «Tiptopf»
Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass es aus Gluten besteht und damit für Personen mit Zöliakie nicht geeignet ist. Verwendet wird Seitan im Kochbuch unter anderem beim Cordon bleu und im Kebab. Da es geschmacksneutral ist, braucht es eine kräftige Marinade. Besser noch, man lässt die geschnittenen Streifen über Nacht in der Würzmischung ziehen, wie der Tipp im Rezept des Züri-Geschnetzelten hinweist. Wer Seitan oder auch Tofu selber herstellen will, findet im «Greentopf» eine einfache Anleitung.
«Greentopf» erscheint im Schulverlag plus AG, dem Verlag, der auch den «Tiptopf» herausgibt. Der «Tiptopf» ist seit über 30 Jahren das Kochbuch für den Hauswirtschaftsunterricht. Es bleibt das Grundlagenwerk, mit einfach verständlich dargestellten Zubereitungsarten, im kochpraktischen Teil des WAH-Unterrichts (Wirtschaft, Arbeit, Haushalt), wie das Fach neu nach dem Lehrplan 21 benannt ist. Der «Greentopf» setzt durch die konsequente Auswahl von zusätzlich internationalen, multikulturellen Gerichten zusammen mit den Essbiografien von Jugendlichen neue Akzente. Dazu kommt es, mit einer frischen Grafik und vielen aussagekräftigen Fotografien, farbig und attraktiv daher.
Dass das Buch den Zeitnerv trifft, zeigen die ausgebuchten Einführungskurse für WAH-/Hauswirtschaftslehrpersonen. Immer mehr Jugendliche und Erwachsene essen vegetarisch oder vegan oder verzichten zumindest zeitweise auf Fleisch. Damit kein Nährstoffmangel beim ersatzlosen Weglassen von tierischen Produkten entsteht, braucht es Wissen um eine ausgewogene Ernährung. Und es braucht die Anleitung, wie man schmackhafte vegetarische und vegane Gerichte zubereitet. Die Feedbacks zum «Greentopf» am Kursmorgen sind durchweg positiv: «Feine Gerichte, gute Hintergrundinformationen, 1:1 umsetzbar». Und das nicht nur in der Schulküche.
- 6 EL Ketchup
- 1 EL Senf
- 1 EL Tamari-Sojasauce
- ½ TL Madras-Curry
- 1 TL Salz
- 1 TL Rohzucker
- 360 g Tofu
- 4 EL Sojadrink
- 1 TL Maizena
- 3 EL Mehl
- 240 g Cornflakes, gebrochen
- 3 EL Öl
Marinade
Alle Zutaten in einer kleinen Schüssel gut miteinander verrühren. Tofustücke in 1 cm dicke Scheiben
schneiden, mit der Marinade einpinseln und 30 Minuten marinieren.
Panade
Drei Suppenteller bereitstellen: einen mit Mehl, einen mit Sojadrink und Maizena vermischt, den dritten mit Cornflakes.
Die marinierten Tofustücke in der vorgegebenen Reihenfolge panieren, Cornflakes gut andrücken.
Öl in der Bratpfanne erhitzen. Tofustücke goldbraun braten. Kurz auf einem Haushaltspapier entfetten.
Tipp
Dazu passen frischer Blattsalat und Fruchtchutneys, z. B. Mango-Apfel-Chutney.