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Früher ging es im Weissen Haus des Öfteren feuchtfröhlich zu und her. Heute scheint man es hingegen nur noch mit Cola light und Gatorade zum Präsidenten zu schaffen.
Was haben Donald Trump und sein Nachfolger Joe Biden gemeinsam? Ausser, dass der eine US-Präsident ist und der andere es war, natürlich. Beide haben laut eigener Aussage noch nie einen Tropfen Alkohol getrunken. Das liegt nicht etwa daran, dass sie sich noch an die gute alte Prohibition erinnern. Sondern daran, dass beide schwere Alkoholiker in ihren Familien haben: Trumps Bruder Fred war Alkoholiker, mehrere Onkel Bidens ebenfalls.
Präsidenten, die keinen Tropfen Alkohol anrühren, haben in den USA keine Tradition. Nur der trockene Alkoholiker George W. Bush schwor dem Alkohol ebenfalls ab und auch von Jimmy Carter wird berichtet, dass er den Alkohol aus dem Weissen Haus verbannte. Alle anderen waren meist grosse Whiskey- und/oder Weinliebhaber. Manchmal auch im Unguten. So soll Nixon ein Alkoholproblem gehabt haben und sei des Öfteren schon nach zwei Gläsern Wein ausfällig geworden, wie sein Aussenminister Henry Kissinger später berichtete.
Trumps Alkoholverzicht hat ihn aber nicht davon abgehalten in teure Weingüter und Whiskeyproduktionen zu investieren. Profit steht beim ihm da über persönlicher Überzeugung und so verkauft er seine «Taste of Trump»-Weine für satte 74 Dollar pro Flasche.
Er selber ist diesbezüglich sparsamer unterwegs, Trumps Lieblingsgetränk ist kalorienarmes Cola light. Nachfolger Joe Biden mag es – für amerikanische Verhältnisse – ebenfalls gesund und trinkt am liebsten oranges Gatorade. Ausschweifende Partys lassen sich aber auch mit dem Sportlergetränk nicht feiern, die Ära der Abstinenz im Oval Office wird mit der Wahl Bidens fortgeführt. Dafür steht ein Hometrainer im Weissen Haus, denn für über 78-jährige Präsidenten sind statt langen Apéros frühmorgendliche Turnübungen und gesundes Essen angesagt.
Langjährige Mitglieder der amerikanischen Elite erinnern sich wehmütig an die Regierungszeit Barack Obamas. Als der gebürtige Hawaiianer Chef war, gab es nach zähen Verhandlungen gewöhnlich Cocktail-Partys im Weissen Haus. Obama selbst ist Bierliebhaber und liess während seiner Präsidentschaft aus Honig aus dem präsidialen Garten ein eigenes Ale herstellen.
Den Höhepunkt der Bierseeligkeit erlebte Washington allerdings unter Bill Clinton. Nach einem feuchtfröhlichen Abend mit dem Staatsoberhaupt wurde dessen Gast, der russische Präsident Jelzin, nur mit Unterhosen bekleidet, auf der Pennsylvania Avenue gesichtet.
Als Revanche hat Clinton bei einer späteren Gelegenheit in einer Moskauer Bar mehrere Wodkashots vernichtet, bevor er am nächsten Morgen Jelzin und dessen Frau zum Frühstück traf. Und Clintons Gattin Hillary soll mindestens genauso trinkfest sein: Als sie Senatorin war, soll sie bei einem Trinkspiel ihren republikanischen Widersacher John McCain ohne Mühe unter den Tisch getrunken haben.
Neben den Erfolgen an den natürlich rein aus Pflichtbewusstsein absolvierten Trinkanlässen schafften Clinton und Obama ihre Wiederwahl relativ problemlos. Die Nichttrinker haben da eine deutlich schlechtere Bilanz: Weder Trump noch Carter wurden ein zweites Mal gewählt, nur gerade Bush Junior durfte volle 8 Jahre regieren. Wer keinen Alkohol trinkt, dem rutscht die Wahrheit halt einfach viel zu selten raus. Das missfällt den Wählern.
Angesichts solcher Aussichten wäre es wohl klug, würde sich Biden die Sache mit dem Trockenbleiben nochmals überlegen. Sonst riskiert er eine ähnliche politische Durststrecke, wie sie schon sein abstinenter Vorgänger erlitten hat. Im Gegensatz zu Trump hat Biden allerdings noch einen Trumpf in der Hand: Seine Vizepräsidentin Kamala Harris, eine bekennende Weinliebhaberin.