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Wir arbeiten sehr schonend für den Patienten

Thomas Kuntzen, neuer Chefarzt Gastroenterologie und Hepatologie des Kantonsspitals Aarau, über seine beiden Fachgebiete

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Gesundheit Aargau

Herr Kuntzen, was machen Sie als Gastroenterologe und Hepatologe? Thomas Kuntzen: Ich beschäftige mich mit allen Verdauungsorganen, von der Speiseröhre über Magen und Darm bis zu den damit verbundenen Organen Leber, Gallenblase und Bauchspeicheldrüse. Es geht um eine Vielzahl von Erkrankungen. Viele lassen sich medikamentös behandeln, bei manchen sind endoskopische Eingriffe nötig, zur Entfernung von Tumorvorstufen, den Polypen, oder von Frühkarzinomen. In der Hepatologie geht es um Erkrankungen der Leber und der Gallenwege. Bekannt sind vor allem verschiedene Formen der Virushepatitis.

Sie sind spezialisiert auf die sogenannte interventionelle Endoskopie. Diese wollen Sie am KSA weiter ausbauen. Zu wessen Nutzen?

Mit den vielfältigen endoskopischen Techniken kann man nicht nur optisch diagnostizieren, sondern auch schonende Operationen durch Mund oder After vornehmen – ohne Bauchschnitt. Das ist für den Patienten ein Riesenvorteil. Und für das Haus unabdingbar.

Wieso braucht das KSA eine so hoch spezialisierte Gastroenterologie?

Wir arbeiten eng mit der Chirurgie, der Onkologie und der Radiologie zusammen, die schon sehr viele schwierige Fälle behandeln. Die gesamte Behandlung von Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, der Speiseröhre, des Magens und Dickdarms muss im ganzen Haus mit der gleichen Spezialisierung angeboten werden. Sonst kann nicht das ganze Potenzial genutzt werden.

Inwiefern ergänzt die Gastroenterologie die Chirurgie?

Vieles können wir minimalinvasiv machen, da braucht es den Chirurgen gar nicht. Und wenn nach einem chirurgischen Eingriff Komplikationen auftreten, können wir Defekte oft sehr gut endoskopisch mit Klammern oder Stents von innen flicken. Das ist für die Patienten schmerzfreier, als wenn sie nochmals operiert würden.

Was für neue Angebote wird es am KSA geben?

Es gibt einige relativ neue endoskopische Techniken, die bisher am KSA noch nicht oder nur wenig angewendet worden sind. Dazu zählt z. B. auch die Endosonographie, der Ultraschall von innen, den man sowohl diagnostisch wie auch therapeutisch nutzen kann.

Welchen Vorteil bietet der endoskopische Ultraschall im Vergleich zum konventionellen Ultraschall?

Mit dem konventionellen Ultraschall oder CT können wir z.B. Tumore von aussen diagnostizieren, aber mit der Endosonographie kommen wir viel näher ans verdächtige Gewebe heran und erreichen dadurch eine höhere Bildauflösung. Der Ultraschallkopf sitzt vorne am Endoskop, mit dem wir dann z.B. in die Speiseröhre, den Magen oder den Zwölffingerdarm hineingehen können, um von dort aus im direkten Kontakt diese Organe selbst oder Nachbarorgane zu beurteilen. Bei Tumoren der Speiseröhre können wir so sehr genau feststellen, wie weit der Tumor in die feinen Wandschichten eingedrungen ist. Das ist entscheidend für die Therapie. Man kann auf diesem Weg auch mit einer dünnen Nadel Gewebeproben entnehmen. Manchmal stellt man damit auch fest, dass ein Tumor gutartig ist und gar keiner Behandlung bedarf. Auch bei Gallensteinleiden kann die Endosonographie sehr nützlich sein und dem Patienten mitunter das Risiko eines Eingriffs ersparen.

Sie können mittels Endosonographie auch gleich therapeutisch wirken, haben Sie gesagt. Wie denn?

Etwa indem ich bei einer Pankreatitis, bei der sich Pseudozysten oder Nekrosen gebildet haben, durch die Magenwand hindurch Schläuche in die Pseudozysten lege. So kann die Flüssigkeit in den Magen drainieren. Und wenn festes, nekrotisches Gewebe vorhanden ist, kann ich es endoskopisch durch die Magenwand hindurch ausräumen. Im Vergleich zur chirurgischen Nekrosektomie sind die Komplikationsraten geringer und die Patienten können das Spital schneller wieder verlassen.

Werden Sie noch andere neue Methoden anbieten?

Ja, eine ganze Reihe. Mit der endoskopischen Vollwandresektion beispielsweise kann man nicht nur Darmpolypen an der Schleimhautoberfläche abtragen, sondern auch solche, die narbig mit der Muskelschicht verwachsen sind. Auch viele Perforationen muss man nicht mehr operieren. Dank eines neuen Systems können wir Löcher von innen mit einem Gedächtnismetallclip verschliessen. Auch das ist sehr schonend für den Patienten. Mit anderen Techniken wie der endoskopischen Submucosadissektion oder der endoskopischen Mucosaresektion können wir Frühstadien bösartiger Tumore entfernen.

Müssen Sie, um all diese Neuerungen anbieten zu können, Ihre Abteilung personell aufstocken?

Ja, denn das sind teilweise sehr aufwendige Eingriffe, die mehrere Stunden dauern. Und die Abteilung hat jetzt schon einen sehr hohen Durchsatz mit 4000 Endoskopien und 2000 Ultraschallen pro Jahr, mit denen bisher der Chefarzt, ein Leitender Arzt und ein Assistent schon stark ausgelastet sind. Wir haben zunächst eine Oberarztstelle ausgeschrieben. Ich denke, das Haus verträgt letztendlich mindestens vier Kaderärzte.