Der Rhythmologe Laurent Haegli arbeitet ab Januar 2018 neu in der Kardiologie des Kantonsspitals Aarau (KSA). Er ist renommierter Spezialist für Herzrhythmusstörungen, insbesondere für das weit verbreitete Vorhofflimmern.
Herr Haegeli, Sie sind Leiter der kardialen Elektrophysiologie am Unispital Zürich. Anfang 2018 wechseln Sie ans KSA. Was reizt Sie an der neuen Aufgabe in Aarau?Das KSA ist ein grosses Zentrumsspital mit grossem Einzugsgebiet und einer attraktiven und erfolgreichen invasiven Kardiologie. Die Behandlung von Patienten mit akutem Herzinfarkt und chronischen Herzerkrankungen sowie mit Herzklappenerkrankungen ist hier ausgezeichnet etabliert. Ich freue mich, das Fach invasive Rhythmologie in Aarau zu etablieren und die Kardiologie mit meiner Erfahrung zu ergänzen.
Was machen Sie als Rhythmologe?
Die Rhythmologie, auch kardiale Elektrophysiologie genannt, ist ein Spezialgebiet der Kardiologie. Wir befassen uns mit dem elektrischen System des Herzens und seinen Störungen. Das ist ein Gebiet, das extrem schnell wächst. Die Menschen werden immer älter, deshalb nimmt die Zahl der Herzrhythmusstörungen (HRS) stark zu.
Wieso kommt es zu HRS?
Bei Menschen mit HRS schlägt das Herz nicht mehr im Takt, weil der Herzmuskel falsche Impulse liefert, etwa aufgrund von «Fehlzündkerzen» oder Narben, die bei einem Herzinfarkt entstanden sind. Aber auch angeborene zusätzliche Bahnen können verantwortlich sein. Mit 20, 30 oder 70 Jahren lösen sie auf einmal elektrische Kurzschlüsse aus und stören so den Herzrhythmus.
Was bedeuten HRS für Betroffene?
Patienten empfinden häufig Herzstolpern, Herzklopfen, Herzrasen, Pausen im Herzschlag oder auch Schwindelattacken bis hin zur Bewusstlosigkeit. Das kann grosse Angst auslösen. So beeinträchtigen HRS häufig die Lebensqualität. Dabei können sie völlig harmlos sein, längerfristig gesundheitliche Störungen hervorrufen oder sogar zu Herzmuskelschwäche und zum plötzlichen Herztod führen. Deshalb sollte man sich umgehend in die Hände eines erfahrenen Rhythmologen begeben, wenn das Herz aus dem Takt gerät.
Wieso ist es so wichtig, HRS rasch zu behandeln?
Unter HRS werden einige Erkrankungen zusammengefasst, wobei das Vorhofflimmern am häufigsten ist. Man kann fast schon von einer «Volkskrankheit » sprechen – in der Schweiz leiden rund 100 000 Menschen daran. Sie haben ein fünffach höheres Risiko für Schlaganfälle. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung kann Leben retten.
Realisieren die Betroffenen immer, dass sie HRS haben?
Nein, manche Patienten haben gar keine oder atypische Beschwerden. Wichtig ist deshalb, überhaupt festzustellen, ob eine HRS vorliegt. Das EKG ist für die Diagnose entscheidend. Abhängig von der Ursache, der Art und der Schwere der Störungen erfolgt die Behandlung konservativ medikamentös oder invasiv.
Früher wurde das Vorhofflimmern mit Medikamenten behandelt, heute immer öfter invasiv. Wieso?
Früher gab es keine Alternative. Oft sind Medikamente jedoch wirkungslos oder sie haben starke Nebenwirkungen. Das möchte man einem jungen, sonst fitten Patienten, der noch viele Jahre vor sich hat, nicht zumuten.
Sie behandeln HRS, insbesondere das weit verbreitete Vorhofflimmern, mit der sogenannten Katheterablation. Können Sie den Eingriff kurz erläutern?
Die Katheterablation ist ein Routineeingriff, der in der Regel im Rahmen eines kurzstationären Spitalaufenthalts erfolgt. Diagnose und Behandlung erfolgen in derselben Sitzung. Dazu punktiert der Arzt die Leistenvene und schiebt Katheter durch die Vene ins Herz. Dort wird zunächst der Ursprungsort für die HRS eruiert und dann das betroffene Gewebe mittels Strom erhitzt und zu Bindegewebe umgewandelt. Dieses wirkt wie Isolationsmaterial – es leitet den fehlgeleiteten Impuls nicht mehr weiter, der zu den HRS geführt hat. So kann man HRS sicher und dauerhaft behandeln. Auf die Herzleistung hat die Verödung keinen Einfluss. Bei Patienten mit Vorhofflimmern werden die vier Lungenvenen elektrisch isoliert, da die Trigger für das Vorhofflimmern meist aus den Lungenvenen stammen.
Was sind Risiken und Nebenwirkungen eines solchen Eingriffs?
Komplikationen sind selten, wir reden von zwei bis drei Prozent. Die Gefahr, dass die Ablation einen Schlaganfall auslöst, ist kleiner als ein Prozent. Man versucht, das Risiko zu minimieren, indem man den Patienten gut vorbereitet. Dazu gehört auch der Aufbau eines guten Vertrauensverhältnisses. Dies verbessert allgemein den Erfolg jedes Eingriffes, auch wenn er Routine ist. Die Ablation selbst muss man möglichst schonend, effizient und sicher durchführen. Dazu braucht es Erfahrung und ein gut eingespieltes Team von Ärzten, Technikern und Pflegefachkräften.
Sie implantieren auch Herzschrittmacher, Defibrillatoren und sogenannte Dreikammerschrittmacher. Wann ist was nötig?
Mit Herzschrittmachern behandeln wir langsame Herzrhythmusstörungen, Defibrillatoren verhindern den plötzlichen Herztod und Dreikammerschrittmacher synchronisieren das Herz und verbessern seine Pumpleistung.
In Aarau hat es bisher noch keine elektrophysiologische Abteilung gegeben. Das Team müssen Sie also erst noch aufbauen.
Es gibt am KSA bereits ein gutes Team, das Herzkatheteruntersuchungen an Koronarien durchführt. Meine Aufgabe wird es sein, ergänzende Instruktionen zu geben, damit wir gemeinsam die invasive Elektrophysiologie durchführen können. Derzeit werden die neu benötigten Geräte im Herzkatheterlabor eingebaut, damit wir im Januar mit den ersten Patientinnen und Patienten starten können. Die Patienten müssen dann für den Eingriff nicht mehr nach Zürich oder Basel, sondern werden hier vor Ort vom gleichen Team untersucht und behandelt.
Lassen Sie uns noch über die wichtige Prävention reden. Wie kann man sein Herz schützen?
Man sollte regelmässig seinen Blutfettwert und den Blutdruck kontrollieren lassen. Letzterer sollte Werte von 135:85 mmHg nicht überschreiten. Und man muss Risikofaktoren erkennen und handeln, bevor es zu einer Erkrankung kommt.
Was tun Sie Gutes für Ihr Herz?
Ich rauche nicht, esse gerne und ausgewogen, mit Olivenöl, viel Gemüse, Fisch und wenig Fleisch. Und ich bewege mich gerne in der Natur, spaziere, wandere und fahre Ski.
PD Dr. med. Laurent Haegeli (45) hat in Basel und Paris Medizin studiert und sich am KSA, am Universitätsspital Zürich, an der Universitätsklinik in Basel und am Universitäts-Herzzentrum Freiburg-Bad Krozingen zum Facharzt Kardiologie FMH weitergebildet. In Victoria B. C., Kanada, spezialisierte er sich in den Gebieten Elektrophysiologie und interventionelle Kardiologie. 2014 übernahm Haegeli die Leitung der Elektrophysiologie am universitären Herzzentrum in Zürich. Sein Spezialgebiet ist die interventionelle Behandlung von Vorhofflimmern und Kammertachykardien. Haegeli ist auch wissenschaftlich tätig und hat verschiedene Arbeiten publiziert. In Aarau wird er die interventionelle Elektrophysiologie (siehe Box unten) aufbauen und etablieren. Laurent Haegeli ist verheiratet und Vater zweier Töchter (10 und 13). Er lebt mit seiner Familie in Zürich.
Die invasive Elektrophysiologie, die am KSA per 1. Januar 2018 neu angeboten wird, befasst sich mit der Behandlung von Herzrhythmusstörungen (HRS). Sie beinhaltet die sogenannte Katheterablation. Diese erspart dem Patienten eine medikamentöse Dauertherapie. Der Patient wird in der Regel nur örtlich betäubt; anschliessend schiebt der Arzt einen Katheter über die Leistenvene durch die Blutgefässe ins Herz. Dies ist absolut schmerzfrei. Im Herz löst der Arzt kontrolliert Rhythmusstörungen aus, sodass er den Ursprungsort, der die falschen Impulse liefert, lokalisieren kann. Mit Hochfrequenzstrom verödet er das entsprechende Gewebe und kann so die HRS sehr sicher und dauerhaft behandeln. Der Routineeingriff wird ambulant oder teilstationär durchgeführt. Die Katheterablation bei einer sogenannten Kammertachykardie hingegen wird in Vollnarkose durchgeführt. Dabei handelt es sich um eine lebensbedrohliche HRS, die von den Herzkammern ausgeht und zu einem Herzstillstand führen kann. Auch dies ist ein Routineeingriff. Die Komplikationsrate ist mit unter fünf Prozent sehr niedrig. Die Verödung hat keinen negativen Einfluss auf die Herzleistung. Darüber hinaus implantieren Elektrophysiologen zur Behandlung symptomatischer langsamer Herzrhythmusstörungen Herzschrittmacher und zur Verhinderung des plötzlichen Herztodes Defibrillatoren. Bei starker Einschränkung der Pumpleistung des Herzens, einer Herzinsuffizienz, kann auch ein sogenannter Dreikammerschrittmacher implantiert werden. Ziel ist die Synchronisation des Herzens und eine Verbesserung der Pumpleistung.