Die Heizkosten steigen. Wer weniger heizt und sich kühleren Temperaturen aussetzt, regt die Bildung von braunem Fett an. Ein Experte erklärt, weshalb das gut ist.
Das Fett in unserem Körper hat keinen guten Ruf. Es gilt als ästhetisch unerwünschte Passivmasse, die allerlei Krankheiten auslösen kann. Doch braune Fettzellen sind anders. Wissenschaftler sehen in ihnen sogar eine Option im Kampf gegen Übergewicht und Diabetes. Doch wie kann man ihr Potenzial nutzen? Wir sprachen darüber mit Christian Wolfrum, Professor am Institut für Ernährung und Gesundheit an der ETH Zürich.
Denke ich an Fett, dann beispielsweise an den weissen Saum eines Koteletts. Doch nun hört man immer öfter vom braunen Fett. Was ist das?
Christian Wolfrum: Es gibt prinzipiell zwei Arten von Fett. Die eine kennt jeder, sie ist weiss und speichert die Nahrung. Die andere hingegen ist braun. Diese Fettzellen verbrennen Fett und Zucker und produzieren auf diese Weise Wärme.
Was verleiht ihnen ihre braune Farbe?
Ihr hoher Anteil an Mitochondrien, also der Kraftwerke in den Zellen. Dort befindet sich viel Eisen, und daher kommt die braune Farbe.
Zur Person
Was haben Wärme produzierenden Fettzellen für einen biologischen Sinn? Denn wenn uns kalt ist, können wir die Wärme doch leicht durch Muskelarbeit erzeugen…
Ja, aber dazu muss der Muskel zittern, und dann ist er nicht verwendbar für andere Tätigkeiten. Das ist kurzfristig hinnehmbar, aber eben nicht langfristig. Da ist die Wärmeproduktion, also die Thermogenese aus Fett die bessere Alternative.
Durch welche Faktoren wird sie aktiviert?
Durch ein Protein namens UCP1, das die Mitochondrien kurzschliesst und dadurch Energie freisetzt, die schliesslich als Wärme abgegeben wird.
Und was bringt den Organismus dazu, auf diese Thermogenese umzuschalten?
Der wichtigste Faktor ist da eindeutig die Kälte: Je niedriger die Aussentemperaturen, umso höher die Aktivität der braunen Fettzellen. Und wenn diese Aussenreize länger oder öfter auftauchen, werden auch neue Fettzellen gebildet.
Und das klappt bei jedem?
Studien aus Holland zeigen, dass durch niederschwellige Kälte bei fast jedem Menschen die Bildung von braunen Fettzellen induziert werden kann. Das dauert ein bisschen, geht nicht von heute auf morgen, aber es geht.
Also sollten wir die Thermostate in unseren Räumen ein bisschen runterstellen?
Das ist nicht wirklich erforscht. Aber schon naheliegend. Es gibt eine Nature-Studie dazu, wie Fettleibigkeit mit den Innentemperaturen der Räume korreliert. Und das könnte an der Aktivität der braunen Fettzellen liegen. Es gibt auch schon Tests, inwieweit sie sich durch kalte Duschen oder ähnliche Massnahmen aktivieren lassen.
Wie viel braunes Fett gibt es denn ungefähr in unserem Körper?
Das ist schwer zu quantifizieren, liegt aber so im Rahmen von 100 Gramm. Das ist schon erheblich weniger als der sonstige Fettanteil, der bei rund 25 Prozent der Körpermasse liegt.
Und diese paar Gramm reichen, um per Thermogenese wirklich zum Kalorienverbrauch beizutragen?
Ja, das reicht. 50 Gramm braunes Fett können - dauerhaft aktiviert – über 200 Kilokalorien verbrennen. Das entspricht ungefähr einem Zehntel unseres kompletten Energieumsatzes und ist schon ordentlich.
Spüren wir eigentlich, wenn die braunen Fettzellen anspringen? Läuft uns dann ein warmer Schauer über den Rücken?
Nein, das merkt man nicht. Dazu ist ihr Anteil an der Körpergesamtwärme wiederum zu niedrig. Wir reden hier ja nicht von Fieber.
Verändert sich die Anzahl der braunen Fettzellen im Laufe des Alters?
Ja. Bei Babys sind es besonders viele. Was sehr sinnvoll ist, weil sie mehr als ein Erwachsener vom Auskühlen bedroht sind. Und mit zunehmendem Alter nimmt das braune Fett deutlich ab, womit dann umgekehrt das Risiko für Übergewicht deutlich zunimmt.