Forschung
Sie haben Mühe, wenn es schneit: Selbstfahrende Autos müssen zum Sehtest

Die Empa-Forscherin Manuela Elser testet Sensoren an einem autonomen Fahrzeug auf ihre lang anhaltende Zuverlässigkeit.

Bruno Knellwolf
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Damit die autonomen Autos sicher sind, brauchen sie eine Armada an Sensoren.

Damit die autonomen Autos sicher sind, brauchen sie eine Armada an Sensoren.

Keystone

Am autonomen Autofahren wird weltweit emsig geforscht bei Tesla, Apple, Volvo & Co. Wenn damit Autofahren und gleichzeitig Zeitung lesen gemeint ist, sind wir aber noch weit weg von einer Strassenzulassung, auch wenn Prototypen das längst können. Die neuen Fahrzeuge werden aber jetzt schon alle stark teilautomatisiert.

Schon dafür muss schon eine Armada an Sensoren, Radar und Kameras Daten sammeln und verarbeiten. Soll einst ein Auto wirklich unabhängig vom Fahrer von A nach B fahren und nicht nur auf Teststrecken, muss auf diese Sensoren Verlass sein. Und zwar immer und langzeitig.

Deshalb lässt die Empa-Forscherin Manuela Elser zur Zeit ein selbstfahrendes Auto der Marke Lexus auf einem 180 Meter langen Rund-Parcour auf dem Empa-Gelände in Dübendorf fahren.

In einem alten Hangar in Dübendorf werden selbstfahrende Autos getestet.

In einem alten Hangar in Dübendorf werden selbstfahrende Autos getestet.

Keystone

Dabei nehmen Kameras, Sensoren und Lidar-Scanner auf dem Rundparcours immer wieder die gleichen Bilder auf. Lidar-Scanner senden Laserblitze, um mit der Reflektion die Gegend abzubilden. Mit den Dauerfahrten kann überprüft werden, ob die Sensordaten immer gleich verlässlich bleiben, oder ob ihre «Sehkraft» nachlässt, was das autonome Fahren unmöglich macht. Elser:

«Ungünstige Wetterbedingungen stellen das grösste Problem dar. Nebel, Regen, Schneefall und generell schlechte Lichtverhältnisse beeinflussen die Leistung von kamerabasierten Sensoren deutlich.»

Bei den Tests hat Elser festgestellt, dass die ungünstigen Wetterbedingungen auch den Lidar-Scanner erheblich stören können – besonders, wenn sich Schnee auf der Sensoroberfläche ablagert. «Von allen Sensoren, die wir bisher getestet haben, ist das Radar der einzige, der von den Wetterbedingungen nicht wesentlich beeinflusst wird», sagt die Forscherin.

Andere Faktoren, welche die Leistung der Sensoren beeinflussen und die Elsers Team in Folgeprojekten untersuchen möchten, sind Alterung der Sensoren, Interferenzen mit Sensoren, die an anderen Fahrzeugen montiert sind sowie externe Verschmutzung. «Diese könnte für bestimmte Sensoren ein gewisses Problem darstellen», sagt Elser. Allerdings zeigten die ersten Testergebnisse, dass die Verschmutzung durch Blätter und Strassenstaub nur relativ geringe Auswirkungen auf die Leistung der Sensoren hatte.

In Zukunft werde dieses Problem aber wohl durch Reinigungssysteme gelöst, die bei Verschmutzung die Sensoren automatisch reinigen. Das werde eine kleine Herausforderung für die Entwicklung autonomer Autos sein, sagt Elser.

Sie will herausfinden, welche Daten Sensoren sammeln und wann sie Fehler machen oder gar ausfallen. Jeder menschliche Fahrer müsse einen Sehtest bestehen, bevor er eine Fahrerlaubnis erhalte. «Wir wollen einen Sehtest für autonome Fahrzeuge entwickeln, damit man ihnen auch dann noch trauen kann, wenn sie schon mehrere Jahre alt sind und tausende Kilometer auf dem Buckel haben», sagt die Forscherin. Unter den weltweit Tausenden Studien zum autonomen Fahren gibt es bisher nur etwa 20, die sich mit der Qualität der Sensordaten beschäftigen.

Die Verlässlichkeit der Sensoren ist entscheidend für den Durchbruch des autonomen Fahrens. Ob irgendwann ein Auto selbst über das Bellevue in Zürich fahren wird, wo die Verkehrslage sehr kompliziert ist, kann Elser nicht sagen. «Fahrzeuge mit Autonomiestufe 4 sind bereits in der Lage, vollständig autonom zu fahren, allerdings nur in bestimmten Einsatzgebieten, wie zum Beispiel der Autobahn oder bei innerstädtischen Fahrten mit niedrigen Geschwindigkeiten und meist unter guten Wetterbedingungen», sagt die Forscherin. Autonome Shuttlebusse werden auf Schweizer Strassen getestet.

«So würde es mich nicht überraschen, in naher Zukunft auch am Bellevue einen autonomen Bus zu sehen. Aber wenn wir über die Autonomiestufe 5 sprechen, bei der die Fahrzeuge in der Lage sein müssen, überall und unter allen Umständen autonom zu fahren, dann könnte das definitiv noch einige Jahrzehnte dauern, oder gar nie kommen», sagt Elser.