Im Bodensee schwimmen viele Speisefische, denen zu Unrecht ein schlechter Ruf vorauseilt. Auch aus ihnen lassen sich köstliche Gerichte zubereiten wie ein leckerer Rotaugen-Burger oder eine schmackhafte Fischsuppe.
Rotauge, Brachsmen, Schleie, Trüsche, Karpfen, Wels, Hecht, Alet – sie alle gehören nicht zum Starensemble der einheimischen Speisefische. Viele Leute kennen sie gar nicht, andere reden über sie nur mit einem Nasenrümpfen: zu viele Gräten, das Fleisch «müffelt», zu kompliziert in der Zubereitung.
Höher im Kurs stehen die edlen Verwandten Forelle, Felchen, Egli, Zander und Saibling. Wenn schon Fisch, dann sollen die Noblen auf den Teller kommen, möglichst fangfrisch aus dem Bodensee. Tatsächlich läuft einem nur schon beim Gedanken an Eglifilet, sachte in Butter gebraten, oder an Felchen in Mandelbutter das Wasser im Mund zusammen.
Ganz ohne Nebengeschmack ist der Genuss aber dann doch nicht, weil die allermeisten der edlen Bodenseefische – aber nicht nur sie – immer rarer werden. Vor allem beim Felchen sind die Fangerträge massiv zurückgegangen. Doch auch beim Egli können die hiesigen Seen nur noch knapp ein Zehntel der stetig wachsenden Nachfrage decken. Dabei war der Felchen einst der «Brotfisch» der Berufsfischer, sicherte deren Auskommen.
Höchste Zeit also, dass wir uns auf jene Fische (zurück-)besinnen, die es sonst noch im Bodensee gibt, eben auf diese weniger vornehmen Verwandten, die früher ganz selbstverständlich auch auf den Tisch kamen. Sie schmecken viel besser, als es ihr Ruf ist. Gelitten hat dieser insbesondere auch deswegen, da einige von ihnen viele Gräten haben, was aber bei sachkundiger Behandlung durch Fischer und Köche den Genuss nicht schmälert.
Auch die Verbände der Berufsfischer und der Sportfischer versuchen mit verschiedenen Projekten, die Aufmerksamkeit auf diese verkannten Fischarten zu lenken. Das neu lancierte Label «Wildfang Bodensee» beispielsweise soll einerseits Etikettenschwindel verhindern, andererseits vermehrt ins Bewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten rufen, dass es sich bei den Fischen um eine kostbare regionale und saisonale Spezialität handelt, die sich zudem durch eine gute Ökobilanz auszeichnet.
Tatsächlich offerieren uns Rotauge, Brachsmen, Karpfen, Hecht und Co allerlei Köstlichkeiten, lassen sich aus ihnen doch wunderbare Gerichte zubereiten. Kenner schwärmen etwa von der Leber der Trüsche, von Hecht und Wels. Andere von Chnusperli aus feinfleischigen Rotaugenfilets oder vom gebratenen Rückenfilet des Brachsmen. Auch das Fleisch vom Wels hat seine Liebhaber. Fischer und Köche verstehen es auch, den Hecht komplett grätenfrei zu filetieren und ihn zu einer Delikatesse zu machen.
Oft entscheidet jedoch auch hier die Zubereitung darüber, ob etwas schmeckt oder nicht. Hilfe dafür findet man beispielsweise auf der Website des Fischerei-Verbands (sfv-fsp.ch), wo uns vier Koch-Webinare auf die Sprünge helfen: «Heute kommt anderer Fisch auf den Tisch». Da werden mit Alet ein Fish-Cake nach dem berühmten Schweizer Koch Anton Mosimann zubereitet, eine Fischsuppe mit Trüsche und ein Burger mit Brachsmen, Schleie und Alet, der im Rhein zahlreich vorkommt.
Die beiden Fischer/Köche, die am Herd stehen, haben sogar ein Weihnachtsmenü aus diesen «anderen Fischen» komponiert. Herunterladen lässt sich auch eine kleine Rezeptsammlung. Das Präparieren der Fische überlässt der Laie aber wohl lieber dem Fachmann oder der Fachfrau. Sucht man solche Fische, wendet man sich am besten an den Berufsfischer seines Vertrauens, es gibt am Schweizer Bodenseeufer ja immerhin noch ein paar wenige von ihnen.
Die Rotaugen für die zwei hier vorgeschlagenen Gerichte mit «anderen Fischen» konnte ich bei Claudia Hug-Fischer besorgen, die eine der wenigen Berufsfischerinnen am Bodensee ist. Gemeinsam mit ihrem Vater führt sie in Salmsach einen Fischereibetrieb. Die beiden engagieren sich schon lange für den einheimischen Fisch. Seit 2016 haben sie auch Rotaugen im Angebot, als Filets oder Knusperli.
Die gelernte Berufsfischerin schwärmt von diesem Fisch: «Für mich einer der besten.» Die feinen Filets lassen sich braten wie Egli, aber auch frittieren. Bei grösseren Filets werden die zahlreichen Gräten mit einer Maschine schonend durchschnitten, sodass man beim Essen nichts mehr von ihnen spürt. Erst recht nicht, wenn die Fische zu einem Burger oder zu Klössen verarbeitet werden.