FOODBLOG OSTBRÖCKLI
Rotauge und Hecht statt Egli und Felchen: Fischers Fritz und die geschmähten Fische

Im Bodensee schwimmen viele Speisefische, denen zu Unrecht ein schlechter Ruf vorauseilt. Auch aus ihnen lassen sich köstliche Gerichte zubereiten wie ein leckerer Rotaugen-Burger oder eine schmackhafte Fischsuppe.

Text: Urs Bader, Bilder: Reto Martin
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Rotauge, Brachsmen, Schleie, Trüsche, Karpfen, Wels, Hecht, Alet – sie alle gehören nicht zum Starensemble der einheimischen Speisefische. Viele Leute kennen sie gar nicht, andere reden über sie nur mit einem Nasenrümpfen: zu viele Gräten, das Fleisch «müffelt», zu kompliziert in der Zubereitung.

Höher im Kurs stehen die edlen Verwandten Forelle, Felchen, Egli, Zander und Saibling. Wenn schon Fisch, dann sollen die Noblen auf den Teller kommen, möglichst fangfrisch aus dem Bodensee. Tatsächlich läuft einem nur schon beim Gedanken an Eglifilet, sachte in Butter gebraten, oder an Felchen in Mandelbutter das Wasser im Mund zusammen.

Ganz ohne Nebengeschmack ist der Genuss aber dann doch nicht, weil die allermeisten der edlen Bodenseefische – aber nicht nur sie – immer rarer werden. Vor allem beim Felchen sind die Fangerträge massiv zurückgegangen. Doch auch beim Egli können die hiesigen Seen nur noch knapp ein Zehntel der stetig wachsenden Nachfrage decken. Dabei war der Felchen einst der «Brotfisch» der Berufsfischer, sicherte deren Auskommen.

Höchster Genuss trotz vieler Gräten

Höchste Zeit also, dass wir uns auf jene Fische (zurück-)besinnen, die es sonst noch im Bodensee gibt, eben auf diese weniger vornehmen Verwandten, die früher ganz selbstverständlich auch auf den Tisch kamen. Sie schmecken viel besser, als es ihr Ruf ist. Gelitten hat dieser insbesondere auch deswegen, da einige von ihnen viele Gräten haben, was aber bei sachkundiger Behandlung durch Fischer und Köche den Genuss nicht schmälert.

Diese Zutaten - und noch ein paar andere - braucht es für den Fisch-Burger.

Diese Zutaten - und noch ein paar andere - braucht es für den Fisch-Burger.

Auch die Verbände der Berufsfischer und der Sportfischer versuchen mit verschiedenen Projekten, die Aufmerksamkeit auf diese verkannten Fischarten zu lenken. Das neu lancierte Label «Wildfang Bodensee» beispielsweise soll einerseits Etikettenschwindel verhindern, andererseits vermehrt ins Bewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten rufen, dass es sich bei den Fischen um eine kostbare regionale und saisonale Spezialität handelt, die sich zudem durch eine gute Ökobilanz auszeichnet.

Leber der Trüsche und Rückenfilet vom Brachsmen

Tatsächlich offerieren uns Rotauge, Brachsmen, Karpfen, Hecht und Co allerlei Köstlichkeiten, lassen sich aus ihnen doch wunderbare Gerichte zubereiten. Kenner schwärmen etwa von der Leber der Trüsche, von Hecht und Wels. Andere von Chnusperli aus feinfleischigen Rotaugenfilets oder vom gebratenen Rückenfilet des Brachsmen. Auch das Fleisch vom Wels hat seine Liebhaber. Fischer und Köche verstehen es auch, den Hecht komplett grätenfrei zu filetieren und ihn zu einer Delikatesse zu machen.

Oft entscheidet jedoch auch hier die Zubereitung darüber, ob etwas schmeckt oder nicht. Hilfe dafür findet man beispielsweise auf der Website des Fischerei-Verbands (sfv-fsp.ch), wo uns vier Koch-Webinare auf die Sprünge helfen: «Heute kommt anderer Fisch auf den Tisch». Da werden mit Alet ein Fish-Cake nach dem berühmten Schweizer Koch Anton Mosimann zubereitet, eine Fischsuppe mit Trüsche und ein Burger mit Brachsmen, Schleie und Alet, der im Rhein zahlreich vorkommt.

Die beiden Fischer/Köche, die am Herd stehen, haben sogar ein Weihnachtsmenü aus diesen «anderen Fischen» komponiert. Herunterladen lässt sich auch eine kleine Rezeptsammlung. Das Präparieren der Fische überlässt der Laie aber wohl lieber dem Fachmann oder der Fachfrau. Sucht man solche Fische, wendet man sich am besten an den Berufsfischer seines Vertrauens, es gibt am Schweizer Bodenseeufer ja immerhin noch ein paar wenige von ihnen.

«Rotauge – für mich einer der besten»

Die Rotaugen für die zwei hier vorgeschlagenen Gerichte mit «anderen Fischen» konnte ich bei Claudia Hug-Fischer besorgen, die eine der wenigen Berufsfischerinnen am Bodensee ist. Gemeinsam mit ihrem Vater führt sie in Salmsach einen Fischereibetrieb. Die beiden engagieren sich schon lange für den einheimischen Fisch. Seit 2016 haben sie auch Rotaugen im Angebot, als Filets oder Knusperli.

Die gelernte Berufsfischerin schwärmt von diesem Fisch: «Für mich einer der besten.» Die feinen Filets lassen sich braten wie Egli, aber auch frittieren. Bei grösseren Filets werden die zahlreichen Gräten mit einer Maschine schonend durchschnitten, sodass man beim Essen nichts mehr von ihnen spürt. Erst recht nicht, wenn die Fische zu einem Burger oder zu Klössen verarbeitet werden.

Rotaugen-Burger für vier Personen

  • Zutaten
  • 600g Rotaugenfilets, gehäutet und grob zerteilt (oder Filets von Brachsmen, Barbe oder Schleie)
  • 1 Zwiebel, mittelgross, gehackt
  • ½ Bund Petersilie, gehackt
  • Ein Stück Weissbrot ohne Rinde, gehackt
  • 1 Ei
  • 1 El Paniermehl
  • 1 El Mehl
  • 1 El Senf
  • Etwas Abrieb von einer Zitrone, Salz, Pfeffer
  • Butter, Olivenöl

Zubereitung

  • Fischfilets von Hand, im Cutter oder Fleischwolf zu «Tatar» verarbeiten. In eine Schüssel geben.
  • Zwiebel und Petersilie in Butter sorgfältig dünsten, auskühlen lassen und zum Fisch geben.
  • Ei, Paniermehl, Mehl und Senf dazugeben und von Hand oder mit einer Gabel zu einer gleichmässigen, formbaren Masse mischen. Ist diese noch zu feucht, nochmals etwas Paniermehl untermischen.
  • Vier Burger formen und in einer Mischung aus Butter und Olivenöl bei mittlerer Hitze goldbraun braten.
  • Der Burger kann in einem klassischen Bun oder auch in einem Ciabatta-Brötchen, bestrichen mit Dillmayonnaise, serviert werden, begleitet von einem Rüebli- oder Gurkensalat und Pommes frites.
  • Wird der Burger als Tätschli betrachtet, kommt es zusammen mit Salzkartoffeln und einem Blattsalat gut an. Einen Akzent setzt eine selbstgemachte Mayonnaise. Schliesslich schmeckt das Tätschli auch kalt.

Bild: Urs Bader

Rotaugen-Klösse in Fischsuppe (für vier Personen)

  • 300g Rotaugenfilets, gehäutet und grob zerteilt (oder Filets von Brachsmen, Barbe oder Schleie)
  • 1 Ei 
  • Ca. ½ dl Rahm
  • Salz, Pfeffer
  • ·8 dl Fischfond
  • 3 dl Gemüsebouillon
  • 1 dl Weisswein
  • 1 Karotte, 1 kleiner Sellerie, 1 kleiner Fenchel in Scheibchen, Würfel und Streifen geschnitten
  • 1 Zwiebel, gehackt, 2 Knoblauch in Scheiben geschnitten.
  • 2 Lorbeerblätter, 2 Zweiglein Thymian
  • Ein paar Pfefferkörner Salz
  • 3 El Olivenöl Petersilie, gehackt
  • Zubereitung
  • Für die Klösse die Fischfilets im Cutter kleinhacken. Ei und Rahm verrühren, vorsichtig nach und nach zur Fischmasse im Cutter geben und so lange mixen, bis eine geschmeidige, homogene Masse entstanden ist. Die Masse darf nicht zu feucht werden, da sie sonst nicht mehr formbar ist. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
  • Mit zwei Löffeln aus der Masse Klösse formen und auf einem Teller kühlstellen.
  • Für die Suppe Olivenöl warm werden lassen, Zwiebel und Knoblauch andämpfen, Gemüse ca. 5 Minuten mitdämpfen.
  • Lorbeerblätter, Thymian und Pfefferkörner beigeben, mit Weisswein ablöschen, etwas einkochen lassen und dann den Fond und die Gemüsebouillon dazu giessen.
  • Aufkochen lassen, danach die Hitze reduzieren. Köcheln lassen, bis das Gemüse fast gar ist. Mit Salz abschmecken.
  • Die Klösse in die Suppe geben und so lange köcheln lassen, bis sie an die Oberfläche kommen, dann sind sie gar.
  • Suppe mit Klössen in tiefen Tellern anrichten und mit Petersilie bestreuen.
  • Varianten
  • Fischfarce in einen Spritzsack füllen, in kleinen Stücken abschneiden und in Salzwasser pochieren. Danach in einer Rahmsauce mit blättrig geschnittenen Champignons als Pastetchenfüllung verwenden.
  • Die Farce kann auch in einer Terrine weiterverarbeitet werden.
Genuss-Redaktor Urs Bader präsentiert seinen Fischburger.

Genuss-Redaktor Urs Bader präsentiert seinen Fischburger.