Es gibt Leute, die hegen und pflegen einen Sauerteig über Jahre hinweg. Etwas weniger Fleiss erfordert der wöchentliche Pizzateig. Denn der kann weit mehr als nur Pizza.
Es gibt Gerichte, die würde man viel öfter zubereiten, wären sie nicht so aufwendig. Und tatsächlich, es gibt Mahlzeiten, die einiges an Zeit und Nerven erfordern. Es gibt aber auch Mahlzeiten, die eigentlich schnell und einfach wären. Pizza zum Beispiel.
Ein Anstandsrest Tomatensauce vom Vorabend und ein Stück Mozzarella reichen als Grundlage, um endlich aus dem einsamen Salamirädchen, dem Peperoniviertel, den zwei Pilzen und den drei Oliven, die sonst im Kühlschrank vergammeln, eine Mahlzeit für ein bis vier Personen zu machen. Wenn man denn einen Teig hätte.
Und dann wird's kompliziert, wenn man nicht zum Fertigprodukt greifen will. Denn man muss ihn Stunden vorher anrühren, kneten und gehen lassen. Man muss also Zeit haben und planen. Und was heisst schon Stunden. Wer es ernst meint, sollte am besten am Tag zuvor beginnen. Lange genug also, um auf Effizienz getrimmte Alltagsköche abzuschrecken. Pizza? Nur bei hohem Besuch.
Will man die Pizza spontan backen können, muss man den Prozess umkehren. Erst in ein paar freien Minuten einen Teig kneten. Und ihn nach ein bis zwei Stunden, eingehüllt in einen Film aus Olivenöl, in einem oder zwei luftdichten Behältern in den Kühlschrank stellen.
Wann es dann Pizza gibt, ist von diesem Moment an eigentlich recht egal. Für die nächsten Tage geht der Teig langsam in der Box auf. Duftet immer süss-säuerlicher. Wirft immer mehr Blasen. Wird immer besser. Kein Wunder. So ein Teig braucht zwar ein wenig Hefe. Trotzdem laufen darin ganz ähnliche Prozesse ab wie in einem Sauerteig – einfach ohne das Hegen und Pflegen.
Sie haben in den nächsten Tagen gar keine Lust auf Pizza? Das ist egal. Haben Sie spontan Besuch? Schmeissen Sie einfach ein Stück Teig flach in eine Auflaufform, träufeln etwas Olivenöl, Meersalz und Kräuter drauf und backen das für um die 20 Minuten bei gegen 200 Grad. Mit diesem Pizzabrot wird aus einem Verlegenheits-«Brot & Chäs» ein mediterraner Schmaus.
Denn so ein Pizzateig ist auch nur ein Brotteig: Mehl und Wasser, Salz und Hefe, ein Schuss Olivenöl. So ist er ebenso biegsam wie vielseitig einsetzbar. Als Hülle für ein Filet im Teig oder für Teigtaschen aller Art. Oder, flachgedrückt und im Ofen gebacken, als Taschenbrot. Dünn ausgewallt wird daraus in der Bratpfanne ein herrlich fluffiges Fladenbrot.
Es muss ja nicht mal eine Mahlzeit für die ganze Familie sein. Hat man genug Teig im Kühlschrank, kann man immer wieder mal ein Stück abzweigen. Für eine kleine Pizza als Zmittag im Homeoffice. Eine Brottasche mit Hummus und Resten, von Ofengemüse zum Beispiel. Ein paar Sfihe – die libanesischen Teigschiffchen mit Hackfleisch oder Käse gefüllt. Und knetet man ein paar Reste des alten Teigs – wie einen Vorteig – in einen neuen Brotteig, gibt er dem täglichen Brot noch etwas geschmacklichen Tiefgang.
Die meisten Rezepte raten für Pizza zum fein gemahlenen Mehl, Tipo 00. Der Pizzateig im Kühlschrank ist aber ein Allrounder. Deshalb kann man helles Weizen- oder Dinkelmehl nehmen oder es mit dunkleren Typen mischen. Zu beachten ist dabei nur, dass verschiedene Mehle mehr oder weniger Wasser aufnehmen – an die genaue Menge muss man sich beim Kneten herantasten. Mehr Mehl lässt sich immer einarbeiten, der Teig sollte aber auch nicht zu trocken werden. Ein Grundrezept geht so:
Erst die Hefe im Wasser auflösen und fünf Minuten stehen lassen. Das Mehl mit dem Salz mischen, dann die Flüssigkeit dazugeben. verrühren und dann 10 Minuten kneten. Den fertigen Teig kann man zunächst eine Stunde oder länger bei Raumtemperatur aufgehen lassen und ihn erst dann mit etwas Olivenöl bestreichen und in einem luftdichten Behälter (oder mehreren) in den Kühlschrank stellen. Am besten mindestens eine Stunde vor Gebrauch aus dem Kühlschrank nehmen.
Für einen noch luftigeren Teig lohnt es sich, ihn feuchter zu machen und mehr Wasser zu verwenden, zum Beispiel 3 dl oder sogar etwas mehr. Der Teig lässt sich dann aber auch weniger leicht kneten und in Form bringen. Vor allem fürs Kneten empfiehlt es sich bei feuchten Teigen, die Finger statt mit Mehl mit Olivenöl zu benetzen. Ein weiterer Vorteil eines feuchten Teiges: Will man – beispielsweise für Fladenbrote – einen trockeneren Teig, kann man ihn vor Gebrauch mit etwas mehr Mehl verkneten. Umgekehrt ist es schwieriger.
Auch im Kühlschrank gärt der Teig natürlich weiter und geht weiter auf. Es kann sich also lohnen, ab und zu nach dem Teig zu sehen, damit er nicht den Behälter sprengt. Ansonsten kann er gut und gern sieben Tage im Kühlschrank bleiben. Ist zu viel Luft im Behälter, kann sich oben eine graue Schicht bilden, der Teig darunter ist aber meist noch brauchbar.