Die Rache der Natur

Desaster Report Asiens wirtschaftliches Wachstum ist von Naturkatastrophen bedroht – allein im Jahr 2012 führten die Katastrophen zu Schäden von 15,1 Milliarden Dollar. Willi Germund

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Eine Philippinin hängt ihre Wäsche zwischen den Bananenbäumen auf, die der Taifun Bopha in der Nähe der Stadt Andap gefällt hat. (Bild: ap/Bullit Marquez)

Eine Philippinin hängt ihre Wäsche zwischen den Bananenbäumen auf, die der Taifun Bopha in der Nähe der Stadt Andap gefällt hat. (Bild: ap/Bullit Marquez)

Wie nutzlose Pfähle ragen die Stämme der Kokospalmen in den Himmel, deren Blätterwerk vom Taifun Bopha hinweggefegt wurden. Der Schlamm der ersten Stunden nach dem katastrophalen Unwetter ist längst getrocknet und liegt nun als schmutzige, braune Staubschicht über dem Katastrophengebiet im Compostela Valley auf der Insel Mindanao im Süden der Philippinen.

600 Tote

600 beträgt die Zahl der gefundenen Toten auf Mindanao inzwischen, weitere 800 – die meisten Fischer – werden noch vermisst. Die Lage ist so schlimm, dass sich das humanitäre Hilfswerk der Vereinten Nationen (OCHA) zu einem internationalen Hilfsaufruf genötigt sah. Der zentrale Punkt: 5,4 Millionen Menschen brauchen dringend sauberes Trinkwasser.

«Bopha» war einer von rund zwanzig Wirbelstürmen, die jährlich die Philippinen heimsuchen, und er fällt damit in die Kategorie der Desaster, die ganz Asien aushalten muss. Denn dem Kontinent sind Naturkatastrophen alles andere als fremd. «Asien», so heisst es in einem am Dienstag vorgestellten Bericht des UN- Büros für Katastrophenrisikoverminderung (UNISDR), «ist die desasteranfälligste Region der Welt. Die Zahl der Todesopfer sinkt zwar seit Jahren. Aber die wirtschaftlichen Verluste sind weiter hoch.»

83 Naturkatastrophen

Bisher haben 83 Naturkatastrophen in ganz Asien im Jahr 2012 3103 Tote gefordert. 64,5 Millionen Menschen wurden betroffen, und die wirtschaftlichen Schäden belaufen sich auf 15,1 Milliarden Dollar. Das Potenzial der zurzeit wirtschaftlich dynamischsten Region der Welt wird vor allem durch Überschwemmungen und Stürme bedroht. Die zwei Naturphänomene, die in direktem Zusammenhang mit Klimawandel und unterlassenem Umweltschutz stehen, forderten bisher im Jahr 2012 54 Prozent der Toten, hatten für 78 Prozent der Bevölkerung direkte Folgen und verursachten 56 Prozent aller ökonomischen Schäden.

«Wenn Asien nicht mehr zur Prävention von Naturkatastrophen unternimmt, können Desaster bald jeden ökonomischen Fortschritt stoppen», warnt Vinod Thomas von der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB).

Jerry Velasquez, Asien-Pazifik-Chef von UNISDR, sieht zwar Anlass zur Zuversicht. «Viele lokale Regierungen unternehmen mittlerweile eine Menge zum Schutz», sagt er. Aber die Verhältnisse in Megametropolen wie der thailändischen Hauptstadt Bangkok sprechen eine andere Sprache. Dort plant der lokale Gouverneur, die Erbauer von Hochhäusern von der Pflicht zu einer Umweltstudie vor jedem Projekt zu entbinden.

Überschwemmungsgebiete

Die Überschwemmungen des vergangenen Jahres, die Schäden in Höhe von 45 Milliarden US-Dollar verursachten, fielen so schlimm aus, weil zahlreiche Industrieparks in bekannten Überschwemmungsgebieten angesiedelt worden waren.

Auch im Compostela Valley auf Mindanao waren die Taifunschäden besonders schlimm, weil die lokalen Behörden zahlreiche Genehmigungen für den Bau von Gruben und kleinen Stollenbergwerken erteilt hatten. Beim Taifun füllten sie sich mit Wasser, untergruben das Erdreich und verursachten so zahlreiche Erdrutsche.

Illegale Abholzungen

«Wenn Sie sich an der Natur vergehen, wird die Natur sich rächen», lautete die späte Erkenntnis von Benito Ramos, dem Chef des philippinischen Katastrophenschutzes. Dank Bergbauaktivitäten und illegaler Abholzung sind nur noch 10 Prozent der Insel Mindanao mit Wald bedeckt.