Wer herausfinden will, ob er oder sie mit HIV infiziert ist, muss dafür ab heute nicht mehr zum Arzt.
Es ist noch nicht so lange her, da sprachen sich Gesundheitsexperten gegen die Zulassung von HIV-Tests für zu Hause aus. Ihre Skepsis ist inzwischen weg, vor allem weil die Produkte deutlich zuverlässiger geworden sind. Und gestern hat die Schweizerische Heilmittelbehörde Swissmedic die Abgabe solcher Selbsttests für Laien bewilligt.
Bereits ab heute Dienstag dürfen sie verkauft werden. Damit kann nun jeder und jede zu Hause überprüfen, ob er oder sie sich mit dem HI-Virus angesteckt hat. Bisher musste man in der Schweiz für einen HIV-Test zum Hausarzt, ins Spital oder sonst zu einer spezialisierten Teststelle. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Eidgenössische Kommission für sexuelle Gesundheit hatten vor kur- zem empfohlen, die Abgabe von HIV-Selbsttests zu bewilligen.
Beim BAG hofft man, dass der einfachere Zugang zu HIV-Tests mehr Menschen dazu bringt, eine allfällige Infektion abzuklären. Denn nicht alle Betroffenen seien sich bewusst, dass sie sich mit dem Virus angesteckt hätten. Das gelte hierzulande für schätzungsweise einen Fünftel aller Infizierten. Rund 20 000 Menschen in der Schweiz leben mit HIV, jedes Jahr kommen über 500 dazu. Erfahrungen in anderen Ländern haben laut BAG gezeigt, dass mit HIV-Selbsttests Personen erreicht werden können, die sich sonst möglicherweise nicht testen lassen.
Das bestätigt auch Daniel Seiler, Geschäftsführer der Aids-Hilfe Schweiz: «Die Selbsttests bieten eine zusätzliche und anonymere Möglichkeit, sich zu testen.» Denn: Nicht jeder Mensch gehe gleich offen mit seiner Sexualität um. «Der Besuch eines Arztes oder einer Teststelle ist für viele Menschen noch immer eine Hemmschwelle», so Seiler. Für Personen wiederum, die sich sowieso regelmässig testen lassen, böten Selbsttests mehr Kom- fort. Gleichzeitig betont Seiler: «Nach einer Risikosituation ist es weiterhin unerlässlich, schnell zum Arzt zu gehen.» Dieser kann eine vorbeugende Notfall-Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten einleiten. Diese senkt das Risiko einer allfälligen Übertragung von HIV.
In Europa gibt es bereits mehrere Modelle von Selbsttests die zur Eigenanwendung ausgelegt und als solche zertifiziert sind. Sie sind zu erkennen an der CE-Kennzeichnung auf der Packung und auf der Gebrauchsanweisung. Alle diese Modelle können theoretisch ab heute auch in der Schweiz verkauft werden. In europäischen Ländern kosten sie um die 20 Euro, je nach Land und Produkt.
Bis die ersten Tests in den Schweizer Regalen stehen werden, kann es dagegen noch dauern. Die Hersteller und Abgabestellen würden sich nun für den Verkauf einrichten, hiess es gestern beim BAG. Die Selbsttests wird man auch legal über das Internet kaufen können. Das BAG empfiehlt jedoch, diese in einer Apotheke oder einer Drogerie zu beziehen. Nur dort sei eine persönliche Beratung möglich und das Risiko, eine Fälschung oder ein nicht zugelassenes Modell zu erhalten, minim. Grundsätzlich dürfen die Selbsttests auch an anderen Orten angeboten werden, solange die gesetzlichen Grundlagen eingehalten werden.
Das Prinzip der Selbsttests ist simpel: Man sticht sich in eine Fingerbeere und nimmt einen Tropfen Blut. Diesen mischt man mit einer Testsubstanz. Nur 15 Minuten später weiss man bereits, ob man HIV-positiv ist oder nicht. Jedem Selbsttest muss gemäss dem BAG ein Beipackzettel beigelegt werden. Darin wird unter anderem erklärt, dass ein positives Testergebnis auf eine wahrscheinliche Ansteckung mit HIV hinweist. Betroffene Personen werden zudem angewiesen, sich so rasch wie möglich an einen Arzt oder eine professionelle Beratungsstelle zu wenden und das Ergebnis aus dem Selbsttest mit einem Labortest überprüfen zu lassen.