Wie überreicht man ein Geschenk oder was macht man, wenn man mit einem Geschenk überrascht wird, das einem gar nicht gefällt? Wir haben die Expertin für Stil und Umgangsformen, Catherine Tenger, aus Herrliberg gefragt, was man beim Schenken tun oder eher lassen sollte.
Catherine Tenger: Geschenke sind ein Ausdruck der Wertschätzung. Bei der Auswahl sollte daher immer im Vordergrund stehen, dass der Beschenkte dies auch so wahrnimmt.
Tenger: Oft werden bei Essenseinladungen zu viele Mitbringsel überreicht – die Gastgeberin bekommt einen Blumenstrauss, der Gastgeber eine Flasche Wein, die Kinder ein Spielzeug und der Hund einen Knochen.
Doch ein Geschenk von den Gästen für das Gastgeberhaus genügt. An Weihnachten hängt es ganz von den Gewohnheiten und Traditionen unter Freunden und in der Familie ab, wie viel geschenkt wird. Geschäftspartner dürfen aufgrund ihrer Firmenrichtlinien oft keine wertvollen persönlichen Geschenke annehmen. Daher ist es besser, es bei kleinen Aufmerksamkeiten zu belassen.
Tenger: Übertrieben grosszügige Geschenke können den Beschenkten in Verlegenheit bringen, und was gut gemeint ist, endet oft in der bangen Frage des Empfängers, wie er das wieder ausgleichen soll.
Tenger: In nahen Beziehungen kann man nachfragen, ob man die richtige Wahl getroffen hat oder nicht. Bei förmlichen Beziehungen nimmt man das Ausbleiben des Freudenrufs souverän hin.
Tenger: Die Lautstärke ist nicht entscheidend – Freude sollte ungekünstelt geäussert werden und authentische Freude kommt bei jedem Menschen anders zum Ausdruck.
Tenger: Mit der linken Hand. Die rechte bleibt zum Begrüssen, Beglückwünschen oder Bedanken frei.
Bei einem Blumenstrauss wird vor dem Überreichen das Papier entfernt, ausser es handelt sich um eine durchsichtige Folie. Stilgerecht nimmt der Beschenkte einen Blumenstrauss mit beiden Händen entgegen. Geschenke sollte man keinesfalls in der Einkaufstüte überreichen, sondern vorher herausnehmen.
Tenger: Ein Geschenk wird meistens schön verpackt überreicht. Die Verpackung sollte dem Inhalt entsprechen, nicht zu simpel oder zu protzig ausfallen.
Ein liebevoll verpacktes Geschenk bereitet dem Empfänger schon vor dem Öffnen Freude.
Tenger: Der französische Schriftsteller Jean de la Bruyère sagte: «Es ist schön, den Augen dessen zu begegnen, dem man soeben etwas geschenkt hat.» So packt der Beschenkte sein Präsent normalerweise bei Erhalt in Gegenwart des Schenkenden aus.
Bei einem grösseren Fest ist es besser, die Geschenke an einem Platz zu sammeln und den Namen des Schenkenden zu notieren, wenn keine Karte am Päckchen ist. Man möchte sich ja bei der richtigen Person bedanken können.
Tenger: Nur bedingt, zum Beispiel bei sehr guten Bekannten, Freunden oder in der Familie. Dann aber sehr taktvoll und ohne zu verletzen.
Ansonsten lieber den Schenkenden mit einer kleinen Lüge erfreuen als mit der Wahrheit kränken.
Tenger: Solange man die Gefühle des Schenkenden nicht verletzt. Und das wird selten der Fall sein. Daher lieber nicht; es sei denn, der Schenkende wird es nie erfahren.
Tenger: Es gibt eine Statistik darüber, wie wenige der verschenkten Gutscheine jemals eingelöst werden.
Und diese Zahl ist ausserordentlich hoch. Das ist schade. Daher rate ich von Gutscheinen ab. Über Geldgeschenke freuen sich vor allem Jugendliche, die auf etwas hin sparen oder lieber selber etwas aussuchen, statt sich auf den Geschmack der Grosseltern zu verlassen. Bei gleichberechtigten Beziehungen sind Bargeldgeschenke eher stillos.
Tenger: Es muss nicht im gleichen Umfang sein. Aber die schenkende Person freut sich im nachhinein nochmals über ein spezielles Dankeschön, zum Beispiel mit einem Foto davon, wie das Geschenk eingesetzt wird.
Tenger: Nein. Es ist abhängig von der Rolle der betroffenen Personen in der gegenwärtigen Situation. Das Geschenk vom Chef darf man ruhig annehmen ohne sich dafür revanchieren zu müssen. Und das Geschenk der eingeladenen Gäste muss ein Gastgeber auch nicht retournieren.
Tenger: Nein, das ist völlig in Ordnung, solange alle damit einverstanden sind und das auch von allen konsequent eingehalten wird. Manche beschliessen auch, stattdessen Geld für einen guten Zweck zu spenden.
Tenger: Hier einige Beispiele internationaler Gepflogenheiten: In Ägypten
sind hochwertige westliche Geschenke, Kleinigkeiten für Kinder und Blumen für Kranke und zu Hochzeiten geeignet. In Asien muss man bei Präsenten für Geschäftspartner auf die Firmenhierarchie achten. Der «Grösste» muss das grösste Geschenk erhalten. Japanern schätzen klassische Musik und Koreaner lieben deutschsprachige Volkslieder, Blumen und beste Spirituosen.