Das eigene Mass finden

Nicht schon wieder ein neues Diätbuch, war der erste Gedanke, als wir Julia Onkens «Zurück ins Gleichgewicht» in die Finger bekamen. Erfahrungsberichte verkaufen sich bestens – «ich war esssüchtig», gesteht die Autorin auch gleich zu Beginn.

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Nicht schon wieder ein neues Diätbuch, war der erste Gedanke, als wir Julia Onkens «Zurück ins Gleichgewicht» in die Finger bekamen. Erfahrungsberichte verkaufen sich bestens – «ich war esssüchtig», gesteht die Autorin auch gleich zu Beginn. Aber sie vergeht nicht in Selbstmitleid und zählt nicht nur ihre Diätversuche auf, sondern sie handelt.

Sie stellt drei Gruppen mit Frauen verschiedenen Alters zusammen, die sich zwei Jahre lang mit dem Thema «Übergewicht» befassen. Wie war es dazu gekommen, dass sie alle, obwohl sie kein Übergewicht hatten zulegen wollen, doch stetig zugenommen hatten? Welche Mechanismen waren am Werk? Ihre Erzählungen lassen erkennen: Bei den meisten war der Wunsch, abzunehmen, zu einem Zeitpunkt entstanden, als sie durchaus normalgewichtig waren. «Es muss eine grundsätzliche Bereitschaft vorhanden gewesen sein, uns selbst, so wie wir waren, nicht anzunehmen – wir waren uns, unserem Körper abhanden gekommen», schreibt Psychologin Onken. «Wer Diät hält, ist bereit, einen Krieg gegen sich selbst zu führen, und begibt sich in die Gefahr, diesen Krieg zu verlieren.» Der erste Schritt: wieder lernen, auf sich zu hören, auch auf die eigene Kritik- und Urteilsfähigkeit. Sie regt an, mit sich selbst wieder fürsorglich umzugehen und sich daher auch mit den Essgewohnheiten näher zu befassen. Auch das Trinken werde vernachlässigt, mit ungewollten Folgen – «wir essen nicht zu viel, weil wir unter schwerwiegenden psychischen Störungen leiden, sondern weil wir verlernt haben, auf unsere natürlichen Körperbedürfnisse zu achten».

So ändert sich nach und nach der Fokus der Frauen: Sie wollen nicht mehr einfach Gewicht verlieren, sondern vor allem ins Gleichgewicht kommen und auf ihre eigene Körperintelligenz hören. Und das veränderte Essverhalten wirkt sich mit einem Male aufs Gewicht aus. Ermutigend!

Julia Onken: Zurück ins Gleichgewicht. Becksche Reihe, München 2008. Fr. 18.20