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Leben
Thomas Williams (54) ist Rom-Korrespondent der US-amerikanischen News-Organisation Breitbart, die Donald Trump mit ihren Artikeln zum Wahlsieg verholfen hat. Ein Gespräch über seinen Freund Steve Bannon, das Vorbild Schweiz und die Frage, warum Trump besser nie mit dem Weintrinken anfangen sollte.
Thomas Williams ist so was wie Steve Bannons Ohr in Europa. Man würde es dem nett lächelnden Herrn mit der sanften Stimme zwar nicht geben. Aber er steht seit drei Jahren im Dienst von Breitbart, der rechten News-Organisation, die mitverantwortlich war für Donald Trumps überraschenden Wahlsieg im vergangenen November.
An der Spitze von Breitbart steht Bannon, Trumps ehemaliger Chef-Berater. Schon vor seinem (temporären) Umzug ins Weisse Haus führte der ehemalige Investment-Banker die rechte Breitbart-Redaktion und wollte in Rom einen Späher installieren, der mit kritischem Blick über Migrationsprobleme, die Verfolgung von Christen und Populismus in Europa schreibt.
Bannon rief seinen alten Freund Thomas Williams an, der seit Jahren in Italien lebte und als Theologe an päpstlichen Hochschulen lehrte. Das war vor drei Jahren. Breitbart war damals noch ein Nischenprodukt.
Heute gilt die Organisation als einflussreichste Stimme des rechten Amerikas. Und Thomas Williams ist ihr Mann auf dem Alten Kontinent. Am Rande des SwissMediaForum in Luzern nahm er sich eine Stunde Zeit für die «Schweiz am Wochenende».
Thomas Williams: Ich habe mich vor drei Jahren nach einem neuen Job umgesehen und dann rief mich mein Freund Steve Bannon an, den ich seit vielen Jahren kenne. Er hat mich gefragt, ob ich nicht das neue Rom-Büro von Breitbart führen möchte.
Ich wusste bei Steves Anruf noch gar nicht, was Breitbart überhaupt ist. Ich musste das erst mal googeln. Und um ehrlich zu sein: Ich war nicht eben beeindruckt. Steves Angebot aber tönte spannend. Er wollte, dass ich vom Zentrum der Alten Welt aus über die Kirche und den Vatikan schreibe, aber eben auch über politische Themen wie Migration, Christen-Verfolgung und populistische Parteien in Europa.
Das haben Sie jetzt gesagt.
Wir sind Freunde und haben eine Weile lang täglich zusammen eine Radiosendung gestaltet. Ich bewundere ihn sehr, er ist ein brillanter Denker. Und – auch wenn er vielerorts anders dargestellt wird – Steve Bannon ist ein sehr guter Zuhörer ...
Der 54-jährige Amerikaner hat Wirtschaft und Theologie studiert und an der Päpstlichen Universität Heiliger Thomas von Aquin in Rom Ethik unterrichtet. Seit 2014 ist er Rom-Korrespondent für Breitbart und schreibt über Migration, Populismus und die Katholische Kirche. Williams beherrscht acht Sprachen, darunter Latein und Alt-Griechisch. Er ist persönlich mit Breitbart-Boss und Ex-Trump-Berater Steve Bannon befreundet und ein überzeugter Unterstützer des amerikanischen Präsidenten. Er ist Autor von 15 Büchern, darunter «Gott ist grösser, als ihr glaubt» und «Wie kann ich Gott vertrauen?».
Ich stimme nicht mit all seinen Positionen überein. Ich habe manchmal auch Mühe mit seinem Tonfall. Er ist ein militärischer Mann, er glaubt, er sei mitten in einem harten Kampf und müsse aggressiv auftreten, um gehört zu werden. Ich habe ihm auch schon gesagt, dass ich manche der Breitbart-Headlines viel zu aggressiv finde. Auch seine extreme Angst vor den Folgen der Massenmigration teile ich nicht.
Das hat er noch nie gemacht. Er hat sich noch nie in meine Arbeit eingemischt. Bei manchen Themen, die Breitbart anpackt, sage ich von Anfang an, dass ich nicht darüber schreiben werde, weil ich anderer Ansicht bin als Bannon. Das war bisher noch nie ein Problem.
Nein, das bin ich nicht. Ich bin ein Konservativer, aber ich würde es beispielsweise nicht ausschliessen, auch mal für einen demokratischen Präsidentschaftskandidaten zu stimmen.
Nein, ich habe Trump gewählt. Ich fand beide Kandidaten, Hillary und Trump, nicht wirklich gut. Aber ich dachte mir, dass niemand schlimmer sein kann als Hillary. Und wenn ich mir anschaue, was Trump in seiner Zeit als Präsident gemacht hat, dann muss ich sagen: Ich bin froh, dass ich ihn gewählt habe.
Natürlich hat er peinliche Dinge getan. Und ich mag auch seinen Stil nicht, um ehrlich zu sein. Aber ich bleibe dabei. Er war die richtige Wahl.
Das bin ich auch. Er ist wirklich sehr harsch und beleidigend manchmal. Das elfjährige Video, zum Beispiel, das während des Wahlkampfs auftauchte ...
Genau, das war schon sehr beschämend.
Nun, ich habe schlimmere Dinge getan in meinem Leben. Wenn ich auf Vergebung hoffen darf, dann sollte man auch Trump für seine Aussage vergeben können.
Das Video wurde nur deshalb publik, weil jemand Trumps Kampagne Schaden zufügen wollte. Breitbart wollte da nicht mitmachen. Wir wollten ihn deswegen nicht gleich abschiessen.
Nachrichten bestehen immer aus einer bewusst getroffenen Auswahl an Themen, über die man berichtet. So ist das in den Medien. Nicht nur bei Breitbart, auch bei der «New York Times» zum Beispiel. Die lässt auch manches weg, über das man berichten könnte.
Was er da gemacht hat, das war zutiefst entwürdigend. Es war falsch. Trotzdem war er der beste Kandidat, den wir zur Auswahl hatten.
Ich glaube nicht, dass er sehr religiös ist, nein. Aber es scheint mir, als sei er religiöser geworden in den Monaten seit seiner Wahl. Er öffnet sich offensichtlich langsam für den Glauben. Das hat etwa seine tief religiöse Ansprache im Sommer im polnischen Warschau gezeigt. Das war ein glanzvoller Moment seiner Präsidentschaft.
Das kann ich nicht sagen. Ich denke, es ist ein bisschen vermessen, zu behaupten, man kenne Gottes Willen.
(lacht) Vielleicht, dass man Erfolg nicht nur an wirtschaftlichen Errungenschaften messen sollte. Was uns erfolgreich macht, ist vor allem Tugendhaftigkeit. Das scheint er hie und da zu vergessen.
Leider gar nicht, ich hatte keine Gelegenheit, dabei zu sein. Aber sowohl er als auch der Papst scheinen zufrieden gewesen zu sein mit dem Besuch.
Grundsätzlich ist es an ihm, das zu entscheiden. Ich fände es persönlich besser, wenn er sich etwas zurücknehmen würde. Er bringt die Kirche mit seinen Äusserungen immer wieder in Bedrängnis. Ich bin ein starker Verfechter der Trennung zwischen Kirche und Staat. Und ich finde, dass er diese Trennung nicht immer klar zieht.
Der Papst braucht diese Brücken-Metapher häufig. In diesem spezifischen Fall hat der Journalist, der den Papst nach seiner Meinung fragte, die Aussage so provoziert. Das war noch bevor Trump überhaupt als Kandidat feststand. Ich denke, der Papst hat ihn damals noch gar nicht gekannt. So oder so: Ich finde, wir brauchen die Mauer.
Sehen Sie, als Trump zum ersten Mal davon sprach, dachte ich auch, das sei eine dumme Idee. Aber die USA haben eine sehr durchlässige Grenze zu Mexiko. Die Mauer hindert Migranten nicht daran, ins Land zu kommen. Aber sie zwingt sie, das auf legalem Weg zu tun.
Thomas von Aquin zu lesen, ist immer weise. Man muss ihm ja nicht wortwörtlich folgen, aber seine Ansichten können uns helfen, unsere eigene Perspektive zu überdenken. Mit dem Artikel wollte ich zeigen, dass man auch als gläubiger Mensch nicht automatisch für offene Grenzen sein muss.
Da gebe ich Ihnen recht. Amerikaner könnten viel profitieren, wenn sie mehr Thomas von Aquin lesen würden.
Mit dem Artikel hatte ich nichts zu tun. Aber ja, Breitbart will auf die Folgen der Migration aufmerksam machen. Wir wollen, dass sich die Leute Sorgen machen.
Ich mag den Begriff nicht. Er macht vieles kaputt. Trump verwendet ihn strategisch geschickt. Ich verstehe seine Überlegungen dahinter. Aber ich finde den Begriff daneben.
Sie bewundern die Schweiz für ihre Unabhängigkeit. Anders als viele andere europäische Länder habt ihr eure Macht nicht an Brüssel abgetreten. Dass ihr dem Druck standhaltet, das erstaunt viele.
Diese Kritik ist berechtigt. Manchmal muss bei Breitbart alles sehr schnell gehen. Ich schreibe dann bis zu drei Artikel an einem Tag. Da habe ich dann keine Zeit mehr für journalistischen Tiefgang.
Das ist sehr schlecht, finde ich. Nur schon die Tatsache, dass Sterbehilfe hier erlaubt ist, erhöht den Druck auf alte und kranke Menschen. Ich bin überzeugt, manche entscheiden sich nur deshalb, mit der Sterbehilfe aus dem Leben zu gehen, weil sie ein schlechtes Gewissen haben und ihre Familie nicht länger belasten wollen. Das ist doch schrecklich.
Das wäre schön, ja.
(lacht) Einiges! Aber ehrlich, wenn ich mir sein Temperament anschaue, dann ist es ganz gut, dass er nicht trinkt. Er hat schon nüchtern genug Inbrunst und Leidenschaft. Wenn er trinken würde, wäre er gefährlich.