Die Region Lika ist vor allem wegen der Plitvicer Seen bekannt. Das soll sich ändern. Neue Angebote sollen mehr Touristen in eine noch unbekannte Gegend locken.
Kroatien ist vor allem für eines bekannt: Seine atemberaubenden Strände. Jahr für Jahr reisen im Sommer zahlreiche Sonnenhungrige an die Adriaküste, um sich zu entspannen. Manch einer besucht auch Gebiete im Landesinneren. Ein beliebtes Ausflugsziel sind etwa die Plitvicer Seen. Doch der Nationalpark ist nicht die einzige Sensation der Region. Lika – wie das Gebiet rund um das Waldschutzgebiet und das Velebit-Gebirge genannt wird – hat viel mehr zu bieten, als nur einen Tagesausflug zu den weltbekannten blaugrünen Seen. Während der Sommermonate strömen täglich zwischen 14'000 bis 16'000 Besucher in den ältesten und grössten Nationalpark Kroatiens. Seit ihn die Unesco vor fast 40 Jahren ins Verzeichnis des Weltnaturerbes aufgenommen hat, steigt die Zahl der Besucher kontinuierlich: im vergangenen Jahr kamen über 1,6 Millionen Menschen. «Wir haben Leute aus ganz Europa zu Besuch. In den vergangenen Jahren reisten auch immer mehr aus Japan, Korea und Amerika an», sagt die Führerin Marijana Crnković.
Was nach lukrativen Zahlen klinge, werde längerfristig zum Problem. Die Natur leide zusehends unter den Besucherströmen, erzählt Crnković. «Damit das Ökosystem im Nationalpark unbeschadet bleibt, haben wir beschlossen, die Besucherzahlen einzudämmen und bestehende Angebote in der Region auszubauen.» Denn obwohl auch Tätigkeiten wie Wandern, Klettern, Velotouren oder auch Kajakfahrten möglich seien, machen viele Reisende nur für einen Rundgang an den Plitvicer Seen Halt.
Klaudija Racic kennt das Gebiet um Lika seit über 40 Jahren. Die gebürtige St. Gallerin führt seit 2005 ihr eigenes Reiseunternehmen namens Croaticum und organisiert Rundreisen in ganz Kroatien.
«Das imposante Velebit-Gebirge in der Region bietet einen ruhigen Ausgleich zur etwas hektischeren Küste.»
«Mit den Wäldern, den Seen und Flüssen oder den unzähligen Trinkwasserquellen ist hier die Natur noch so, wie sie einst war: unberührt», sagt sie. Dass den meisten nur der Nationalpark bekannt sei, hänge damit zusammen, dass den Touristen weitere Möglichkeiten bisher kaum kommuniziert wurden. «Die neu gegründete Interessensgemeinschaft LAG-Lika will das ändern und hat sich zum Ziel gesetzt, Angebote aus umliegenden Orten wie Lovinac oder Gospić aktiv bekannter zu machen», sagt Racic. Nicht nur die Infrastruktur solle weiter ausgebaut werden, sondern auch die Zusammenarbeit mit den lokalen Bauern. Denn in der Region Lika kommt man auch kulinarisch auf seine Kosten. Lokale Spezialitäten wie Prsut (Rohschinken), ein knirschender Käse namens Škripavac, besondere Sauerkrautgerichte oder auch Lamm vom Spiess gebe es hier.
«Lika ist zudem landesweit bekannt für die besten Kartoffeln»
Traditionell wird der «Lički Krumpir», wie die Kartoffel genannt wird, zusammen mit Gemüse und Rindfleisch in einem grossen Metallgeschirr unter einem gusseisernen Deckel mehrere Stunden gegart. «Hungrig geht man hier nicht ins Bett.»
Eine zweitägige Reise durch das Gebiet versetzt nicht nur den Gaumen in Hochstimmung. In den umliegenden Ortschaften stecken auch einige Geheimnisse. In der Stadt Gospić etwa, die rund eine Stunde von den Plitvicer Seen entfernt liegt. Aus dem kleinen Dorf stammt Erfinder Nikola Tesla. Der Wissenschafter wurde hier als Sohn eines orthodoxen Priesters geboren. «Noch heute ist die Region stolz, die Heimat einer so bedeutenden Person zu sein», sagt Nikolina Krpan. Anlässlich seines 150. Geburtstages und ihm zu Ehren wurde 2006 ein Museum eröffnet, dass die 34-Jährige seither leitet. Interessierte können in Teslas ehemaligem Geburtshaus in sein Leben eintauchen. «Von Zeugnissen, Ideenskizzen, alten Briefen an Albert Einstein bis hin zu amerikanischen Universitätsurkunden findet sich alles hier.»
Ein bisher einzigartiges Angebot finden Naturliebhaber nach 30 Autominuten in Velika Plana. Mitten im Nirgendwo steht die private Gästefarm Linden Tree Retreat & Ranch von Bruce Yerkovich. «Ich wollte schon immer einen Rückzugsort in absoluter Ruhe schaffen. Viele sind immer so gestresst vom Alltag, dass sie die Schönheit der Natur kaum noch geniessen können», sagt er. Hier in Velika Plana verwirklichte er seinen Traum und schuf einen Ort der Erholung. Seine Gäste können in den geschützten Wäldern des Velebit-Gebirges in echten Indianerzelten übernachten, einen Ritt auf seinen Pferden auskosten und selbstgekochte Gerichte geniessen. Die Verbundenheit zur Natur zeigt sich beim Farmbesitzer auch auf dem Teller. «Meinen Gästen tische ich nur Sachen aus dem eigenen Garten auf.» Yerkovichs Farm ist ein Vorzeigeprojekt und zeigt, welche Möglichkeiten die Region Einheimischen mit Herzblut bietet.
Auch Hrvoje Racic hat seit Jahren eine Passion. Der Kroate war zehn Jahre lang Bürgermeister von Lovinac und will im Städtchen den Tourismus weiter voranbringen. «Wie schön wäre es, wenn Sie während des Skifahrens zum Meer blicken könnten?», fragt er provokativ, als er über seine Vision spricht. Er plane den Bau des grössten Skilifts Kroatiens, der von Lika über das Velebit-Gebirge hinunter an Zadars Küste führe. «Die Leute sollen sich auf rund 70 Kilometer Piste austoben können.» Das Projekt wird zwar seit Jahren aus politischen Gründen blockiert, doch Racic gibt nicht auf. Denn: Seine Hartnäckigkeit hat sich schon einmal ausbezahlt. Vor Jahren lancierte er den ersten Skilift in Lovinac. «Aus ganz Kroatien kommen seither Leute zum Skifahren.»
Eine Fahrt mit dem Auto hoch ins Velebit-Gebirge beweist, wieso Hrvoje Racic an seiner Vision festhält. Die Steinmassive wirken ehrfürchtig, oben auf dem Berg weht eine frische Bise, der Duft von Kräutern hängt in der Luft. Von einem Aussichtspunkt erblickt man schliesslich die Küstenstadt Zadar. Diese atemberaubende Kulisse inspiriert nicht nur Wanderer und Bergsteiger, sondern auch Filmemacher und Filmfans. In den 60er-Jahren wurden hier diverse Winnetou-Filme gedreht. «Und genau diese Vielfalt zeigt, dass die Region Lika eben mehr wert ist, als nur ein Stop an den Plitvicer Seen», sagt Racic.
Anreise: Germania fliegt von Mai bis Oktober jeweils samstags direkt von Zürich nach Zadar. Zwischen Juni und Oktober zusätzlich auch mittwochs. Alternativ können Flüge auch bei Croatia Airlines oder Swiss gebucht werden. Die Kosten pro Person liegen zwischen 200 bis 500 Franken. www.croaticum.ch, www.flygermania.com
Unterkunft: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in der Region Lika zu übernachten: Hotels, Appartements, Ferienhäuser oder auch Hostels. Zu empfehlen sind etwa das Hostel Sveti Rok, die Gästefarm Linden Tree Resort, die Pansion Plitvicka Villa, das Resort Fenomen oder auch die Privatunterkunft Banica Appartements.
Essen: Die Region Lika ist bekannt für ihre Kartoffel «Lički Krumpir». Sie gilt als die beste des Landes. Serviert wird die Lika-Kartoffel als Peka. Ein traditionelles Abendessen, wobei das Fleisch zusammen mit Kartoffeln und Gemüse mehrere Stunden gegart wird. Speziell ist auch der Kuhmilchkäse Škripavac.
Reisen im Land: Zadar ist die nächstgelegene Küstenstadt. Von Lovinac ist man in 30 Minuten am Strand. Die Hauptstadt Zagreb ist drei Stunden entfernt. (lex)
Dieser Bericht entstand im Rahmen einer Pressereise, zu der Croaticum und Germania eingeladen hatten.