Gemüse mit Bitterstoffen gehören zu den heilkräftigsten überhaupt, trotzdem drohen sie aus unserem Speiseplan zu verschwinden. Mit diesen Rezepten werden Sie ihnen aber garantiert schmecken.
Erinnern Sie sich noch, wie vor 30 Jahren Chicorée schmeckte? Der innere Spross war gallenbitter, und die meisten Leute entfernten ihn vor dem Essen. Selbst die äusseren Blätter wurden in Milch eingelegt und mit Mandarinenschnitzen serviert, um die Bitterkeit etwas abzumildern. Das ist heute nicht mehr nötig. Die meisten im Grosshandel erhältlichen Chicorée sind heute mild wie ein Kopfsalat. Gut für den Verkauf, schlecht für unsere 25 Bitter-Rezeptoren auf der Zunge, die bald völlig verschwinden könnten, und noch schlechter für unsere Gesundheit. Denn wie schon die Äbtissin und Universalgelehrte Hildegard von Bingen vor mehr als 800 Jahren wusste:
«Bitterstoffe regen Stoffwechsel, Verdauung und Magensäfte an.»
Daran darf man ruhig heute noch glauben, sagt Ute Wölfle, Zell- und Molekularbiologin am Universitätsklinikum Freiburg. Sie erforschte die Verwendung der Bitterstoffe und sagt: «Bitterstoffe sind wichtig, um die zugeführte Nahrung optimal zu verwerten.» Denn sie steigern Wölfle zufolge die Speichel- und die Magensaftproduktion, regen die Tätigkeit von Galle und Bauchspeicheldrüse und somit die Fettverdauung an, unterstützen die Lebertätigkeit und regen die Mobilität des Magen-Darm-Traktes an. «Gleichzeitig wird der Heisshunger auf Süsses gestillt», so Wölfle. Und mehr: «Inzwischen ist zudem bekannt, dass auch die Blutbildung positiv beeinflusst wird, Bitterstoffe sich auch auf jene Organe auswirken, die über Bitterstoff-Rezeptoren verfügen – beispielsweise auf die Lunge und die Haut.»
Bitterstoffe wären also mehr als nur ein bisschen gesund für uns. Das Problem: sie verschwinden immer mehr von unserem Speisezettel und sogar aus dem Gemüse. Denken Sie nur an die Aubergine, die man früher mit Salz bestreute, weil sie so bitter war und man ihr die Bitterstoffe dadurch entziehen wollte. Das ist bei den heutigen Auberginen nicht mehr nötig.
Der Ernährungswissenschafter Uwe Knop sagt, dass das Verständnis von bitter heute ein anderes ist als etwa im Mittelalter. Bitterstoffe wurden im Laufe der Zeit aus den Pflanzen entfernt. «Weisse, richtig schön bittere Grapefruits kennt man nur noch aus Erzählungen älterer Generationen», sagt Knop.
Dass in den Nahrungsmitteln von heute viel weniger Bitterstoffe als früher enthalten sind, hat mit der modernen Landwirtschaft zu tun. Pflanzen bilden Bitterstoffe als Abwehr gegen Fressfeinde. Und wenn Pestizide beim Gemüseanbau verspritzt werden, brauchen die Pflanzen diese natürliche Abwehr nicht mehr selbst zu produzieren.
Darüber hinaus wurden viele Pflanzen, zum Beispiel Gurken oder Salate, so gezüchtet, dass sie weniger Bitterstoffe enthalten, weil man meinte, dass die Kunden sie nicht mögen. So wurde in den letzten Jahrzehnten unbewusst auch unser Geschmack manipuliert: der Gaumen von Herrn und Frau Schweizer reagiert deshalb viel empfindlicher auf kleine Mengen an Bitterstoffen, weil er sie nicht mehr gewohnt ist.
Essen Sie Endivien, Rucola, Radicchio, Spinat oder Kohl. Sie bringen viel Vitamin C und wertvolle Mineralstoffe mit.
Brokkoli, Oliven, Artischocken, Rucola und Grapefruits sind ebenfalls bitter und wirken sich positiv auf Ihre Abwehrkräfte und die Verdauung aus.
Kräuter und Gewürze Verwenden Sie weniger Salz, und verfeinern Sie Ihre Speisen mit Wermut, Löwenzahn oder Petersilie. Aber auch in den gängigen Kräutergewürzen wie Salbei, Thymian, Beifuss oder Rosmarin finden sich Bitterstoffe.
Dunkle Schokolade Sie ist ebenfalls bitter und damit wesentlich gesünder als Milchschokolade. Ihr Körper freut sich über die Bitterstoffe und über weniger Zucker und Fett.
Der Ernährungswissenschafter Kop empfiehlt den Genuss relativ bitterer Früchte wie Radicchio, Artischocken, Grapefruit oder Löwenzahn – mit einer Einschränkung: «Wichtig ist natürlich, dass man bitteres Obst, Gemüse und Kräuter verträgt, sprich dass der Magen-Darm-Trakt nicht rebelliert.» Dass man sich extra bittere Tropfen wie die «Bitter Liebe» kauft, davon verspricht sich Knop nicht viel. Als Grund führt er an, dass sie nicht als Arzneimittel zugelassen sind. Sie seien Nahrungsergänzungsmittel und dürfen von Gesetzes wegen keine erkennbare Wirkung ausüben, so Knop.
Statt sich Bittertropfen zu kaufen, rät er, sich in Bioläden, auf Gemüsemärkten und Hofläden nach alten Gemüsesorten umzusehen, die ihren ursprünglichen Geschmack bewahrt haben und noch schön bitter schmecken. Wie haben für Sie drei besonders leckere Rezepte zusammengestellt, siehe unten in den Links.