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Das Geschwister-Duo Zibbz wird die Schweiz am Eurovision Song Contest mit dem Song «Stones» vertreten. Wer sind Co und Stee Gfeller und welche Chancen rechnen sie sich in Portugal aus?
Nach ihrem Sieg im Schweizer Finale zum Eurovision Song Contest waren die Geschwister Co und Stee Gfeller auf intensiver Interview-Tour in der Schweiz. Wir konnten die Beiden telefonisch bei einem Tankstopp erreichen.
Herzliche Gratulation, haben Sie nach ihrem Sieg noch kräftig gefeiert?
Co Gfeller: Wir haben nur wenig gefeiert. Geschlafen haben wir trotzdem nicht viel. Wir trafen uns gleich zu einer Sitzung, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Wir wurden sofort ins kalte Wasser geworfen.
Ihr Ziel ist der Final in Portugal. Wieso glauben Sie an Ihren Erfolg?
Co: Ob wir Erfolg haben werden, wissen wir natürlich nicht. Unser Vorteil ist, dass wir als Geschwister-Paar auffallen werden. Unser Vorbild ist das holländische Duo Common Linnets, das 2014 für Holland am ESC antrat und überzeugte. Wir geben einfach alles und werden sicher nicht im Glitzerkostüm auftreten.
Co (Corinne, 32) und Stee (Stefan, 30) Gfeller setzten sich im Schweizer ESC-Final souverän gegen fünf Kandidaten durch. Sie gewannen sowohl die Abstimmung der internationalen Jurys als auch das Televoting der Zuschauer.
Schweizer haben es am ESC schwer. Keine Angst vor «zero points»?
Co: Wenn man davor Angst hat, dann darf man nicht mitmachen. Für uns ist es ein Sieg, dass wir überhaupt auf dieser Bühne stehen dürfen und uns diesem Millionenpublikum präsentieren dürfen.
Stee Gfeller: Wir rechnen uns schon Chancen aus. Im letzten Jahr hat Timebelle den Final nur ganz knapp verpasst.
In der Schweiz hat der ESC nicht das beste Image. Für DJ BoBo und die Lovebugs bedeutete der ESC ein Karriereknick. Wieso macht ihr trotzdem mit?
Stee: Wir wurden von der Suisa eingeladen, um am Songwriter-Camp für den ESC teilzunehmen. Es ging damals nur um den Song. Ob wir selbst kandidieren würden, war offen. Der Song gefiel uns dann so gut, dass wir ihn selbst interpretieren wollten.
Das Interview wird unterbrochen. Ein Passant an der Tankstelle erkennt das Geschwisterpaar und gratuliert ihnen: «Ich muss euch ein Kompliment machen. Ihr seid Super-Musiker und sympathisch». Co freut sich: «Jö, so herzig. So spontane Reaktionen sind in der Schweiz mega selten.»
Sie sind im aargauischen Freiamt aufgewachsen, leben heute in Gisikon (LU) und Los Angeles. Fühlen Sie sich jetzt als Schweizer, Amerikaner, Luzerner, Aargauer oder Freiämter?
Co: Wir sind ganz klar Freiämter. Wir sind in Waltenschwil geboren und aufgewachsen. Das würde ich als mein zu Hause bezeichnen. Ich kenne dort alle Wälder, Felder und Wege. Danach sind wir in die Nachbargemeinde Boswil gezogen, wo wir fast zwanzig Jahre lebten. Erst vor zwei Jahren sind wir nach Gisikon gezogen.
Stee: Unser zu Hause war von Musik und Pferden geprägt. Wir sind die Musiker, meine andere Schwester ist Western-Reit-Champion. Wir sind richtige Landeier, sind aber in Zürich in die Schule gegangen, weil unsere Mutter dort Lehrerin war. Jetzt ist als weitere Destination noch Los Angeles dazu gekommen. Eigentlich waren wir immer unterwegs.
Wie wurden Sie musikalisch sozialisiert?
Stee: Uns wurde die Musik in die Wiege gelegt, sind in einer Musikerfamilie aufgewachsen. Meine Mutter spielte Schlagzeug, mein Vater Gitarre und Bass. In jungen Jahren bin ich mit meinem Vater aufgetreten. Danach habe ich in an der Wiam (Winterthurer Institut für aktuelle Musik) studiert.
Co: Ich habe mich früh auf Gesang und Tanz festgelegt. In der Band des Jugendzirkus Biber haben wir erste musikalische Erfahrungen gesammelt. Später besuchte ich eine Musicalschule in London, wo ich Gesang, Tanz und Schauspiel studierte.
Und dann hat euch Gölä entdeckt?
Stee: Nicht direkt. Meine Eltern kannten die Keiser Twins, Peter und Walter Keiser, die auch bei Gölä spielen. Sie haben Co als Backing-Sängerin bei Gölä vorgeschlagen.
Ihr lebt seit einiger Zeit von der Musik. Was sind eure Einnahmequellen?
Co: Zibbz gibt’s schon seit zehn Jahren. Beim TV-Sender Joiz hatten wir eine eigene Sendung. Heute leben wir von Konzertgagen unserer Band, Gölä, Bligg, Art On Ice, Basel Tatoo, Salto Natale und so weiter. Dazu singe ich Radio-Jingles.
Stee: Wir machen viele Studio-Jobs. L.A. ist auch zur Musik- und Studiostadt geworden, zur Stadt der Spinner und Träumer.
In Online-Kommentaren zu eurem gestrigen Sieg wird gegen den ESC gewettert. Es würden Gelder der Gebührenzahler verlocht. Neu ist, dass der ESC in Zusammenhang mit «No Billag» genannt wird. Wie steht Ihr dazu?
Co: Wir sind Musiker und brauchen das Schweizer Fernsehen. Wir sind froh, wenn es SRF weiterhin gibt.
Ist denn der ESC Service Public?
Co: Für mich auf jeden Fall. Dazu ist es direkte Kulturförderung. Das haben wir jetzt im Schweizer Finale gesehen. Komponisten und Interpreten aus allen Landesteilen konnten sich mit ihren Lieder einem grossen Publikum präsentieren und wir können es jetzt sogar in Portugal beim weltweit grössten Festival tun. Das Schweizer Fernsehen hat das ermöglicht. Dafür sind wir als Musiker dankbar.
Wie geht es jetzt weiter?
Stee: Wir müssen ein Konzept für die Inszenierung in Portugal zusammenstellen. Sie wird sicher anders werden als am Schweizer Finale. Dazu kommt die Produktion eines Videos. Konkret ist noch nichts, aber wir wollen uns nicht verbiegen. Wir wollen uns selber bleiben und authentisch auftreten.