Als Schweizer Erstaufführung bringt das Theater Parfin de siècle das witzige Schauspiel «Othello. Therapie» auf die Bühne. Die Drei-Frauen-Komödie feiert morgen ihre Premiere.
Der deutsche Autor und Dramatiker John von Düffel mag offensichtlich Shakespeare. Bereits in mehreren Stücken hat er Stoffe des berühmten britischen Dichters bearbeitet und neu interpretiert. Im Schauspiel «Othello. Therapie», das 2001 in Bonn seine Uraufführung erlebte, nimmt sich von Düffel der gescheiterten und ermordeten Frauenfiguren im Stück «Othello» an.
Er lässt sie, 400 Jahre nach ihrem Tod, nochmals in einer Bowlingbahn auferstehen, wo sie ihre Beziehungen Revue passieren lassen: Desdemona, die von Othello erdrosselt wurde, Emilia, die Jago erdolcht hat, und Bianca, die von Cassios abserviert wurde. Die drei reden über ihre verkorksten Beziehungen – und die Möglichkeiten einer neuen Liebe.
«Es ist ein sehr freches, witziges und gescheites Stück», sagt Arnim Halter, der das Drei-Frauen-Spiel im Theater Parfin de siècle inszeniert. «Es enthält eine gewisse Boshaftigkeit, und es wird sehr offenherzig und unverblümt über Beziehungen gesprochen.» Einen Stoff aus der Feder von Düffels, den Halter für einen «guten und wichtigen zeitgenössischen Autor hält», hat das Parfin im übrigen schon einmal auf die Bühne gebracht: Zehn Jahre ist das her, mit dessen Stück «Der Unbekannte mit dem Fön».
Und auf der Bühne des Theaters St. Gallen war letzte Saison seine Bühnenumsetzung von Thomas Manns «Buddenbrooks» zu erleben.
«Othello. Therapie» passe gut ins Parfin-Programm, weil sie in nächster Zeit noch zwei, drei weitere moderne Stoffe geplant hätten, erklärt Arnim Halter an. Und auf dieses Frauenstück werde als nächstes dann auch ein Männerstück folgen, fügt Arnim Halter schon einmal mit einem schelmischen Lächeln an.
Doch nun dürfen zuerst einmal die Frauen über die abwesenden Männer lästern – und auch ein wenig schwärmen. Desdemona (Regine Weingart), Emilia (Pia Waibel) und Bianca (Juana von Jascheroff) reissen alte Wunden auf, streiten und verzeihen einander und geraten in Eifersüchteleien um den begehrten Schönling Lodovico.
Und dabei wird schnell einmal deutlich, wie aktuell, nein, wie unveränderlich die Konflikte zwischen Mann und Frau doch geblieben sind. Doch was interessierte eigentlich die junge Desdemona, fast noch ein Mädchen, an Othello, diesem 40 Jahre älteren Mann aus einem anderen Kulturkreis? «Sie wollte ein Teil dieses erfolgreichen Mannes und seiner Geschichte sein», sagt Regine Weingart und zitiert einen Satz ihrer Desdemona: «Ich wollte immer eine Geschichte haben.»
Tja, sie hat dann ja auch eine bekommen, auch wenn sie sich diese Geschichte wohl etwas anders vorgestellt hatte.
John von Düffels Stück unternimmt zwar eine Rückkoppelung auf Shakespeares Drama – doch auch wer den «Othello» nicht kenne, könne die unterhaltsame, kurzweilige Geschichte verstehen und geniessen, ist Arnim Halter überzeugt.
«Othello»-Kenntnisse sind also nicht erforderlich, auch wenn womöglich einige Anspielungen dann nicht gleich schön schillern. Vieles wird im Stück aber erläutert. So bekommt auch das berühmteste Utensil aus «Othello» bei John von Düffel seinen gebührenden Auftritt: jenes Taschentuch Desdemonas nämlich, das dazu missbraucht wurde, die dramatische Intrige überhaupt erst zu spinnen.
Premiere morgen Fr, Theater Parfin de siècle, 20 Uhr; nächste Daten: 10., 12., 13., 19., 20., 24, 26., 27. und 30. November, je 20 Uhr; weitere Daten im Dezember. Reservation: 071 245 21 10 oder www.parfindesiecle.ch