Albert Hammond schrieb Welthits für Whitney Houston und Joe Cocker. Für das Theater St. Gallen hat er das Musical «Matterhorn» komponiert. Im Interview spricht er über Hits, Stars und sein erstes Musical.
Daniel Walt
Albert Hammond, wie kam es zu Ihrem Engagement für das Musical «Matterhorn»?
Michael Kunze, der Texter des Musicals, besuchte vor längerem eins meiner Konzerte. Er signalisierte in der Folge, dass er mit mir für ein Musical zusammenarbeiten wolle. Ich war einverstanden und sagte ihm, es brauche einfach ein passendes Stück. Ein Jahr später rief er mich dann an und sagte, er habe ein Projekt für uns beide – es war «Matterhorn». Es ist das erste Musical, für das ich gearbeitet habe. Das war eine echte Herausforderung. Aber genau das liebe ich.
Und wie steht es bei Ihnen ums Bergsteigen, das zentrale Thema des Musicals?
Ich habe schon Hügel bestiegen, aber noch nie Berge, denn ich habe Höhenangst. Aber: Man muss kein Kletterer sein, um den Himmel zu sehen …
Gestürmt haben Sie hingegen weltweit die Spitze der Hitparaden. Wie viele Male sind Sie gescheitert, bevor Sie Ihren ersten musikalischen Erfolg landeten?
Sehr oft – und zwar auch noch nach meinem ersten Hit. Erfolg heisst für mich ohnehin nicht, die Nummer 1 zu sein, sondern immer wieder aufzustehen, wenn man hingefallen ist. Vielleicht erlebe ich jetzt auch mit dem «Matterhorn»-Musical wieder einmal einen Misserfolg. Klar, das wäre schade, würde mich aber nicht aus der Bahn werfen. Wer scheitert, soll nicht verzweifeln, sondern seine Lehren daraus ziehen.
Gibt es keine grossen Enttäuschungen, die Sie in Ihrer langen Karriere erlebt haben?
Im Showbusiness war es nie schwierig für mich. Denn ich habe nie um des Erfolgs willen Musik gemacht, sondern weil ich sie liebe. Solange ich in diesem Metier tätig sein kann, bin ich glücklich.
Fühlen Sie schon beim Schreiben eines Songs, dass dies ein Hit werden könnte?
Nein. Ich denke auch gar nicht daran, ob ein neuer Titel erfolgreich sein wird oder nicht. Mein Ziel ist, dass ein Song schön und emotional wird. Und das Wort «Hit» ist nicht emotional.
Stört es Sie, wenn man Sie als Hitschreiber bezeichnet?
Ich bin ein ganz normaler Typ – so normal wie jene, die mich Hitschreiber nennen.
Wäre «One Moment In Time» auch ohne Whitney Houston ein so grosser Hit geworden?
Die Auswahl des richtigen Interpreten ist wichtig. Aber welches ist der richtige? Das weiss ich oft selber nicht so genau. Als ich beispielsweise «One Moment In Time» schrieb, hatte ich die Stimme von Elvis im Kopf, obwohl der schon lange tot war. Ob der Titel auch mit jemand anderem als mit Whitney Houston funktioniert hätte? Keine Ahnung.
Jeder Star hat seine Eigenheiten. Erzählen Sie uns etwas über Whitney Houston.
Mit Whitney durfte ich zu Beginn ihrer Karriere zusammenarbeiten. Sie hatte eine einzigartige Aura, viel Energie und eine wundervolle Stimme. Sie war eine Künstlerin im besten Sinne des Wortes – und sehr charmant.
Auch mit Tina Turner waren Sie im Studio …
Tina! Ein lustiger, grosszügiger Mensch, eine Künstlerin, die weiss, was sie will. Niemals vergessen werde ich den Moment, als ich ihr den Titel «I Don’t Wanna Lose You» präsentierte. Plötzlich sangen wir die Nummer gemeinsam. Das vergesse ich nie.
Und wie gestaltete sich Ihre Zusammenarbeit mit Joe Cocker für «Don’t You Love Me Anymore»?
Ich wünschte, ich hätte ihn schon in seinen jüngeren Jahren kennen gelernt. Er war entschlossen und nie zufrieden mit der erstbesten Version. Er fand immer, er könnte es eigentlich noch besser.
Wo liegt der Unterschied zwischen dem Schreiben eines neuen Songs und der Arbeit an einem Musical?
Alles ist anders. Man muss nicht nur Songs schreiben, sondern auch Dialoge und Titel für verschiedene Szenen, Emotionen, Tages- und Jahreszeiten.
Was halten Sie von Casting-Shows?
Ich bin kein Fan davon. Früher musste man in Clubs auftreten, um gehört zu werden, und viele Konzerte geben, damit die Leute einen irgendwann kannten. Heute kommt man zwei Minuten in solch einer TV-Show, und 14 Millionen Menschen sehen zu. Aber: Man wird auch sehr schnell wieder vergessen. Lassen Sie mich noch etwas sagen: Es gibt ja nicht nur diese Casting-Shows am TV. Die Welt, die Gesellschaft und leider auch die Politik sind zur Reality-TV-Show geworden.
Sie machen seit Jahrzehnten Musik. Noch nie daran gedacht, aufzuhören?
Nein. Musik ist stärker als alles andere, das ich in meinem Leben kennen gelernt habe.
Stärker als die Liebe?
Musik ist Liebe. Nichts hat mich in meinem Leben mehr geliebt als Musik. Und ich nichts mehr als sie.