Der internationale Luzerner Gitarrist Christy Doran ist auch ein hervorragender Komponist: Er sorgte an den Stanser Musiktagen mit seinem Gitarrenorchester für ein starkes Klangerlebnis.
Den intimen Auftakt der diesjährigen Stanser Musiktage setzte am frühen Dienstagabend im kargen Raum des Unteren Beinhauses bei der Pfarrkirche Stans das österreichische Duo Haertel Wascher. Die beiden Österreicher entführten mit Geige und Drehleier in die Frühzeit der traditionellen Tanzmusik aus Steirischen Jodlern, Ländlern und Schleunigen.
Es ist eine schön kratzige und dissonant sich reibende, aber auch herrlich gemütvolle und manchmal fast wieder salonhaft sanfte Tanzmusik mit gelegentlichem «Ohrentrost»-Charakter, so der Name eines Stückes. Das erinnerte oft an die hiesigen alpinen Volksmusik-Traditionen, nur klangen die Tanzweisen von Haertel und Wascher herzhaft dreckiger und auch kühner, als man es bei den hiesigen Virtuosen manchmal gewohnt ist.
Eine ganz andere Fuhr schillert und rockt anschliessend im Kollegium St. Fidelis. Die Bühne ist vollbesetzt von Gitarristen und Bassisten, darunter zwei, drei Musikerinnen. Sie sind zum Teil von weit her angereist und gehören alle schweizweit zu den Besten ihrer Zunft. Links aussen, unscheinbar in das Gitarrenorchester integriert, sitzt Christy Doran, dessen Komposition «144 Strings For A Broken Chord» in der nächsten guten Stunde über die Rampe haut (Direktion John Voirol).
Das Werk besticht durch seinen Klangreichtum, seinen orchestralen Sound und seine diversen Einflüsse. Es beginnt mit filigranen Klängen, die an folkig-weltmusikalische Welten erinnern, um dann schnell in riffstarke und basslastige Passagen zu münden. Das Werk verläuft in suitenartiger Form mit sieben Teilen, in denen nicht nur die «moods» wechseln und neue Energielinien sich abzeichnen, sondern auch einzelne Solisten kürzer oder länger ausscheren und wieder verschwinden. Das Werk bietet viel. Es ist kein gesichtsloses Geschrumme und auch kein schöngeistiges Elaborat. Doran hat ein Flair für markante Riffs und Patterns, für melodisch herbe Melodien, für die Energie der Rockmusik, aber auch für zeitgenössische Klangmodulationen und avantgardistische Krümmungen.
Es wird gestrichen und geknüttelt, gestrichelt und gepowert. Oft lässt Doran die Motive und Patterns zirkulieren oder abwechselnd von verschiedenen Registern spielen. Mit 20 Gitarristen und vier Bassisten ist das oft auch ein orchestrales Klangvergnügen. Schlagzeuger Lukas Mantel ist unverzichtbar, weil er das Rückgrat hält und dafür sorgt, dass das Orchester wie eine Band klingt. Eine Band mit Gitarre, Bass und Schlagzeug, die in diesem Falle einfach etwas grösser dimensioniert ist. Ein Markenzeichen der Musik ist die konstante Verwandlung unter Beibehaltung von klaren Grundstrukturen. Kaum hat man sich an einen Groove oder eine Melodie-Entwicklung gewöhnt, tauchen andere Motive auf oder nehmen die Rhythmen einen neuen Kurs.
Wir hören jaulende Space-Töne, ätzende Bass-Sounds, schwebende Arpeggios. «Bad News Babe» ist voll von Rocksong-Reminiszenen, während in der abschliessenden Sequenz mehr die Texturen einer urbanen Klanglichkeit aufscheinen. 70 fesche Minuten. Gelangweilt haben wir uns nie.
Mingus-Jazz
Die deutsche Saxofonistin Silke Eberhard ist bekannt für ihre Interpretationen der Musik von Ornette Coleman oder Eric Dolphy. Im aktuellen Programm beschäftigt sie sich mit dem Bassisten und Bandleader Charles Mingus (1922–1979). Ihr Quartett ist neben Trompete (Nikolas Neuse) und Schlagzeug (Christian Marien) mit der extravaganten Stimme der britischen Sängerin Maggie Nichols besetzt (2. Mai, 20.30 Uhr).
Indie-Barock
Efterklang sind ein vielseitiges Indie-Rock-Quintett mit Orgel, Stimme, Elektronik, Bass und Schlagzeug aus Kopenhagen. In Stans wagen sie einen Crossover mit einem belgischen Barock- ensemble. Ein ungewöhnlicher Ausflug in die Tiefen der Zeit (2. Mai, 20 Uhr).
Yemen-Blues
Ravi Kahalani ist ein starker Performer. Der aus Israel stammende Sänger und Gimbri-Spieler mit yemenitischen Wurzeln spielt mit seinem Quintett einen groovenden Sound-Cocktail mit arabischen und afrikanischen Einflüssen, Funk und Jazz (3. Mai, 21 Uhr).
Musik-Poesie
Das Trio Baul meets Saz lässt in der Kapuzinerkirche mit poetischen Songs und Instrumenten wie Gitarre und Saz die Tradition der Bauls aufleben, der wandernden Sänger von West-Bengalen (1. Mai, 19 Uhr).