In seinem Spielfilmdébut «Avé» schickt Konstantin Bojanov zwei junge Menschen auf eine Reise durch Bulgarien. Das Roadmovie, das durch unaufgeregte Erzählweise und jugendlich frische Darsteller überzeugt, läuft derzeit im Kinok.
Während das rumänische Kino in den letzten Jahren eine Blüte erlebte, findet ein bulgarischer Film kaum einmal einen Schweizer Verleih. Schon die Herkunft macht «Avé» damit zu etwas Besonderem, aber auch formal und inhaltlich vermag das Spielfilmdébut des bildenden Künstlers Konstantin Bojanov zu gefallen.
In der Tradition der besten Roadmovies erzählt «Avé» von zwei gegensätzlichen Menschen, die sich aneinanderreiben, lässt aber auch die Schauplätze nicht ausser Acht. Ganz selbstverständlich korrespondiert so die äussere Bewegung mit einer inneren. Knapp gehalten ist die Exposition. Auf einen Schwenk über das nebelverhangene Sofia folgt eine lange Einstellung in der Kunstakademie, in der der Student Kamen (Ovanes Torosyan) eine Mitteilung erhält, die ihn aus der Hauptstadt aufbrechen lässt. Schon im nächsten Bild steht der junge Mann an einer Ausfallstrasse beim Autostoppen. Bald gesellt sich eine junge Frau (Anjela Nedyalkova) dazu. Schon durch die Farbe der Kleidung heben sie sich voneinander ab. Während die 17jährige Avé in dem bestechend fotografierten Film stets eine leuchtend rote Jacke trägt, ist er mit einem blauen Kapuzen- Sweatshirt bekleidet.
Kein Wort wechseln sie zunächst, doch immerhin erhöht Avé die Chancen, eine Mitfahrgelegenheit zu erhalten. Während sie offen ist und mit den Fahrern spricht, bleibt Kamen wortkarg. Keinen Verdacht schöpft der Zuschauer zunächst, als sie erzählt, dass sie ihre krebskranke Grossmutter besuchen will. Wie hemmungslos sie Geschichten erfindet – und sich damit auch selbst immer wieder neu erfindet –, wird aber klar, als sie bald Kamen als ihren älteren Bruder, bald als ihren Geliebten ausgibt.
Da spielt der wahrheitsliebende Kamen nicht, mit und es kommt zum Streit.
Die Stärke von «Avé» liegt nicht nur in den von Anjela Nedyalkova und Ovanes Torosyan wunderbar frisch und natürlich gespielten Protagonisten, sondern auch in der unaufgeregten und offenen Erzählweise. Bojanov lässt seinen Figuren und dem Zuschauer im ruhigen Fluss der Bilder Zeit und Raum.
Bojanov beweist dabei ein sicheres Gespür für Bild- und Blickfolgen. Einblick bekommt man aber auch in die Lage Bulgariens, denn Gespräche im Auto wechseln mit Landschaftsaufnahmen. Über die Biographie Avés gibt dieses lakonische Roadmovie, das die Frische von Quellwasser besitzt, erst spät etwas preis. Dann aber wird sichtbar, wie nah sich letztlich die beiden jungen Protagonisten in ihrer Verlorenheit und ihrer Trauer sind.
Kinok, 17.4., 20.30 Uhr; 19.4., 18.30 Uhr; 21.4., 19.30 Uhr; 27.4., 21.30 Uhr; 29.4., 18 Uhr; 30.4., 20.30 Uhr