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Kultur
Die Leiterinnen der Kulturämter von Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden schätzen die Ausstellungssituation für Appenzeller Kunstschaffende als recht positiv ein. Das sehen der Berufsverband Visuelle Kunst Ostschweiz und eine Vertreterin des Appenzeller Künstlerkollektivs Streunender Hund anders.
Ein Kunstmuseum für das Appenzellerland, ein permanentes Schaufenster für Appenzeller Kunstschaffende? Roland Scotti, Kurator des Kunstmuseums Appenzell und der Kunsthalle Ziegelhütte, die von der Heinrich-Gebert-Kulturstiftung Appenzell betrieben werden, nimmt die aktuelle Ausstellung «App’n’Cell Now» in der Kunsthalle Ziegelhütte zum Anlass, laut über eine Kunsthalle Appenzell nachzudenken. Im Rahmen der Ausstellung werden Werke von 69 Appenzeller Künstlerinnen und Künstlern gezeigt. Scotti schwebt eine «öffentlich-private Partnerschaft» vor, doch was halten die Leiterinnen der Kulturämter von Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden davon?
Die Leiterin des Ausserrhoder Amtes für Kultur, Ursula Steinhauser, hat von Scottis Vision aus der Zeitung erfahren: «Ich bin grundsätzlich für neue Ideen offen, doch bevorzuge ich es, diese nicht via Medien zu diskutieren», sagt sie. Es sei Aufgabe des Stiftungsrates der Heinrich-Gebert-Kulturstiftung, mit dem Kanton bezüglich einer Kunsthalle Appenzell das Gespräch zu suchen. Zuerst müsse aber ein Konzept vorliegen.
Ausserdem sei es nicht so, dass zeitgenössisches Kunstschaffen im Kanton nicht stattfinde, ergänzt sie und nennt als Beispiele das Zeughaus Teufen und die Kulturlandsgemeinde. Steinhauser findet auch Offspaces wie das Kollektiv Streunender Hund spannend, das Kunstprojekte an verschiedenen Orten in Appenzell Ausserrhoden organisiert:
«Flüchtige oder dezentrale Projekte passen gut zum Bild der kulturellen Streusiedlung als Merkmal des Kulturlebens im Kanton.»
Ottilia Dörig, die das Kulturamt Appenzell Innerrhodens leitet, ist die Idee einer Kunsthalle für das Appenzellerland nicht neu. Roland Scotti habe ihr gegenüber schon öfter Andeutungen gemacht, ohne ins Detail zu gehen. Sie ist wie ihre Kollegin Ursula Steinhauser der Ansicht, dass es schwierig sei, den Austausch darüber über die Medien zu führen. Und auch sie weist darauf hin, dass Gespräche bezüglich einer Kunsthalle Appenzell zwischen dem Stiftungsrat und der Regierung geführt werden müssten. Man schätze die Arbeit Scottis sehr: «Wie keinem Kurator vorher ist es Roland Scotti wichtig, das Lokale einzubeziehen, das ist sehr wertvoll.»
Dörig weist darauf hin, dass es neben Kunsthalle Ziegelhütte und Kunstmuseum Appenzell auch andere Gelegenheiten gebe, zeitgenössische Kunst auszustellen, etwa punktuell im Museum Appenzell oder im Rahmen des Literatur- und Kunstfestivals Kleiner Frühling. Dörigs Fazit: «Die Möglichkeiten für Kunstschaffende, ihre Werke zu zeigen, sind in Appenzell Innerrhoden recht gut.»
Anders sieht die Situation Angela Kuratli, Co-Präsidentin von Visarte Ost, dem Berufsverband Visuelle Kunst Ostschweiz. Bei ihr findet Scottis Idee grossen Anklang: «Ich bin begeistert! Scotti ist dabei, ein Vakuum zu füllen.» Den Ostschweizer Kunstschaffenden fehle es an Möglichkeiten, in einem musealen Kontext auszustellen. Von einem Museum eingeladen zu werden, sei für den Werdegang eines Künstlers von grosser Bedeutung. Ein professioneller Kurator sei für Künstlerinnen und Künstler ein wichtiger Gesprächspartner und helfe ihnen, in ihrem Schaffen weiterzukommen.
Auch Birgit Widmer vom Künstlerkollektiv Streunender Hund findet Scottis Traum, die Kunsthalle Ziegelhütte als Ausstellungsraum für zeitgenössisches Appenzeller Kunstschaffen zu etablieren, «sehr gut». Dafür gebe es zwei Gründe: Es wäre ein gemeinsamer Ort für Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden, ein solcher fehle bisher. Ausserdem gebe es bis auf das Zeughaus Teufen kaum Möglichkeiten, zeitgenössische Kunst auszustellen: «Eine Kunsthalle würde die Kunstszene beleben.» Das Appenzellerland werde leider nach wie vor oft in erster Linie mit Brauchtum in Verbindung gebracht:
«Jetzt, wo es wegen Corona für die Künstlerinnen und Künstler besonders schwierig ist, ist Roland Scottis Vision besonders nötig.»