Neue Pop-Alben: Julia Holter und Klaus Johann Grobe

Klaus Johann Grobe veröffentlichen ein Album voller Discosound, die Amerikanerin Julia Holter setzt auf Dramatik.

Pirmin Bossart
Drucken

Verführerische Matrix

Dass Klaus Johann Grobe vor einigen Jahren beim Liverpool International Festival of Psychedelia spielten, darf angesichts ihres neuen und dritten Albums – zunächst – erstaunen. Aber spätestens beim zweiten Durchhören verändern sich die Synapsen und setzen Tracks wie «Out of Reach» oder «An diesem Abend» in ein neues Licht. Psychedelisch klingt auch das mäandernd-verstiegene Gleiten der Stimmen in den Tonlagen des sanft Abgehobenen. Trotzdem: «Du bist so symmetrisch» ist zuallererst ein Tanzalbum mit funky Basslinien, dosierten Schlagzeugbeats und viel synthetischem Synthie-Geschwader. Letzteres pendelt zwischen Glam-Deko und reduzierter Raffinesse. Die beiden Schweizer Sevi Landolt und Daniel Bachmann sind als Klaus Johann Grobe seit 2011 ein zunehmend international erfolgreiches Duo, das mit Disco-Ironie, Elektro-Pop-Zeitgeist und deutschen Coolness-Texten eine eigene Soundspur legt. «Du bist so symmetrisch» klingt runder und geschliffener als das letzte Album, ist aber gleichzeitig fokussierter und zugespitzter. Ein Album, das seine verführerische Matrix beim wiederholten Hören umso schärfer zeichnet.

Klaus Johann Grobe: Du bist so symmetrisch, Trouble in Mind Records

Geniale Überfrachtung

Der erste Track ist wie eine Ouvertüre: Er legt den Teppich aus, für das was kommt, mit Dramatik und apokalyptischen Feelings. Die Sounds schillern, die Stimme erhebt sich über die zusammenbrechende Welt. Es ist ein pathetisches Staunen, in dem sich die Abgründe erst noch öffnen. Die amerikanische Elektro-Pop Musikerin Julia Holter hat mit ihrem fünften Album ein opulentes Werk geschaffen: «Aviary» ist orchestral, dunkel, elektronisch, melancholisch und doch auch tröstlich. Laut Holter widerspiegelt das Album «den Missklang des Geistes in einer schmelzenden Welt». Dabei denkt sie an das Aufkommen von Autokratien, Gewalt und den Zerfall von humanistischen Werten. Das Ineinander von minimalistisch hämmernden Tasten, Pop-Elegien und Sound-Collagen offenbart experimentelle Kanten. Das Album ist so vollgepackt mit Ideen und Arrangements, dass man es bei allem Wohlwollen kaum zu Ende hören mag. «Mega interessant und wichtig», werden sich die Hipster denken, aber sich dann doch lieber leichter Kost zuwenden, um sich zu versichern, dass sie noch am Leben sind.

Julia Holter: Aviary, Domino