Events und Festivals werden alle abgesagt, mit gravierenden Folgen für Illustratoren und Grafikdesigner: Aufträge brechen weg. Das St.Galler Künstlerkollektiv «Haus zur Ameise» hat als Soforthilfe in kürzester Zeit eine bestechende Idee umgesetzt.
Vor einer Woche erst hatten die Künstlerinnen und Künstler vom St.Galler Kollektiv Haus zur Ameise die Idee. Jetzt ist der Shop schon den zweiten Tag online, am ersten Tag gingen gleich acht Bestellungen rein, obwohl sie noch keine Werbung dafür geschaltet hatten. Soforthilfe könnte man die Aktion auch nennen.
Claudia Schildknecht und Dominik Rüegg nennen sie «support your local artist». Eine bestechend einfache Idee, rasend schnell umgesetzt: Ein online-Shop für lokale Illustratorinnen und Grafiker, Zeichnerinnen und Fotografen, denen zur Zeit die Aufträge wegbrechen.
«Es gibt so viele talentierte Künstlerinnen und Künstler in der Schweiz, aber keine genreübergreifende Anlaufstelle», sagt Fotografin Claudia Schildknecht. Sie und ihr Künstlerkollektiv haben das nun geändert. Auf der Website supportyourlocalartist sammelt das Künstlerkollektiv Kunstwerke, schaltet sie digital auf und bietet sie zum Verkauf an. Und das, ohne einen Rappen daran zu verdienen.
Es ist eine Plattform für die Krise, sagt Claudia Schildknecht, und hoffentlich auch darüber hinaus. Aber jetzt erstmal als kleine Hilfe für Kreative, denen die Einkünfte wegbrechen. Wobei «local» nicht regional zu verstehen ist, sonder schweizweit. «Wie sind gut vernetzt mit Kunstschaffenden aus der ganzen Schweiz», sagt Claudia Schildknecht.
«Wir wollen helfen, wir sind ja auch betroffen.»
Und: So einen Shop gab es bislang nicht, nirgends in der Schweiz, sagt Dominik Rüegg. Wer sich nicht mit Kunstschaffenden auf Instagram vernetzte, der habe keinen Möglichkeit, das Kunstschaffen zu sehen. Ihr Online-Shop schafft Abhilfe.
Die Resonanz sei umwerfend: «Alle finden das mega gut», sagt Claudia Schildknecht. Es gebe einen Wunsch nach Gemeinschaft in dieser Coronakrisenzeit. Und: In der Kultur laufe nichts mehr. Es gebe für Grafiker und Illustratoren keine Aufträge mehr, alle würden sparen, keine Arbeiten mehr vergeben, da man nicht wisse, was komme.
Vor einer Woche erst seien sie im Gespräch auf die Idee des Online-Shops gekommen, erzählt Illustrator Dominik Rüegg. Samuel Ackermann, der einzige Nicht-Künstler im Kollektiv, habe das wahnsinnig schnell umgesetzt. Es sei nicht als professioneller Shop gedacht, sondern als Plattform, auf der die Künstlerinnen und Künstler sich präsentieren können.
«Viele produzieren nur in sehr kleinen Stückzahlen, ein eigener Online-Shop lohnt sich da nicht.»
Noch stecke man in den Anfänge, baue laufend aus. Eine Such-Funktion soll nach dazukommen. Auch das Angebot wird permanent erweitert, es melden sich viele Kunstschaffende, die Interesse haben, ihre Werke über den St.Galler Online-Shop zu verkaufen. Fotografie soll noch dazukommen.
Und vielleicht müssten sie dann auch anfangen, das Angebot zu kuratieren. Aktuell stammen die Künstlerinnen und Künstler aus dem erweiterten Netzwerk des Kollektivs, man kennt sich, man schätzt sich - und man verkauft die Werke der anderen.
Das läuft so ab: Der Kunde scrollt auf der Website durch das Angebot, legt den Wunschartikel in seinen Warenkorb und bezahlt per Kreditkarte. Die «Ameisler» melden dem Künstler die Bestellung, dieser verschickt sie und erhält vom St.Galler Künstlerkollektiv das Geld. Doch man habe auch an nicht-Kreditkarten-Besitzer gedacht: «Wir haben immer die Website oder den Instagram-Account verlinkt, damit man direkt mit dem Künstler Kontakt aufnehmen kann», sagt Dominik Rüegg.
Klar sei die aktuelle Situation negativ, sagt Dominik Rüegg. Gleichzeitig sei sie aber auch extrem spannend: «Es führt zu viel Neuem.» In allen Sparten werde es neue, innovative Wege geben. Die ohne die Krise vielleicht nie angerissen worden wären.