In Paul Steinmanns «WasserLand» auf der Steinacher Seebühne wird Historie zum kraftvoll-witzigen Spektakel.
Der See zeigt sich am Premierenabend lieblich mild, von seiner freundlichsten Seite – anders als in der Geschichte, mit der Steinach am historischen Schauplatz das 1250-Jahr-Jubiläum feiert: «WasserLand. Ein «Sommernachts-Sturm» ist ein Stück über Macht, Gier und Liebe, von Autor Paul Steinmann massgeschneidert für den Spielort und den Anlass.
Glatt wie ein Spiegel liegt das Wasser hinter der raffinierten Seebühne, die Stefan Kreier zwischen Gredhaus und der mächtigen Trauerweide eingefügt hat. In Blickrichtung Arbon ein Abendhimmel für den Fotokalender. Nach dem lang anhaltenden Applaus für Darsteller und Macher des Spektakels werden die Sterne funkeln.
Kein Zweifel, sie stehen an diesem Abend günstig, und sie verheissen «WasserLand» grossen Erfolg beim Publikum. Zum Auftakt jedenfalls strömte es in Scharen; es liess sich von Musikern und Spielleuten, Wassergeistern und dem Klabauter hineinziehen ins Historiengewitter, das sich über der herrlichen Naturkulisse zusammenbraut.
Mit den Geistern aus dem See taucht die versunkene Vergangenheit Steinachs am Ufer auf. Erfundene Figuren aus der Zeit vor dem «Klosterbruch» 1489 bevölkern die Bühne. Da ist der «unheilige Gallus», ein Fischer, der nach einem Sturm sieben Jahre verschollen war und nun als närrischer Mönch Moral predigt: eine Rolle, die Matthias Peter mit Schalk und Spiellust ausfüllt.
Da ist die weitsichtige Juliana (Katharina Bohny), ein zwielichtiger Waffenhändler (Raphaël Tschudi), die spröde Ottilia (Jacqueline Vetterli) und mittendrin, als argwöhnisch beäugter fremder Fötzel, der neue Gredmeister Matthis, gespielt von Michael Finger. Bis in die hintersten Reihen weit oben auf der Zuschauertribüne dominiert er das Geschehen. Mit seinem Erscheinen im Hafendorf werden Donner, Blitz und Sturm vorweggenommen.
Das bleibt auch so, bis er, toll vor Liebe, in den See springt – und noch darüber hinaus, tropfnass. Die rund 30 Laiendarsteller aus Steinach haben sich aufladen lassen von dieser Energie. Für Regisseur Oliver Kühn sind sie keineswegs nur bewegliche Masse, kraftvoll choreografiert von Tobias Spori und Ann Katrin Cooper.
Vielmehr halten sie das Spektakel zwei Stunden lang in Schwung, ob sie in burlesken «lebendigen Bildern» die Legenden von Gallus und Otmar nachspielen, als Akrobaten dem Gredmeister atemberaubend vorturnen, wie man eine Schiffsladung löscht oder als Wassergeisterchor Ausschau halten nach einem Bräutigam für Nixe Littoia. Klar, es muss der Matthis sein, schliesslich singt Michael Finger herzzerreissend.
Der Versuchung, das Stück allzu glatt und gefällig zum Musical aufzublasen, konnten die Macher gottlob widerstehen. Stattdessen ist «WasserLand» eine gauklerhaft bunte Szenenfolge mit plastischen Figuren, mit schmissiger Musik (Leitung: Valentin Baumgartner). Historisch hat sie Hand und Fuss, ohne zu belehren. Dafür bürgen nicht zuletzt die Fabelwesen vom Seegrund.
So wird das Festspiel zum Fest, der Geist des Ortes erwacht zum Leben: witzig, stürmisch, aber auch voll Poesie. Als habe Shakespeare nicht nur am Untertitel mitgeschrieben.
Bis 7. September finden noch 12 Aufführungen statt, jeweils um 20.30 Uhr. Der Gastrobereich öffnet jeweils schon um 18 Uhr. Alle Infos zum Ticketkauf und zum zeitlichen Ablauf sind hier zu finden.