Pandemie
Schweizer Kulturschaffende sind ratlos und bangen um ihre Existenz: Wer freiwillig wegen Corona schliesst, kriegt nichts

Viele Schweizer Kulturbetriebe, Künstlerinnen und Künstler befinden sich in existenziellen Nöten. Eine Kultur-Task-Force fordert: Die Behörden sollen endlich handeln.

Stefan Künzli
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Die Kampagne Next Job macht bei Facebook auf die Nöte der Schweizer Kulturschaffenden aufmerksam.

Die Kampagne Next Job macht bei Facebook auf die Nöte der Schweizer Kulturschaffenden aufmerksam.

CH Media

Die Fallzahlen steigen, die Corona-Bremse wird angezogen. Zum Teil sind schon einschneidende Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie verfügt worden, weitere werden folgen. Bei den Kulturschaffenden quer durch alle Sparten, dazu gehören auch die Veranstaltungstechnik und Zulieferer, herrscht Alarmstufe rot. Viele Kulturbetriebe stehen vor dem Nichts und sind in ihrer Existenz bedroht. Die Reserven sind schon vom ersten Lockdown aufgebraucht.

Erschwerend ist, dass viele Kantone die Ausfallentschädigungen für das letzte halbe Jahr noch nicht oder nur zum Teil ausbezahlt haben. Einige kantonale Stellen sind überfordert.

Schon letzte Woche hagelte es Konzertabsagen. Die Musikclubs können oder wollen den Betrieb unter verschärften Bedingungen nicht aufrechterhalten. Viele, wie die Schüür in Luzern oder das Kiff in Aarau, haben temporär geschlossen. «Der Betrieb lohnt sich nicht mehr», heisst es zum Beispiel beim Kiff.

Die Kampagne Next Job macht bei Facebook auf die Nöte der Schweizer Kulturschaffenden aufmerksam.

Die Kampagne Next Job macht bei Facebook auf die Nöte der Schweizer Kulturschaffenden aufmerksam.

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Wer freiwillig schliesst, kriegt nichts

Das Problem: Wer freiwillig schliesst, kriegt nichts. Denn gemäss aktueller Verordnung haben Selbständigerwerbende nur dann Anspruch auf Ausfall-Entschädigung, wenn eine Veranstaltung von der zuständigen kantonalen Behörde oder auf Bundesebene verboten oder nicht bewilligt wurde. Bei einigen Veranstaltern wird deshalb der Verdacht geäussert, dass die Verordnung des Bundes absichtlich so formuliert wurde, damit keine Entschädigung bezahlt werden muss.

Bei den Betroffenen Veranstaltern, Künstlerinnen und Künstler herrscht deshalb grosse Verärgerung, die totale Verwirrung, Verunsicherung und Ratlosigkeit. «Wir können euch momentan keine Empfehlung geben, ob und wie ihr Erwerbsersatz beantragen sollt», sagt Christoph Trummer von «Sonart», dem Schweizer Verband der Musikschaffenden.

Task Force stellt vier Forderungen auf

Die Task Force Culture, die übergreifende Kultursparten umfasst, hat deshalb übers Wochenende getagt und verlangt von den zuständigen Behörden eine rasche und unbürokratische Leistung der versprochenen finanziellen Unterstützung. Dazu hat sie vier Forderungen aufgestellt: Schweizweit einheitliche Regelungen für Kulturveranstaltungen; Einbezug der Kulturverbände bei der Ausgestaltung der gesamtwirtschaftlichen Massnahmen (Kurzarbeit, Corona-Erwerbsersatz) und frühzeitige Information der Kulturverbände über Pandemiemassnahmen und Einbezug bei der konkreten Umsetzung.

Die Task Force zeigt Verständnis für die nötigen Massnahmen zur Pandemieeindämmung und weist darauf hin, dass die Schweizer Kulturbranche die Verordnungen des Bundes «engagiert umgesetzt, funktionierende Schutzkonzepte erarbeitet und konsequent angewendet» habe. «Nur selten stecken sich Menschen bei Kulturanlässen an», heisst es. Die Kulturbranche hat ihren Beitrag geleistet, jetzt sind die Behörden dran, um das Überleben der Schweizer Kulturbranche zu sichern.

Die Zeit drängt

Dazu brauche es klare Regeln. «Die momentan herrschende Unsicherheit macht das Planen von Veranstaltungen unmöglich. Die Sponsorensuche ist deutlich erschwert, wenn keine Anlässe mehr stattfinden oder das Risiko hoch ist, dass geplante Veranstaltungen abgesagt werden müssen,» schreiben die Kulturschaffenden und warnen: «Die Zeit drängt».