Mit dem Weihnachtskonzert «Winterträume» erweckt das Sinfonieorchester St. Gallen zwei russische Werke und ein klassisches Trompetenkonzert zum Leben. Beide auf hohem Niveau.
Lang anhaltender Applaus mit Standing Ovations. Eine voll besetzte Tonhalle singt am vergangenen Donnerstagabend mit feierlicher Hingabe «We Wish You a Merry Christmas». Das Ende eines fast zweistündigen Konzertabends muss den Orchestermusikern, dem Trompetensolisten Peter Moriggl und dem neuen Chefdirigenten Modestas Pitrenas wie ein warmer Goldregen vorgekommen sein. Den haben sie sich auch redlich verdient mit den bezaubernden Interpretationen der drei sinfonischen Werke.
Mit der «Suite aus Schneeflöckchen» von Nikolai Rimski-Korsakow und der «Sinfonie Nr. 1 g-Moll» von Peter Tschaikowsky hat der litauische Chefdirigent nicht überraschend zwei russische Komponisten ins Programm geholt. Bei ihnen ist er musikalisch zu Hause und bringt seine slawische Seele mit grosser Gestik ein. Und wie er das tut.
Mit seiner stattlichen Körpergrösse von fast zwei Metern überragt er die Szenerie, und die ausdrucksstarken Arme scheinen bis in die hinterste Reihe des Orchesters zu reichen, welches mit dem Frühwerk von Tschaikowsky den Höhepunkt des Abends hinlegt.
Das viersätzige Werk, das die spätere Weltgeltung des Komponisten bereits ankündigt, lässt das St. Galler Sinfonieorchester seine beachtliche Entwicklung entfalten. Die Register greifen präzise ineinander – ein Orchesterklang von betörender Schönheit entsteht, wie immer bei Tschaikowsky versehen mit abrupten musikalischen Brüchen, die zugleich den russischen Winter wie auch den oft düsteren Gemütszustand des Komponisten abbilden, der immer wieder mit Erschöpfungszuständen zu kämpfen hatte.
Aus der gleichnamigen Oper ist die «Suite aus Schneeflöckchen» entstanden. Dabei entführt Rimski-Korsakow ins Reich des mystischen Königs Berendei in vorgeschichtlicher Zeit. Schneeflöckchen, die Tochter von Väterchen Frost und Königin Frühling, kann das Land nur mit der Liebe zu einem irdischen Mann vom ewigen Winter befreien, wird aber die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings nicht überleben. Diese menschliche Tragödie wird mit einer Art Programmmusik musikalisch umgesetzt, die erstaunliche Klangfarben hervorbringt.
Johann Nepomuk Hummels «Trompetenkonzert Es-Dur» mit dem Südtiroler Solisten Peter Moriggl ist der Kontrapunkt im russischen Klangzauber. Ein oft aufgeführtes Werk, solide gemeistert vom 33-jährigen Vinschgauer und Solotrompeter des Sinfonieorchesters St. Gallen.