Peng-Peng und die wilde Kunst: Was zwei Thurgauer in einer Abrisshalle treiben

Wild, farbenfroh, ein Spektakel: Das Thurgauer Peng-Peng-Duo hat sich in einer leerstehenden Fabrikhalle in Rorschach eingemietet. Bis sie abgerissen wird, greifen die Künstler in die Vollen. Sie verwandeln die komplette Halle samt Fundstücken darin in ein Kunstwerk.

Nina Rudnicki
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Peng-Peng-Kunst: Patrick Muchenberger und Alex Brotbeck wüten bis zum Abriss im Feldmühle-Areal. (Bild: Benjamin Manser (21.10.2019, Rorschach))

Peng-Peng-Kunst: Patrick Muchenberger und Alex Brotbeck wüten bis zum Abriss im Feldmühle-Areal. (Bild: Benjamin Manser (21.10.2019, Rorschach))

Eingetrocknete Farbe blättert von den alten Feuerlöschern. Daneben stapeln sich halb volle Eimer mit Restfarben einer Malerei. An einer Kleiderstange hängen besprayte Hemden und Hosen. Und auf dem Boden häufen sich beingrosse, zylinderförmige Filter aus der Industrie. Sie sind zu Masken umgestaltet und starren aus ihren kreuzförmigen Augen in die Abrisshallen mitten auf dem Areal der Feldmühle in Rorschach.

Anfang des 20. Jahrhunderts war die Feldmühle die grösste Stickereifabrik der Welt. Nun soll auf dem Areal ein neues Quartier mit Wohn- und Gewerbefläche entstehen. Da das aber noch eine Weile dauert, haben sich in eine der leer stehenden Hallen die Thurgauer Künstler Peng-Peng-Duo eingemietet. Unter diesem Namen führen der gebürtige Scherzinger Patrik Muchenberger und der Weinfelder Alex Brotbeck zusammen, was vom Überschuss der Gesellschaft übrig bleibt.

Das Künstlerduo Peng-Peng: Abfall wird Kunst wird Abfall. (Bild: Benjamin Manser / TAGBLATT)

Das Künstlerduo Peng-Peng: Abfall wird Kunst wird Abfall. (Bild: Benjamin Manser / TAGBLATT)

«Alles, was wir verwenden, ist Abfall. Das meiste davon wie etwa die Hemden an der Kleiderstange haben wir während einer unserer Streiftouren durch die Feldmühle entdeckt», sagt Patrik Muchenberger. Er füllt einen der Feuerlöscher mit Farbe und Luft aus einem Kompressor. Dann legt er los und bemalt eine Wand in knalligem Pink.

Vom Skaten zur Kunst

Während mehrerer Wochen ist auf diese Weise auf den Hallenwänden und den stillgelegten Maschinen unter dem Arbeitstitel Painting and Panting eine riesige abstrakte Malerei entstanden. Vom Geländer einer der Maschinen hängen die einstigen Förderbänder als riesige Banner herunter. Alles in der Halle wirkt faszinierend, gross und überflüssig. «Genau darum geht es uns. Wir betten Wildzonen in die Stadt ein, die nutzlos sind», sagt Patrik Muchenberger, der mittlerweile in Rorschach lebt.

Das Künstlerduo Peng-Peng posiert für ein Porträt im Feldmühleareal. (Bild: Benjamin Manser / TAGBLATT)

Das Künstlerduo Peng-Peng posiert für ein Porträt im Feldmühleareal. (Bild: Benjamin Manser / TAGBLATT)

Kennengelernt haben sich Patrik Muchenberger und Alex Brotbeck in der Jugend. Zunächst verband sie vor allem das Skateboarding. Bald entdeckten sie ihre gemeinsame Leidenschaft für die Kunst und begannen zusammen zu skizzieren und zu malen. Später studierte Brotbeck an der Hochschule der Künste in Bern und Zürich, Muchenberger an der Universität für Angewandte Kunst in Wien.

2017 beschlossen sie, sich als Peng-Peng-Duo auf eine Painters Painting Tour zu begeben. Ziel der Tour ist es, als individuelle Künstler in den Hintergrund zu treten. Stattdessen möchten sie als Peng-Peng-Duo wahrgenommen werden und an verschiedenen Orten Wildzonen schaffen. «Peng-Peng nennen wir uns, weil es keine Aufteilung zwischen uns gibt und jeder alles macht», sagt Alex Brotbeck.

Das Künstlerduo Peng-Peng bei der Arbeit im Feldmühleareal. (Bild: Benjamin Manser / TAGBLATT)

Das Künstlerduo Peng-Peng bei der Arbeit im Feldmühleareal. (Bild: Benjamin Manser / TAGBLATT)

Das Projekt in Rorschach ist Zwischenhalt der Painters Painting Tour. Spätestens bis Winteranbruch möchte das Peng-Peng-Duo aus der Feldmühle in Rorschach aus- und an einen neuen Ort weiterziehen. «Wir hoffen, weitere Gebäude zu finden und zwischennutzen zu können», sagt Alex Brotbeck. Patrik Muchenberger fügt an:

«Rorschach war genial. Es war das erste Mal, dass wir einen Sommer lang an einem Ort einfach draufloswüten konnten.»
Platz wäre genug da, aber aus feuerpolizeilichen Gründen dürfen sich nicht mehr als zehn Personen in der Halle aufhalten. (Bild: Benjamin Manser / TAGBLATT)

Platz wäre genug da, aber aus feuerpolizeilichen Gründen dürfen sich nicht mehr als zehn Personen in der Halle aufhalten. (Bild: Benjamin Manser / TAGBLATT)

Dokumentarfilm statt Ausstellung

Eine Ausstellung wird es nicht geben. Aus feuerpolizeilichen Gründen dürfen sich nicht mehr als zehn Personen in der Feldmühlen-Halle aufhalten. Ersatzweise arbeitet das Peng-Peng-Duo daher aktuell an einem Dokumentarfilm über das Projekt.

«Ausserdem werden wir einzelne Stücke aus der Halle mitnehmen», sagt Patrik Muchenberger. Der Rest werde spätestens, wenn in der Feldmühle die Abrissbagger auffahren, wieder zu Abfall.

Informationen unter www.pengpengduo.wordpress.com