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In seinem Wissenschaftskrimi erkranken die Menschen an einem neuartigen Coronavirus. Das Buch war aber schon fertig, bevor die Pandemie ausbrach.
In Chicago sterben Menschen an einem neuartigen Coronavirus, doch niemand weiss, woher es kommt. Das Timing für Severin Schwendeners neuen Roman hätte nicht besser sein können, ist aber Zufall – «Pandemic» war fertig, bevor Covid 19 die Welt auf den Kopf stellte. Der Märstetter Autor, 1983 geboren, hat Biologie studiert, kennt sich aus in Virologie und Hahnenkämpfen zwischen ehrgeizigen Forschern. Er schreibt aus Leidenschaft spannende Bücher und hat vor einem Monat mit seinem Werk «Schatten & Spiel» zum zweiten Mal den Zürcher Krimipreis gewonnen. «Pandemic» spielt in Chicago, in Zürich und im politisch gebeutelten Venezuela.
Drehscheibe ist das nationale Gesundheitsinstitut CDC, das Center for Disease Control and Prevention in Atlanta. Es schickt den jungen Wissenschafter Theodor Joseph Williams zum Virologen Jeremy Gordon: Der ETH-Professor soll helfen, denn er hat einst das Virus rekonstruiert, das die Spanische Grippe auslöste. Aber da landet noch eine Koryphäe in Chicago: der deutsche Infektiologe Heinrich Hansen, mit dem sich Gordon ein Leben lang einen wissenschaftlichen Schlagabtausch über die Entstehung der Spanischen Grippe geliefert hat. Hansen, vom Krebs im Endstadium gezeichnet, will unbedingt seine Theorie beweisen.
Gordons alter Berufskollege José Maria Fernández in Venezuela ist ermordet worden, und der Verdacht erhärtet sich, dass das Virus nicht natürlich aufgetaucht ist, sondern aus seinem Labor gestohlen und mutwillig in Chicago freigesetzt worden ist. Aber von wem? «Das wäre ja Terror!», sagt Ebba Andersson, Gordons Doktorandin, und beiden fliegen nach Venezuela. Jetzt nimmt der Roman Fahrt auf, die Ereignisse überschlagen sich bis zum Showdown auf den letzten Seiten, für den der Autor gleich mehrere überraschende Salven abfeuert.
«Pandemic» ist ein vielschichtiger Thriller mit zahlreichen Perspektivenwechseln. Severin Schwendener beweist viel Sachkenntnis, webt auch Humor, Amouröses und eine Entführung in seine durchaus politische Geschichte ein. Sie lebt von feinen Studien zwischenmenschlicher Kommunikation, klarer Zeichnung der teils schrägen Figuren, und sie endet harsch – mit der Wut und Ohnmacht Jeremys, der «seinen ganzen Zorn über das Elend in der Welt aus sich herausschrie».