Das Kunstkollektiv «Dieter Meiers Rinderfarm» will ein multidisziplinäres Science-Fiction-Epos realisieren. Dazu gehören ein Hörspiel, eine Ausstellung sowie ein Musicalfilm. Zum Projektstart gab's eine Performance im Kunstraum Kreuzlingen.
Es fängt ganz harmlos an im dunklen Tiefparterre des Kunstraums Kreuzlingen: Jeremias Heppeler liest das erste Kapitel eines Hörbuchs, in dem ein erfolgloser Ich-Erzähler in den Tiefen des Weltraums unfreiwillig zum Fluchthelfer für ein intergalaktisches Pop-Duo wird. Strukturelle Ähnlichkeiten zu Science-Fiction-Epen von «Star Wars» über «Star Trek» bis zu «Doctor Who» sind weder zufällig noch unbeabsichtigt.
Heppeler ist Teil des Trios «Dieter Meiers Rinderfarm», gemeinsam mit dem Frauenfelder Musiker und Filmemacher Daif (David Nägeli) und der Ausserrhoder Autorin Jessica Jurassica mit ihrer nie abgelegten Sturmhaube. Die drei haben am Freitagabend mit einer Performance ein mehrwöchiges, multidisziplinäres Science-Fiction-Projekt eingeläutet.
Heppeler, Daif und Jessica Jurassica hatten sich in Buenos Aires anlässlich eines Atelierstipendiums kennengelernt und dort einen Film darüber gedreht, wie sie vergeblich versuchen, Dieter Meier zu treffen, den Sänger der Kultband Yello, der in Argentinien Rinderfarmen und Weingüter betreibt. So entstand der Name des Kollektivs. Sie trafen sich sporadisch weiter für einzelne Projekte. «Ich habe dann angeregt, dass sie bei uns im Kunstraum mal etwas machen, das länger dauert», sagt Kurator Richard Tisserand.
Nun also drehen die drei die Pop-Kultur durch den Wolf: In ihrer Geschichte macht das Pop-Duo mit seinem Helfer Urlaub am Bodensee, erfährt von finsteren Plänen eines Superschurken und will mit Hilfe der Musik verhindern, dass die Welt in einem schwarzen Loch versinkt. Mit dem Pop-Duo ist das real existierende Eurodance-Duo Capslock Superstar gemeint, bestehend aus DJ Netlog (David Nägeli) und Jessica Jurassica.
Den Bösewicht «Dark Satie» gibt Christof Heppeler, der Vater von Jeremias. Er hat für die Performance eine Saite quer durch den Raum gespannt, mit einem Tonabnehmer versehen und sorgt zupfend und streichend für eine mal bedrohliche, mal geheimnisvolle Atmosphäre. «Ähnlich wie Erik Satie vor hundert Jahren mache ich Tapetenmusik», sagt er. «Ich fülle die Vexations-Komposition von Satie mit meinen Sounds.» Jessica Jurassica begleitet ihn mit einem verstärkten Laubbläser, Daif und Jeremias Heppeler brüllen in ihre Mikrofone. Der infernalische Lärm könnte Risse im Universum verstärken, so die glaubhafte Idee.
Mit diesem Cliffhanger wird das Publikum entlassen, denn in den kommenden vier Wochen gestaltet die Gruppe nicht nur eine Ausstellung zu ihrer Space Opera. Sie dreht ausserdem noch einen Film, der die Geschichte zu Ende erzählt. Die Kulisse dafür ist so gut wie fertig. Gut zwei Wochen haben die drei bereits an einer Weltraumkapsel aus Pappe und Press-Span gebastelt. Besucher können im Kunstraum vorbeikommen und die voranschreitenden Arbeiten beobachten.
Richard Tisserand freut sich auf den Prozess:
«Der Kunstraum zeigt diesmal, dass er auch eine Plattform ist, nicht nur ein Ort, in dem Bilder an der Wand hängen. Ich habe ihn mir immer als Markthalle gedacht, in der man sich begegnet.»
Ein genaues Drehbuch haben die Künstler nicht, aber immerhin einen Plan davon, was erzählt werden soll. «Wir laden einige Künstler als Gäste zu den Dreharbeiten ein», so Daif. «Das sind ja nicht unbedingt Schauspieler. Also lassen wir sie keine vorgegebenen Sätze aufsagen.» Eines immerhin können die Filmemacher schon verraten: Das Happy End ist garantiert.
Zur Performance ist das neunzigminütige Hörbuch «Capslock Superstar (die Band) - Reise zum Capslock Superstar (der Planet)» erschienen, in dem die Vorgeschichte des Abenteuers erzählt wird. Am 18. März beginnt die Ausstellung «Capslock Superstar – Am Anfang der Zeit». Und zur Finissage am 10. April gibt es im Kult-X neben dem Kunstraum den Musicalfilm «Capslock Superstar samplen den Urknall» zu sehen.