Die Uraufführung des Musicals «Wüstenblume» am Theater St.Gallen kommt bei fast allen Kritikerinnen und Kritikern sehr gut an.
Dreissig nationale und internationale Medienvertreter besuchten am vergangenen Samstag die Uraufführung des Musicals «Wüstenblume» am Theater St. Gallen. Nicht dabei waren «Tages Anzeiger» und NZZ. Wie eine kleine Presseschau der bisher veröffentlichen Besprechungen zeigt, haben sie etwas verpasst: Die Mehrzahl der Kritikerinnen und Kritiker hat die Inszenierung überzeugt.
Begeistert zeigt sich die Rezensentin des «Südkuriers». Das Theater St.Gallen könne mit der Uraufführung in vielerlei Hinsicht einen Coup landen. «Künstlerisch ist ‹Wüstenblume› erstklassig, emotional eine Wucht, interkulturell ein gelungener Spagat und für ein Musical thematisch so unorthodox wie letztlich einfach richtig.» Einziger Einwand: Die wahre Geschichte um die Somalierin Waris Dirie, die als Mädchen beschnitten wurde und später als Model Karriere macht, sei nicht ganz frei von Klischees: So seien zum Beispiel die afrikanischen Gewänder viel zu schön. Anderer Ansicht ist die Kritikerin der «Vorarlberger Nachrichten», zumindest, was die Musik von Uwe Fahrenkrog-Petersen angeht. Er vermeide Afrika-Klischees und schaffe Melodien, die leicht ins Ohr gehen.
Einhellige Anerkennung erntet das «Wüstenblume»-Team für die Umsetzung des schwierigen Themas der weiblichen Genitalverstümmlung. Regisseur und Autor Gil Mehmert halte sich eng an Diries Autobiografie, schreibt die Deutsche Presse-Agentur: «Er setzt Diries Leben ohne Kitsch in Szene.» Es sei ein Abend, der starke Frauen feiere: «Das ausschliesslich aus Männern bestehende Leitungsteam schafft Gänsehaut-Momente.»
Als «authentisch» bezeichnet das Onlinemedium «Die Ostschweiz» die Inszenierung. Es zeigt sich gar überzeugt davon, dass sie von den sechs Musical-Uraufführungen, die in den letzten elf Jahren in St.Gallen stattfanden, die anspruchsvollste und gelungenste sei: «Die St.Galler ‹Wüstenblume› blüht auch als Musical.» Es sei kein Stück für nur eine Spielzeit. Einzuwenden hat der Kritiker von «Die Ostschweiz» nur Kleinigkeiten. Etwa ein zu Beginn nicht ganz ausgewogen gemischter Ton mit zu leisen Stimmen.
An den Stimmen hat auch der Rezensent der «Südostschweiz» etwas auszusetzen: Er beklagt die Unsitte, in Musicals bei lauten Passagen mit enorm viel Druck auf der Stimme zu singen. Darunter leide fast immer die Intonation – auch bei Kerry Jean, der Darstellerin der erwachsene Waris. Von der «Südostschweiz» stammt die insgesamt verhaltenste Besprechung.
Vor allem vom ersten Teil des Musicals ist der Kritiker nicht überzeugt. Insgesamt sei der Stoff zu ereignisreich für ein Musical: «So jagen sich (...) die Szenen und Stationen in fast schon atemlos dichter Folge. Viele Songideen werden nur kurz angetippt.» Dies habe zur Folge, dass kaum ein musikalischer Gedanke hängen bleibe. Auch beklagt der Rezensent, dass die Welt des Laufstegs und der Mode kaum vorkämen, «für ein Musical eigentlich ein gefundenes Fressen».
Viele Kritiker erwähnen den starken Schluss, als Kerry Jean vor der UNO auftritt und sich in einer gesungenen Rede für die Opfer von Genitalverstümmelung einsetzt. Das Lied «Achttausend» schicke das Publikum mit der Anzahl der täglich verstümmelten Mädchen aufgerüttelt nach Hause, schreibt «Die Ostschweiz».
Die nächste Aufführung vom 29.2. ist ausverkauft; für den 3.3. gibt es noch wenige freie Plätze.