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Mit «Aller Liebe eigen» hat Brigitte Schmid-Gugler einen Lyrikband vorgelegt, der Vorüberziehendes behutsam einfängt und beim Leser feinfühlig an eigene Innenwelten anklopft. Heute Abend wird er in der St. Galler Hauptpost vorgestellt.
Beim Lesen von Gedichten müsse man eigene Gemütsbewegungen investieren, schreibt der Ostschweizer Literaturkenner Rainer Stöckli im Geleitwort zur Lyrik von Brigitte Schmid-Gugler. Diese Gemütsbewegungen werden bei der Lektüre belohnt. Es hat etwas Besonderes, etwas Farbiges, aber auch Flüchtiges, dieses lyrische Innehalten der Autorin. Ein vorsichtiges Festmachenwollen der vorbeifliegenden Augenblicke, Emotionen und Bilder.
Mouches Volantes
Nimm dem brechenden Licht den Atem
narre meinen Ernst mit deinem Spiel
lass uns verschwinden um im Hier zu bleiben
gestundet die Entzauberung
Das immer wieder Weiterfliessende fängt Brigitte Schmid-Gugler, die in St. Gallen auch viele Jahre als Tagblatt-Kulturredaktorin tätig war, mit feinem, verspieltem, doch genauem Sprachsinn ein. Auch mit nachhaltiger Wortneuschöpfung. Ihre Innenwelt ist so in Wortform gebracht, dass sie beim Lesen subtil die eigene erhellt. Eine besondere Leseerfahrung. In vier Gruppen ist diese Lyrik unterteilt: Vereinfacht beschrieben sind das die Themen Liebe, Natur und Mystisches, ein Grüppchen Einzeiler, und der Mensch, auch im Alltäglich-Allzumenschlichen. «Aller Liebe eigen» heisst Brigitte Schmid-Guglers Buch. Und eine Liebeserklärung an all die Dinge, die sie in Worte formt, ist diese Lyrik.
Zart ihre herbstlichen Liebesgedichte, die nichts heraufbeschwören wollen, aber stets den Zauber des nah Erlebten und weit Gespürten ausbalancieren. «Unsterblichkeit kann uns gestohlen bleiben», ist da die Ehrfurcht vor dem Moment, vor der Kraft des Jetzt übersetzt.
Je nach Wind (er kann aus jeder Richtung kommen) fühlen sich
ums Lippenpaar Heucheln und Meucheln wie Vertraute an
Bei den Gedichten, die sich um Natur und Mystisches drehen, schafft Brigitte Schmid-Gugler stets den Spagat zwischen klaren Strichen und offenen Bildern. Naturerleben ist in diesen Zeilen immer auch ein Blick auf die eigene Natur. Gedankensplitter verdichtet die Autorin, die im Buch Lyrik der letzten fünfzehn Jahre zusammenfasst, zu kleinen Szenen, die sich angenehm festsetzen. «Tage wie Eselsohren» sind die speziellen Einzeiler überschrieben. Kürzestwortspiele, die ein ungewisses Jetzt ein wenig erden und färben. «Ein Vielleicht, kurz sautiert» - ist da dann «gleich viel leichter zu geniessen».
Brigitte Schmid-Gugler: Aller Liebe eigen, Gedichte, Klaus Isele Editor 2020, Fr. 34.90.
Für die Buchvernissage am Mittwoch, 25. 11., 19 Uhr, Raum für Literatur St. Gallen, gibt es noch freie Plätze. Anmeldung: schmid.brigitte@sunrise.ch