Kreuzlingen
Trotz erfundenem «Asteroid-Jazz» und wilder Weltraumkulisse: Der geplante Musicalfilm von «Dieter Meiers Rinderfarm» stolpert über Corona

Mit Laubbläser und Gebrüll startete das Ostschweizer Künstlerkollektiv im Februar im Kunstraum Kreuzlingen sein multidisziplinäres Science-Fiction-Epos. Bei der Umsetzung des Films, der Fortsetzung ihres Hörspiels, hapert es allerdings gerade aufgrund der Pandemie.

Inka Grabowsky
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Daif (David Nägeli) und Jessica Jurassica düsen im Musicalfilm als das Pop-Duo Capslock Superstar durch die Galaxis.

Daif (David Nägeli) und Jessica Jurassica düsen im Musicalfilm als das Pop-Duo Capslock Superstar durch die Galaxis.

Bild: Inka Grabowsky

Ganz nach Plan ist es nicht gelaufen, beim Projekt von «Dieter Meiers Rinderfarm» im Kunstraum Kreuzlingen. Im Februar hatte das Kunstkollektiv, bestehend aus Jessica Jurassica, Jeremias Heppeler und Daif alias David Nägeli, mit einer Performance den Auftakt ihrer Künstlerresidenz gefeiert. Dort stellten sie ihre Idee vor, ein multidisziplinäres Science-Fiction-Epos zu realisieren, bestehend aus einem Hörspiel, einer Ausstellung sowie einem Musicalfilm.

In ihrer Geschichte macht das real existierende Eurodance-Duo Capslock Superstar, bestehend aus DJ Netlog (David Nägeli/ Daif) und Jessica Jurassica mit ihrer nie abgelegten Sturmhaube, Urlaub am Bodensee. Dort erfahren sie von den finsteren Plänen eines Superschurken (Jeremias Heppeler). Mit Hilfe von Musik möchten sie schliesslich verhindern, dass die Welt in einem schwarzen Loch versinkt.

Planung musste wegen Corona umgestellt werden

Die Vorgeschichte des Musicalfilms stand zum Zeitpunkt der Ankündigung bereits – vertont als Hörspiel. Nun sollte es um die Verfilmung gehen. Doch die Pandemie machte einen Strich durch die Rechnung. Jeremias Heppeler fiel für zehn Tage aus. Diverse Statisten, die als Gäste eine Szene hätten bevölkern sollen, waren ebenso wie die Kostümbildnerin in Isolation.

Trotzdem ist das Team zuversichtlich, bald ein Werk präsentieren zu können. «Wir wollten eigentlich erst die Dreharbeiten beenden und dann die Szenen schneiden», so Daif. Jetzt seien eben jene Szenen, die ohne Statisten und Jeremias auskommen, zuerst gedreht und geschnitten worden.

Die Vernissage am 18. März, die zeigte, wie die Science-Fiction-Welt aussieht, wurde dennoch nicht verschoben. Die Kostüme, genäht von Ornella Steiger, bekleiden in der Ausstellung Schaufensterpuppen und DJ Netlogs (also Daifs) Selbstporträt hängt als «Superfahne» in und vor dem Kunstraum. Die Raumschiffkulisse, die das Trio mit einer Autoladung Pappe und der Hilfe des Teufner Künstlers Thomas Stüssi gebaut hat, fasziniert schon mal. Auf Monitoren laufen Videos von Jeremias Heppeler oder Jessica Jurassica als «Captains Log».

Spass mit Botschaft

Das Künstlerkollektiv hat ein ganzes Universum geschaffen, bis ins kleinste Detail. Sie hätten sich etwa vorgestellt, wie in ihrer Fantasiewelt wohl Konzertplakate aussehen würden, und diese dann entsprechend gestaltet. Auch zu hören ist dieses Universum. So erklärt Heppeler:

«Der ‹Asteroid-Jazz›, der in der Vorgeschichte eine Rolle gespielt hat, ist jetzt dank einiger Bekannter zu einem real existierenden Musikstil geworden.»

Daif ergänzt: «Es ist mir immer ein Anliegen, sichtbar zu machen, was machbar ist. Man kann vieles selbst schaffen, sogar ein Raumschiff oder eine neue Musikrichtung.» Das sei doch ermutigend.

«Das Projekt ist zwar Eskapismus, der Spass macht, aber wir nehmen das Ganze absolut ernst», sagt Heppeler. Der Film, der am 10. April im Kreuzlinger Kult-X als Vorpremiere gezeigt wird, soll cineastischen Ansprüchen genügen und keinesfalls trashig sein. Nach der endgültigen Fertigstellung wird «Capslock Superstar samplen den Urknall» im Sommer in einigen Programmkinos zu sehen sein, bevor er ab Herbst im Internet für jeden frei zugänglich ist.

Eine ungewöhnliche Ausstellung

Basis für den Erfolg der künstlerischen Arbeit ist nach Ansicht der drei Kollektivmitglieder Vertrauen. «Zum einen vertrauen wir einander. Wir wissen ziemlich genau, was jeweils im Kopf des anderen abgeht, wenn ein Stichwort fällt», sagt Heppeler. Zum anderen sei das Ganze nur möglich geworden, weil der Kurator des Kunstraums Kreuzlingen, Richard Tisserand, ihnen vertraut hatte. «Potenzial zu erkennen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich zu entfalten, das ist doch unsere Aufgabe als Kunstraum», entgegnet Tisserand wiederum. Wenn sich die richtigen Leute zusammenfinden würden, könne man das laufen lassen.

Daif, Richard Tisserand und Jessica Jurassica schauen auf die Monitore des Raumschiffcockpits.

Daif, Richard Tisserand und Jessica Jurassica schauen auf die Monitore des Raumschiffcockpits.

Bild: Inka Grabowsky

Jeremias Heppeler freut sich jeweils auf den Moment der Verwirrung, den die Besucherinnen und Besucher beim ersten Anblick der Installationen erleben. «Das ist wie bei jeder guten Installation. Man fragt sich: Wo bin ich hier gelandet?» Ihr Kollektiv habe eben einen etwas anderen Kunstbegriff, meint Jessica Jurassica. Das Projekt sei keine Ausstellung im herkömmlichen Sinn. Es sei eher wie eine Convention, mit einer Atmosphäre wie bei einem Festival, mit Merchandising-Produkten zum Mitnehmen, fügt Daif an. Mit dem Bühnenbild betrete man gleichzeitig ein anderes Universum. «Eines, in dem man sich aufgehoben fühlt und an diversen Stellen andocken kann», sagt Richard Tisserand.

Die Ausstellung «Capslock Superstar – Am Anfang der Zeit» im Kunstraum Kreuzlingen dauert noch bis zum 10. April. An dem Tag, 16 Uhr, findet zur Finissage die Filmpremiere von «Capslock Superstar samplen den Urknall» im Kino des Kult-X satt.

www.kunstraum-kreuzlingen.ch