Musiker Peter Roth: «Dem Geschenk des Lebens verpflichtet»

Der Toggenburger Musiker Peter Roth ist 75 Jahre alt geworden und hat ein Weihnachtsoratorium komponiert. Uraufführung ist am Samstag in Gonten.

Martin Preisser
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«Letztlich bin ich meinen Weg immer alleine gegangen», sagt der Komponist Peter Roth über seine musikalische Biografie.

«Letztlich bin ich meinen Weg immer alleine gegangen», sagt der Komponist Peter Roth über seine musikalische Biografie.

Bild: Ralph Ribi

Beim 15-jährigen Kunstturner Peter Roth wurde der Morbus Scheuermann, eine Verkalkung diagnostiziert. Ein Jahr musste er in einer Gipsschiene ausharren. Auf dem Rücken liegend hat er Klarinette gelernt und sich eine eigene Klaviertastatur gebastelt. Und viel Radio gehört, auch die Bachschen Solosuiten für Cello mit Pablo Casals. «Ich bin als Sportler ins Bett gegangen und nach einem Jahr als Musiker aufgestanden», erzählt der Toggenburger Musiker.

Jetzt als 75-Jähriger schaut er auf ein langes kreatives Leben zurück und sagt mit weiser Heiterkeit: «Nichts stimmt mich bitter. Ich habe mich stets dem Geschenk des Lebens verpflichtet gefühlt.» Jetzt schenkt der Komponist und Chorleiter aus Wildhaus den Musikfreunden ein neues Weihnachtsoratorium. Drei Wochen hat sich Peter Roth im Januar dafür auf den Tessiner Monte Verità zurückgezogen. Wie ein Mönch in Klausur. Im leeren Hotel, kahle Kastanienbäume vorm Fenster.

Die Ideen tauchen auch aus den Träumen auf

Ab und zu hinab nach Ascona, für einen Teller Spaghetti und zwei Gläser Wein. Ansonsten die Einsamkeit zwischen Schlafen und Komponieren: Da kann es passieren, dass Peter Roth nachts um zwei aufwacht und den geträumten Text und die Musik niederschreibt, bevor das Traumbild am nächsten Morgen vergessen geht. So träumte ihm etwa die dritte Strophe aus Matthias Claudius’ berühmtem Gedicht «Der Mond ist aufgegangen».

Es war genau der Text, nach dem Roth suchte, um ihn dem Herodes im Weihnachtsoratorium in den Mund zu legen. «Herr Odes» heisst er bei Peter Roth. Und steht für einen Machtmensch, der die Möglichkeit der Wandlung hin zu Empathie in sich hat. «Komponieren ist eigentlich ein seltsames Wort. Ich würde es eher so umschreiben, dass ich beim Schreiben von Musik eine klingende Gestalt empfange.»

Musik nach Bildern des Wattwiler Malers Willy Fries

Peter Roths neues Oratorium geht sieben Bildern von Willy Fries nach, die im Spital Wattwil hängen und vor der Geburt des Kindes die Katastrophen des Zweiten Weltkriegs zeigen. «Weihnachten ist nicht einfach Erinnerung an die Geburt Christi, sondern die Geburt des neuen Lichts. Und diese Geburt des Neuen passiert immer wieder und in jedem Moment», sagt Peter Roth. Im letzten Jahr, in dem auch sein Requiem entstanden ist, hat der Komponist in Lindau eine Aufführung seiner «Toggenburger Passion» gehört. Vor 35 Jahren wurde sie komponiert. «Sie verhebt», sagt ihr Schöpfer freudig, «ich habe sie als taufrisch erlebt und immer noch mit viel Brisanz.» Der Streicherklang dieser Passion schwebte Peter Roth nun auch für das Weihnachtsoratorium vor. «Friede auf Erden» ist es untertitelt.

Ganz bewusst hat der Komponist sieben Choräle eingebaut, zum Mitsingen. «Choräle sind ein Auslaufmodell», bedauert Roth. «Wir sind vielleicht die letzte Generation, die Choräle noch kennt. In meinem Oratorium will ich diesen Chorälen auch ein Gedächtnis geben.»

Sein Credo: Der Klang kommt aus der Stille

Eigentlich, auf einen Nenner gebracht, ist Peter Roth in seinem Musikerleben immer dem Klang nachgegangen. Und seiner Überzeugung, dass Klang aus der Stille komme. Dieses Denken in Klang ist ein roter Faden seines Schaffens. 43 Jahre lebt Roth bereits als freischaffender Musiker, 39 Jahre hat er den Kirchenchor Alt St.Johann, 34 Jahre das Chorprojekt St.Gallen geleitet. «An der Welt könnte ich auch verrückt werden, aber in der Musik habe ich immer die Erlösung gefunden», sagt Roth und schaut zurück auf einen Weg, «den ich letztlich immer alleine gegangen bin.»

Intensiv hat sich der Musiker in den letzten Jahren für das Klanghaus Toggenburg engagiert. Und sagt mit Blick auf die Politik, die sich den Erfolg eines Jas zu diesem Toggenburger Kulturhaus gerne alleine zuschreibe: «Ich selbst war es, der zu den zwei Millionen, die aus der Politik kommen, in nur fünf Monaten weitere 4,35 Millionen zusammenbekommen habe.»

Peter Roth will für das Klanghaus die "Software" liefern

Im heutigen digitalen Zeitalter sei Musik nicht mehr nur als schöner Freizeitfüller gefragt oder zur entspannenden Unterhaltung. Musiker müssten ihr spezielles Wissen und Können heute in den Bereichen Resonanz, Präsenz und Intuition weitergeben, findet Peter Roth.

Für das zukünftige Klanghaus wolle er die «Software» liefern. Klang und Resonanz, diese Themen in ganz neue Bereiche verpflanzen, das reize ihn. «Letztlich schwebt mir vor, über den breiten und differenzierten Resonanz-Begriff den Kongresstourismus im Toggenburg zu fördern», sagt der gebürtige St.Galler und setzt sich damit erneut für seine Heimat heim, wie er es so viele Jahre als Komponist getan hat. «Die stete Geburt des Neuen», bei Peter Roth ist das auch ein persönliches Programm, so wie er mit seinem speziellen Weihnachtsoratorium jetzt seine Hoffnung auf eine neue Zeit und ein neues Bewusstsein wecken will.

Hinweis

7.12., 20 Uhr, Pfarrkirche Gonten; 8.12., 17 Uhr, Linsebühlkirche St.Gallen; 14.12., 20 Uhr, ev. Kirche, Teufen; 15.12., 17 Uhr, kath. Kirche, Alt St.Johann; www.chorprojekt.ch