Jede Woche spielen wir Ostschweizer Kulturschaffenden den Ball zu und fragen: Was lernen Sie gerade neu? Worauf freuen Sie sich? Heute mit Marula Eugster vom Tanztheater Rigolo. Sie freut sich, ihr aktuelles Stück «Sospiri» nach mehrmaligem Verschieben endlich in St.Gallen zeigen zu können.
Marula Eugster ist die jüngste Tochter von Mädir Eugster und Lena Roth, den Gründern des Wattwiler Tanztheaters «Rigolo Swiss Nouveau Circque». 2020 hat die ausgebildete Tänzerin das Lebenswerk ihrer Eltern übernommen – ihr eigenes Stück «Sospiri» (Seufzer) feierte noch im selben Jahr Premiere.
Nach zwei schwierigen Coronajahren und einem Sturm, der im vergangenen Jahr Zelt und Bühne des Tanztheaters zerstörte, ist Rigolo nun wieder auf Tournee: Bis zum 13. April wird «Sospiri» noch achtmal in der Grabenhalle St.Gallen aufgeführt. Dabei ist auch die weltberühmte «Sanddorn-Balance» zu sehen, bei welcher Marula Eugster 13 Palmblattrispen und eine Feder zu einem fragilen Mobile zusammenfügt. Mit dieser Nummer trat sie 2020 in den Fernsehshows «Italy's Got Talent» und «France's Got Talent» auf.
Was lernen Sie gerade neu?
Marula Eugster: Meine neue Tanztheater-Produktion wird «Ithir» heissen, was aus dem Keltischen übersetzt «Erde» heisst. In diesem Zusammenhang setze ich mich intensiv mit Lehm beziehungsweise Tonerde auseinander. Die verschieden Konsistenzen interessieren mich – von triefend nass bis steinhart. Wie verhält sich Lehm auf der Haut, auf dem Kostüm, auf dem Tanzteppich. Es macht mir grosse Freude, damit zu experimentieren. Das natürliche Material bringt immer wieder neue Überraschungen mit sich und ich lerne dadurch jeden Tag etwas Neues dazu.
Welches Musikstück haben Sie zuletzt für sich entdeckt?
Das Album «Anima» von Thom York begleitet mich schon über längere Zeit. Es inspiriert, beruhigt und treibt mich immer wieder neu an. Aber auch die Musik von Alexander Dai Castaing, der die Musik für meine Tanztheater-Stücke komponiert, begleitet mich fast täglich. Durch die enge Zusammenarbeit mit ihm habe ich einen ganz neuen Zugang zur Musik erhalten.
Jeden Dienstag erscheint unser Fragebogen, den wir sportlich «Freipass» nennen. Woche für Woche spielen wir Ostschweizer Kulturschaffenden den Ball zu und sind gespannt, welche Antworten sie uns geben. Den «Freipass» nehmen wir dabei wörtlich: Wir redigieren die Antworten nur minimal und kürzen allenfalls, bearbeiten sie aber nicht weiter.
Was hat Sie in den letzten Monaten am meisten beschäftigt?
Mich beschäftigt das Geschehen in der Natur im Zusammenhang mit dem Menschen stark. Das Thema scheint mir immer dringender zu werden. Ich arbeite gerne künstlerisch mit natürlichen Materialien wie Holz, Sand oder Tonerde und versuche dadurch meine Gedanken zu ordnen und zu vermitteln.
Vervollständigen Sie den folgenden Satz: «Wenn ich nicht Tänzerin geworden wäre, wäre ich heute …»
Wahrscheinlich hätte ich etwas ganz anderes gemacht, zum Beispiel Lehrerin. Ein herausfordernder und so wichtiger Beruf.
Wird die Pandemie die Kulturbranche längerfristig verändern – und sehen Sie darin auch etwas Positives?
Die Pandemie zeigt uns, dass wir nicht stehen bleiben dürfen. Neue Ideen, neue Kollaborationen sind gefragt. Die Pandemie lehrt uns, sich neu zu erfinden und sich trotzdem treu zu bleiben. Was durchaus ein positiver Aspekt ist.
Mit wem würden Sie gerne einmal zusammenarbeiten und warum?
Da kann ich mich nicht festlegen. Mit jeder neuen Zusammenarbeit nehme ich etwas mit nach Hause. Aber die enge Zusammenarbeit mit meiner Familie ist mir schon sehr wichtig, auch wenn es nicht immer ganz einfach ist, Familiäres und Geschäftliches zu trennen.
Worauf freuen Sie sich?
Ich freue mich sehr, mein aktuelles Tanz- und Objekttheater-Stück «Sospiri» endlich nach mehrmaligem Verschieben in St.Gallen zeigen zu können. Das Stück handelt von drei jungen Frauen, die nach ihrem Platz auf dieser Welt, nach ihrer Bestimmung suchen. Es sind 13 getanzte, gespielte, artistisch performte und sinnlich dargestellte Szenen mit 13 Palmblattrispen und einer weissen Feder. Schön wäre es natürlich, wenn wir nach der Pandemie wieder auf ein grosses Publikum hoffen dürfen.