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Im Lattich-Quartier in St.Gallen steht ab sofort ein neues Atelier zur Verfügung. Das «Freibeet» genannte Zimmer lädt alle Interessierten ein kreativ mitzumachen.
«So ist es jetzt halt noch viel zu schön», sagt Roman Rutishauser und tätschelt den blanken Stahlrahmen des «Schutts Raum». So nennt der Musiker das verschweisste Gebilde vor dem gelben Lattich-Bau auf dem Güterbahnhof-Areal. Bald wird der Stahl rosten und weniger «schön» sein, und genau das ist die Idee. Der «Lattich» soll sich ständig verändern und den Passanten immer wieder anders präsentieren.
So wie der «Schutts Raum», der zum kreativen Mitmachen gedacht ist. In den nächsten Monaten soll der Stahl mit Schrott verschweisst und allmählich zu einer begehbaren Skulptur werden. Rutishauser:
«Man kann hinein und etwas machen. Rilke-Gedichte vortragen, zum Beispiel.»
Der 60-Jährige ist schon seit Jahren auf dem Lattich-Areal aktiv. Sein roter «Container für Unerhörtes» steht zwischen dem gelben Holzbau und wuchernden Hochbeeten. Spontane Aktionen, Begegnungen im Kleinen Dass man hierherkommt und «etwas macht», ist ganz im Sinne Rutishausers. Er ist seit neustem im Vorstand des Lattich-Vereins, der die Entwicklung der Brache auf dem Güterbahnhof-Areal vorantreibt.
«Der Lattich soll ein öffentlicher Ort sein, der Begegnungen im Kleinen ermöglicht.» Nicht nur Events sollen hier stattfinden, sondern gerade auch spontane Aktionen. Verschmitzt sagt Rutishauser:
«Wenn man hierher kommt, kann es sein, dass wundersame Sachen passieren.»
Deshalb hat der Komponist auch einen Flügel auf das Dach seines Containers hieven lassen. Dort spielt er manchmal – spontan und ohne Ankündigung.
Im vierten Jahr des Zwischennutzungsprojekts Lattich arbeiten schon rund 60 Personen auf dem Areal: Architekten, Floristinnen, Olivenöl-Händlerinnen, Event-Veranstalter, Gastronomen, Psychotherapeuten. Die Branchenvielfalt reicht vom Restaurant im Erdgeschoss über die Grafikfirma und die Naturheilpraxis bis zum Bestattungsunternehmen.
Ein Raum stand bisher noch leer und soll nun unter dem Titel «Freibeet» allen als Atelier zur Verfügung stehen – kostenlos und ohne, dass man ein Konzept einreichen muss. Der knapp 15 Quadratmeter grosse Raum im zweiten Stock ist ab sofort zu haben. «Zum Malen, Gipsen, Nachdenken, Stricken, ein Buch schreiben», zählt Rutishauser ein paar Möglichkeiten auf. Die einzige, sehr offene Bedingung laute: «Man muss dem Lattich etwas zurückgeben.»
Weitere Veränderungen des Areals zeichnen sich ab. Einerseits nimmt die neue Eventhalle «Hektor» schräg vis-à-vis des Lattich-Baus allmählich Gestalt an. Anderseits bereiten die Appenzeller Bahnen die Verlegung ihrer Gleise vor, die heute noch dem Lattich-Bau entlang verlaufen. Bis Ende 2021 soll dies geschehen. Dann kommen die alten Schienen weg und es steht noch mehr Platz zur Verfügung, um «etwas zu machen».
Der Vorstand des Vereins Lattich hat sich an der vergangenen Hauptversammlung neu aufgestellt. Präsidentin und Lattich-Mitinitiantin Gabriela Falkner ist zurückgetreten. Neu übernehmen die Architektin Christine Egli und der ehemalige Regio-Geschäftsleiter Rolf Geiger das Präsidium. Ebenfalls neu im Vorstand sind die beiden Lattich-Bau-Mieterinnen Mélanie Hangartner und Luciana Alanis sowie der Musiker Roman Rutishauser. Wieder gewählt wurden Jasmin Kaufmann und Marcus Gossolt.
Bewerbungen für das Atelier «Freibeet» an info@romanrutishauser.ch