Der Diepoldsauer Musiker Carlo Lorenzi wird mit dem Goldiga Törgga der Rheintaler Kulturstiftung ausgezeichnet. Geehrt wird damit ein facettenreicher Musiker, der in vielen Stilrichtungen unterwegs ist.
«Vollgas überrascht» sei er gewesen, erzählt Carlo Lorenzi. Die Rheintaler Kulturstiftung hat den Diepoldsauer Schlagzeuger mit dem Goldiga Törgga ausgezeichnet, einem mit 15'000 Franken dotierten Anerkennungspreis. «Es gibt viele, die ihn verdient hätten, die das Rheintal ein Leben lang mit ihrer Kunst bereichert haben», ist Lorenzi überzeugt. Und mit Blick auf die bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger, unter denen sich etwa der Künstler Beni Bischof oder die Schauspielerin und Autorin Gardi Hutter finden, meint der 58-Jährige: «Ich bin schlicht und einfach ein Drummer.»
Angesichts seiner Umtriebigkeit natürlich eine grobe Untertreibung. Als Schlagzeuger spielt und spielte Lorenzi in unzähligen Formationen zwischen Jazz, Swing, Funk und Soul bis zu elektronischer Musik; er komponiert, er unterrichtet an Musik- und Kantonsschulen, doziert an verschiedenen Konservatorien, organisiert Band-Workshops, veranstaltet Konzerte, vernetzt Musikerinnen und Musiker. Für die Jury der Rheintaler Kulturstiftung ist Lorenzi aus der Ostschweizer Musikszene «nicht mehr wegzudenken». Die Länge der Liste seiner Engagements hat sogar Lorenzi selbst erstaunt. Er sagt:
«Ich weiss natürlich, was ich schon alles gemacht habe, aber ich denke selten darüber nach. Ich schaue nach vorne. Eines führt zum anderen, wie in der Musik ein Ton zum nächsten führt.»
Welches der nächste Ton ist, das weiss Lorenzi längst nicht immer. Nach jugendlichen Anfängen im Mundartrock hat er zum Jazz gefunden und an der St.Galler Jazzschule studiert. Seine Leidenschaft gilt seither der Improvisation. Musik entsteht für ihn aus dem Moment heraus, im Austausch mit der Umgebung und den Mitmusikerinnen und Mitmusikern. «Mich reizt der Gedanke, dass eine Story immer wieder anders ausgeleuchtet werden kann», sagt er. Berührungsängste hat Lorenzi dabei keine: Das Quartett Szilla hat in den 90er-Jahren Engadiner Volksmusik «verjazzt».
The Robots hingegen improvisieren Technomusik, bis Band und Publikum in der Repetition «in Trance fallen». Und das Trio Mani Nude spielt akustischen Jazz, bei dem «alles möglich ist». «Was ich mache, muss letztlich authentisch sein, aus dem Herzen kommen», sagt Lorenzi. Das hat ihn während der Coronapandemie an ungewöhnliche Orte geführt: Er stellte sein Schlagzeug auf dem Sprungturm in einer Badeanstalt auf, zwischen Kranen und Bauschutt auf einer Baustelle oder in einem verlassenen Zollhaus und nahm kleine Clips auf. «Ich kann nicht sein, ohne zu spielen. Da musste ich eben Konzerte erfinden.»
Und was bringt die Zukunft? Natürlich stehen verschiedene Projekte und Konzerte an, aber Lorenzi bleibt dem Improvisationsgedanken treu, wenn er sagt: «Träume habe ich viele, aber ich kann die Zukunft nur auf mich zukommen lassen und nehmen, wie sie kommt.» Etwas Konkretes schwebt ihm aber doch vor, ein Wunsch, den die Zusammenarbeit mit den Gebrüdern Wladigeroff, zwei Jazz-Musikern aus Sofia, sowie Patrick Kessler aus Gais mit seinem Import-Export-Projekt in ihm geweckt hat. «Ich will unbedingt einmal Bulgarien bereisen und die lokale Musik noch mehr aufsaugen», sagt er und schwärmt von der Virtuosität, den Melodien und den «ungeraden» Taktarten und Grooves balkanischer Musik.