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Ostschweizer Kultur
In einer Serie bieten wir jeden Freitag Ostschweizer Kulturschaffenden eine Bühne und stellen ihre Projekte vor. Heute Folge 3 mit der Tänzerin und Choreografin Robina Steyer. Während des Lockdowns im Frühling konnte sie nicht unterrichten; eine Regiearbeit wurde abgesagt. Die Premiere ihres aktuellen Tanzstücks «#optimizemyselves» war lange ungewiss.
Robina Steyer (36) war von 2014 bis 2019 Solistin der Tanzkompanie am Theater St.Gallen; schon während dieser Zeit hat sie selbst choreografiert, unter anderem für die Theatertanzschule, an der sie auch weiterhin unterrichtet. Mit Stefanie Fischer hat sie 2019 die freie Kompanie ConFusionArt Collective gegründet; die erste Produktion, ihr Solostück «#optimizemyselves», wurde Anfang November im Raum für Literatur in St.Gallen uraufgeführt. Trotz grosser Unsicherheiten hat Robina Steyer bislang nie ans Aufhören gedacht – auch deshalb, weil die Karriere einer Tänzerin ohnehin kurz ist.
Was hat sich für Sie seit Ausbruch der Pandemie verändert?
Robina Steyer: Unsere geplante Uraufführung «#optimizemyselves» stand unter dem Risiko, nicht stattfinden zu können. Das war sehr demotivierend, da wir die Kompanie ConFusionArt Collective eben erst gegründet hatten. Meine Regiearbeit zu den «Braunen Evas» für das Theater Seitenzimmer wurde abgesagt. Der Lockdown führte dazu, dass ich nicht mehr an der Theatertanzschule unterrichten konnte. Eine Choreografie für ein Projekt mit der Regisseurin Barbara Bucher wurde abgesagt. Ausserdem wurde die Vorstellung «Sandkorn» am Theater St.Gallen, in dem ich die künstlerische Leitung übernehmen sollte, abgesagt. Glücklicherweise wurde «Sandkorn» nun auf diese Spielzeit verschoben.
Können Sie trotz Einschränkungen Ihrer Kunst nachgehen?
Ja, ich hatte sehr viel Glück. Bereits ab Mai konnte ich einen Teil meines Unterrichts wieder aufnehmen. Ausserdem arbeitete ich weiter an «#optimizemyselves». Ich musste für diese Aufführung auf alles vorbereitet sein.
Wie hoch sind die Einbussen wegen Corona?
Für die Regiearbeit wurde ich über Coronahilfen entlohnt und zeitweise war ich in Kurzarbeit. Es ging einiges verloren, aber ich spürte kraftvollen Einsatz von allen Seiten, die Kulturschaffenden nicht allein zu lassen. Ich bin teilweise fest angestellt und gehöre sicher nicht zu denjenigen, die es am härtesten trifft.
Denken Sie manchmal ans Aufhören?
Nein, nie.
Was spornt Sie an, weiterzumachen?
Der innere Wunsch und die Kraft, Kunst zu erschaffen und Menschen damit zu berühren.
Gibt es auch positive Corona-Effekte?
Ich habe mir für das Frühjahr 2020 etwas zu viel zugemutet und brauchte eine kurze Atempause. In einem Beruf wie meinem neigt man dazu, alle Chancen zu ergreifen – vor allem auch weil die Karriere als Tänzerin sehr kurz ist. Unser Instrument, der Körper, ist irgendwann nicht mehr spielfähig, und so versucht man alle Möglichkeiten auszuloten und auszuschöpfen.
Was wünschen Sie sich für 2021?
Dass alle geplanten Premieren stattfinden können und dass Corona die Menschen etwas nachdenklicher macht im Hinblick auf die Umwelt und den Umgang mit Tieren als Nahrungsmittel.
Wann wird Perfektionismus zur Krankheit? In ihrem Solo «#optimizemyselves» wirft Robina Steyer einen kritischen Blick auf die Tendenz zur Selbstoptimierung, die sich in den letzten Jahren durch die sozialen Medien verstärkt hat. In ihrem Beruf freilich hat Perfektion immer schon zum Selbstverständnis gehört: Höher, schneller, sportlicher – und dies verbunden mit einem schönen, makellosen Körper.
Nach der erfolgreichen Premiere des Stückes arbeitet Robina Steyer gerade am Staatstheater Braunschweig zusammen mit Regisseur Ben Baur an Händels Barockoper «Alcina»; am 16. Januar soll die Produktion Premiere haben – was aber noch von der Entwicklung der Covid-19-Situation in Deutschland abhängt. Ben Baur inszenierte am Theater St.Gallen in der letzten Spielzeit die Oper «Faust» von Charles Gounod; auch hierfür hat Robina Steyer die Tanzszenen choreografiert.