Corona-Fragebogen #13
Wie meistern Kulturschaffende die Pandemie? «Wenn wir die Pandemie ausgestanden haben wird ein grosser Teil der Kulturszene in Trümmern liegen», sagt der Musiker Dominik Kesseli

In einer Serie bieten wir jeden Freitag Ostschweizer Kulturschaffenden eine Bühne und stellen ihre Projekte vor. Heute Folge 13 mit dem Musiker Dominik Kesseli aus St.Gallen. Zusammen mit seinem Bandkollegen Michael Gallusser von Lord Kesseli & the Drums stand er bei Ausbruch der Pandemie kurz vor dem internationalen Durchbruch. Da alle Auftritte abgesagt wurden, fand er Zeit für ein Meditationsvideo und ein Klavierkonzert im Radio.

Christina Genova
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Dominik Kesseli, links, und sein Bandkollege Michael Gallusser. Zusammen treten sie als Lord Kesseli & the Drums auf.

Dominik Kesseli, links, und sein Bandkollege Michael Gallusser. Zusammen treten sie als Lord Kesseli & the Drums auf.

Bild: Michel Canonica

Dominik Kesseli zählt zu den vielseitigsten Musikern der Ostschweizer Musikszene. Zusammen mit Michael Gallusser tritt er seit 2014 als Lord Kesseli & the Drums auf. 2018 erschien ihr zweites Album «Melodies of Immortality». Dass Kesseli im katholischen Wallis aufgewachsen ist und als Kind im Kirchenchor gesungen hat, kann und will er nicht verleugnen: Der Musiker inszeniert sich als Kunstfigur Lord Kesseli gerne in wallenden Gewändern als eine Mischung zwischen Guru und katholischem Priester. Auch Weihrauch und Räucherstäbchen kommen bei seinen Konzerten ausgiebig zum Einsatz. Kesseli und Gallusser gehören ausserdem zur Band von Manuel Stahlberger. Als Kind lernte Kesseli Blockflöte und Klavier, später studierte er Schlagzeug/Percussion und Pädagogik. Heute ist er auch als Musiklehrer tätig.

Was hat sich für Sie seit Ausbruch der Pandemie verändert?

Dominik Kesseli: Es ist ziellos geworden. Planen ist fast unmöglich. Im ersten Lockdown sah man noch ein Ende. Jetzt denkt man schon an die dritte und vierte Welle. Wir (Lord Kesseli & the Drums) haben lange darauf hingearbeitet, im Ausland wahrgenommen zu werden. Genau als der Lockdown kam im März, hätten wir am grössten Showcase-Festival South by Southwest-Festival (SXSW) in Texas auftreten und dort wichtige Kontakte knüpfen können. Die ersten grösseren Shows in Deutschland waren geplant. Das ist nun leider alles weggefallen. Wenn wir die Pandemie dann mal ausgestanden haben, wird ein grosser Teil der Kulturszene in Trümmern liegen. Ob und wo man da wieder andocken kann, wird sich zeigen. Persönlich fehlen mir die Konzertbesuche, die Inspiration von anderen Musikerinnen und Musikern und der Austausch mit anderen Menschen.

Können Sie trotz der Einschränkungen Ihrer Kunst nachgehen?

Ausser dass ich nicht mehr live spielen kann, hat sich nicht viel verändert. Ich gehe täglich in mein Probelokal, übe und experimentiere auf all meinen Instrumenten.

Wie hoch sind Ihre Einbussen wegen Corona? Was fällt für Sie alles ins Wasser?

Keine Ahnung. Da die Clubs auch nicht mehr buchen können, weiss ich auch nicht, wie viele Konzerte ich nicht spielen konnte.

Denken Sie manchmal ans Aufhören?

Nein. Eigentlich versuche ich das Gegenteil. Wege zu finden, wie ich noch mehr Zeit für meine Kunst freischaufeln kann.

Was spornt Sie an, weiterzumachen?

Ich mache Musik, weil es mich glücklich macht. Für das brauche ich kein Publikum und auch nicht unbedingt Mitmusikerinnen und -mitmusiker.

Am 16. Mai 2020 streamte Lord Kesseli & The Drums live eine Musikperformance zur Tiefenentspannung.

Gibt es für Sie auch positive Corona-Effekte?

Ich hätten wohl nie im Radio ein Klavierkonzert gespielt (siehe unten), oder online mit Michael Gallusser (the Drums) ein Meditationsvideo gestreamt (siehe oben).

Was wünschen Sie sich für 2021?

Dass wir uns nicht mehr mit Propaganda, Fake News und Verschwörungstheorien auseinandersetzen müssen.

Aktuelles Projekt: Klavierkonzert im Salzhaus Winterthur

Live-Session von Lord Kesseli im Salzhaus Winterthur für Radio Stadtfilter am 27. November Im Rahmen der Tastenwoche 2020.

Letzten November spielte Dominik Kesseli ein Konzert im leeren Salzhaus im Rahmen der Tastenwochen von Radio Stadtfilter Winterthur. Dabei durften nur Tasteninstrumente benutzt werden. Kesseli adaptierte einige Stücke von Lord Kesseli & the Drums und drei eigene Stücke fürs Klavier: «Das machte mir extrem Spass, und ich bekam einige schöne Rückmeldungen.» Anfang Mai erscheint nun ein Album mit diesen Aufnahmen. Das nächste Mal live erleben kann man Dominik Kesseli am 31. März 2021 auf Radio X Basel.

Jetzt gerade arbeitet der Musiker zusammen mit seinen Bandkollegen von Stahlberger im QFLM-Studio in St.Gallen an neuen Songs. Ausserdem reaktiviert Stahlberger ihr Nebenprojekt «Blumen Touch», mit dem die Band erstmals 2015 in Erscheinung trat. In zwei Tagen schrieben die fünf Musiker damals 18 hochdeutsche Popsongs und nannten dies «Musik aus der Vergessenheit für die Vergessenheit». Ausstaffiert mit Sonnenbrillen, Glitzeranzügen und Kunstpelzen machten sie damit eine kleine Schweizer Tournee. Nun arbeitet Blumen Touch am ersten Album.

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