Am St.Galler Bandraumfestival Disorder, das am Freitag und Samstag stattfindet, öffnen 21 Bands ihre Proberäume. Den wohl kleinsten Bandraum hat dabei das Duo Square Meter Sample, welches auch gleich mit einem ungewöhnlichen Aufführungsort aufwartet.
Könnten die Wände von Bandräumen sprechen, hätten sie viel zu erzählen: von durchgezechten und gejammten Nächten. Den Freuden, wenn sich in einem Song endlich alles so zusammenfügt wie erhofft, aber auch erbitterten Streitereien darüber, wer den Ton in der gemeinsamen Band angibt.
Am kommenden Wochenende bietet sich beim Bandraumfestival Disorder in St.Gallen die Gelegenheit, Einblick in ganz viele verschiedene solcher Räumlichkeiten zu erhalten. 21 Bands öffnen über das Stadtgebiet verteilt ihre Proberäume. Eine davon ist Square Meter Sample, ein Projekt der Sängerin Nathalie Maerten. Zusammen mit Urs Baumgartner, welcher sich an den Keys austobt, produziert sie elektronische Afro-Soul-Beats.
«Und dafür haben wir wohl den kleinsten Proberaum der Welt», sagt Maerten und zeigt auf den engen Raum in der Webergasse 7, in dem zwischen Küche, Klo und Laptop ein Keyboard fast den ganzen Platz einnimmt.
Viel mehr braucht es jedoch gar nicht, damit Songs entstehen können, die sich geschmeidig ihren Weg in die Gehörgänge ertasten. Anders als viele andere Bandräume, welche sich aufgrund der teils stundenlangen Lärmbeschallung in Kellern oder gar Luftschutzräumen befinden, thront Maertens Bandraum im fünften Stock mitten in der Altstadt.
Das knorzige Treppenhaus, welches Baumgartner jeweils mit seinem Keyboard erklimmt, geht 15 Meter in die Höhe und diente den beiden auch gleich als Aufführungsort für ihr erstes Konzert. Ganz unten im Erdgeschoss hatten sie kurz vor Ausbruch der Pandemie ihr Equipment aufgebaut. Die Zuhörerinnen und Zuhörer reihten sich das Treppengeländer entlang in die Höhe und lauschten den Klängen, welche von unten hochtransportiert wurden.
Für Sängerin Maerten, welche immer auf der Suche ist nach neuen, ausgefallenen Bühnen, ein besonderes Erlebnis: «Es ist spannend, das Publikum nicht immer wie gewohnt frontal vor sich zu haben.» Von ihrem Débutkonzert rührt auch der Bandname Square Meter Sample her:
«Viel mehr als einen Quadratmeter braucht es nicht und schon kann ein Konzert stattfinden.»
Für die beiden Berufsmusiker hat sich über die Jahre der Bezug zu Proberäumen gewandelt. Heute gleicht der Weg dahin eher dem Gang ins Büro. Im Vorfeld wurde schon viel Arbeit für die Probe geleistet und nun gilt es, die musikalischen Ideen möglichst speditiv zusammenzubringen.
Das Bandraumfestival Disorder findet diesen Freitag und Samstag, 17. und 18. September, verteilt über das ganze Stadtgebiet St.Gallen statt. Der Eintritt zu den Konzerten und Bandräumen ist kostenlos. Für den Besuch des Festivals muss ein gültiges Covid-Zertifikat vorgewiesen werden. Wer, wie, wo genau spielt, ist ersichtlich unter www.disorder.ch (ek)
Pianist und Soundtüftler Urs Baumgartner, welcher als Sideman bei Sektion Kuchikäschtli und ILFoRD dabei war, hat dafür schon unzählige Bandräume durchreist. In der Jugend war der Bezug zum Bandraum noch ganz anders. Er erinnert sich: «Man traf sich, um gemeinsam abzuhängen und zu jammen. Daraus sind dann manchmal halt Songs entstanden.» Dabei besuchten sich Bands und Freunde gegenseitig und befruchteten sich musikalisch.
Nach dem Wegfall der Jazzschule sei jedoch ein grosser Teil dieses «Vibes» in St.Gallen verschwunden. «Viele Musikerinnen und Musiker zieht es logischerweise in andere Städte, wo sie studieren», sagt Baumgartner. Er bedauert, dass sich in St.Gallen keine richtige Szene bildet. Das Bandraumfestival bietet also nicht nur für Fans und Musikliebhaberinnen die Möglichkeit, ihre Lieblingsbands von einer ganz anderen Seite zu sehen, sondern auch für Musizierende die Gelegenheit, sich auszutauschen und kennen zu lernen.