Die Kompanie Rotes Velo feiert Geburtstag – und zeigt ihre aktuelle Produktion «Die Traummaschine» nun auch zu Hause in St.Gallen. Hier haben Exequiel Barreras, Hella Immler und Emilio H. Díaz Abregú die Truppe vor zehn Jahren ins Leben gerufen. Seither sind über 20 spartenübergreifende Produktionen entstanden.
In früheren Jahren stand das Velo oft unübersehbar irgendwo an einer Ecke in der Altstadt: ein leuchtend rotes Herrenrad, auf dem Exequiel Barreras unterwegs war, als er noch in der Kompanie am Theater St.Gallen tanzte. Da gab es die eigene Truppe bereits, gegründet mit seiner Frau Hella Immler und dem argentinischen Autor und Regisseur Emilio H. Díaz Abregú. Ursprünglich hiess sie Tanzkompanie Rotes Velo – doch den Tanz strichen die drei bald aus dem Namen. Hella Immler sagt:
«Wir wollten von Anfang an Genregrenzen überwinden, über den Tanz hinausgehen und Künstlerinnen und Künstler aus anderen Sparten dafür gewinnen.»
Das ist ihnen gelungen. In den vergangenen zehn Jahren sind über zwanzig Bühnenproduktionen zwischen Tanz-, Figuren- und Objekttheater entstanden, zwischen Schauspiel und Performance. Mehr als 120 Menschen haben daran mitgearbeitet; anfangs waren es vor allem Kollegen aus dem Umfeld des Theaters St.Gallen. Doch das Velo hat unterdessen viele Kilometer zurückgelegt, unterwegs zu insgesamt 36 Spielorten in sechs Ländern.
Die Kompanie sollte aber nicht nur einen grossen bunten «Regenschirm» für Kreative aufspannen, wie Hella Immler die Gründungsidee in ein weiteres schönes Bild fasst. Sondern auch Laien künstlerisch in Bewegung bringen, sie ins Spiel auf der Bühne einbeziehen. So war beispielsweise der unterdessen 84-jährige St.Galler Hans Guggenheim im Familienstück «Kinderaugen» mit von der Partie. Textcollagen und Livemusik kamen hinzu, in den neueren Stücken auch Puppen. Die Kompanie hat 2013 mit Hella Immler einen Dokumentarfilm («Tanz im Alter») produziert, zum zehnjährigen Bestehen ein Buch herausgebracht: Es verbindet einen Rückblick auf die vergangenen Jahre mit dem Text zum aktuellen Stück.
«Die Traummaschine» heisst es und ist eine Koproduktion mit dem Luzerner Stadttheater und dem Berner Theater Tojo; die Premiere fand Mitte Mai in Luzern statt. Im Zentrum steht ein alternder Filmregisseur – Fellini –, den Versagensängste quälen. Puppen in verschiedenen Grössen, mit und ohne Kopf, spielen eine wichtige Rolle auf der Bühne. Sie stammen, wie der Text, von Regisseur Abregú.
Der Titel des Jubiläumsstücks passt zum Roten Velo, das fantasievoll und verspielt zwischen Traum und Wirklichkeit herumkurvt, in surreale Welten rollt, aber auch um Themen wie Aggression (in «Uppercut», 2014) oder Älterwerden («Super(wo)man», 2015) keinen Bogen macht. Seinen festen Stellplatz hat es nach wie vor in St.Gallen. Hier ist die Geschäftsstelle der Kompanie, der Verein Rotes Velo, die «Familie» – denn man kennt die Tänzer aus vielen künstlerischen Kollaborationen und Projekten. Hella Immler beispielsweise durch ihr Engagement für «Tanz im Alter» und ihre Arbeit als Spitalclown. Sie sagt:
«Auch wenn wir nicht mehr in St.Gallen wohnen, fühlen wir uns nach wie vor dort zu Hause.»
Wenn also die Kompanie an Pfingsten in der Lokremise und anschliessend im Tanzraum Herisau «Die Traummaschine» zeigt, wird es eine Art Familientreffen sein. Die Heimkunft eines Künstlerkollektivs von Traumtänzern, das sich sehr nah am Publikum bewegt.
Die Traummaschine. 5./6. Juni, 20 Uhr, Lokremise St.Gallen, 7. Juni, 20 Uhr, Tanzraum Herisau.