Besprechung
Über Senegal, Costa Rica und Kamerun nach Trogen: Das neue Album des Ostschweizer Jazzpianisten Claude Diallo ist etwas übermotiviert

Das Album «11:11» feiert südamerikanische und afrikanische Rhythmen. Sie fügen sich ungezwungen in den Modern Jazz ein, welchen Claude Diallo mit seiner Band pflegt. Im Eröffnungsstück spürt der Musiker seinen familiären Verbindungen nach Afrika nach.

Andrin Uetz
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Claude Diallo setzt sich in seinem neuen Album mit südamerikanischen und afrikanischen Rhythmen auseinander.

Claude Diallo setzt sich in seinem neuen Album mit südamerikanischen und afrikanischen Rhythmen auseinander.

Bild: Manuela Jans-Koch

Als Weltmusik im wahrsten Sinne des Wortes hat der in Trogen lebende Pianist Claude Diallo zusammen mit dem amerikanischen Bassisten Luques Curtis und dem kolumbianischen Schlagzeuger Tupac Mantilla in einem Studio in Winterthur ein neues Album aufgenommen. Mit dem am 7. April veröffentlichten «11:11» nähert sich der Jazzpianist mit seiner Band Claude Diallo Situation den ungeraden Rhythmen der südamerikanischen und afrikanischen Musik, welche sich ungezwungen in den für das Trio typischen Modern Jazz einfügt.

Ein vermeintlicher Underdog überzeugt

Einmal um die Welt mit Photoshop: Die Band zeigt sich auf dem Albumcover von «11:11» in einem Washitsu (traditionelles japanisches Wohnzimmer).

Einmal um die Welt mit Photoshop: Die Band zeigt sich auf dem Albumcover von «11:11» in einem Washitsu (traditionelles japanisches Wohnzimmer).

Bild: Matthew Worden

Das autobiografisch geprägte «African Roots» eröffnet das Album. Das Stück hat Claude Diallo auf den Spuren seines senegalesischen Stiefgrossvaters bereits 2001 komponiert. Die etwas an den südafrikanischen Pianisten Abdullah Ibrahim erinnernde Nummer gibt mit einer eingängigen Ostinato-Basslinie, welche von Bass und Piano wiederholt wird, die Grundstimmung des Albums vor.

Die zweite Nummer «Phinish» rast im Bee-Bob-Stil über die Rhythm Changes. Das darauf folgende Arrangement des melancholischen Jazzstandards «Bewitched, Bothered and Bewildered» im 7/8-Takt entfaltet einen behäbigen Drive.

Blick ins Studio zur Aufnahme des Songs «African Roots», der etwas an die Musik von Abdullah Ibrahim erinnert.

Video: Youtube

Der Titeltrack «11:11» frönt den ungeraden Rhythmen, wobei der Perkussionist Tupac Mantilla so richtig auf seine Kosten kommt. Es kontrastiert prägnante Stakkato-Akkorde mit ruhigerem Zwischenspiel und einem einladenden Kontrabass-Solo, um sich dann nochmals mit voller Kraft ins überbordende Thema zu stürzen. Die darauf folgende Ballade «I Remember JSL» bietet den willkommenen Ruhepunkt im sonst etwas übermotivierten Album. Die Komposition der Schweizer Jazzlegende Bruno Spörri ist dem Journalisten Jan Slawe gewidmet, der bis zu seinem Tod 1982 in Zürich jedes Jazzkonzert besucht hat.

Interview zum Aufnahmeprozess für das Album.

Video: Youtube

Positiv ins Ohr fällt «La Finca», eine Komposition des Bassisten Laques Curtis, in der er dem Stil seiner zweiten Heimat Puerto Rico nachspürt. Mit einem ebenso prägnanten wie einfachen Motiv aus drei Tönen vermag diese Nummer als vermeintlicher Underdog sehr zu überzeugen. Abgerundet wird das Album durch «Bona», eine groovende Nummer, welche dem kamerunischen Bassisten Richard Bona gewidmet ist. Das feierliche Stück arbeitet mit Call-and-Response-Elementen, wobei alle drei Musiker nochmals aus dem Vollen schöpfen.

Hinweis

Konzert 14. April, 20.30 Uhr, Hug’s Kurzeck, St.Gallen.